Kolumne am Mittag Die Realität ist halt einfach zu bitter für eine Comedyserie

Von Fabian Tschamper

19.8.2021

Andy Samberg (links) und Joe Lo Truglio spielen seit Beginn von «Brooklyn 99» die Hauptrollen und beste Freunde bei der Polizei.
Andy Samberg (links) und Joe Lo Truglio spielen seit Beginn von «Brooklyn 99» die Hauptrollen und beste Freunde bei der Polizei.
NBC

Es war nur eine Frage der Zeit, bis ein Comedy-Format das Thema Covid in ihrer fiktiven Welt aufnimmt. In ihrer letzten Staffel macht die Comedy «Brooklyn 99» genau dies – das war keine gute Entscheidung.

Von Fabian Tschamper

19.8.2021

Zuerst stelle ich eines klar: «Brooklyn 99» ist die beste Comedy-Serie der letzten acht Jahre. Zufällig läuft in den Staaten auch gerade die achte Staffel an.

Aber ohne Witz, sie ist wirklich, wirklich gut.

Die Serie handelt vom Polizeidepartement im 99. Bezirk in Brooklyn, New York. An erster Stelle steht dabei der Slapstick-Humor, die skurrilen, einzigartigen Figuren und deren Zusammenspiel – das ist die Route, die «Brooklyn 99» seit der Pilotfolge eingeschlagen hat.

Eine Cop-Serie, die nie wirklich tief schürft.

Wenn du die Struktur und Thematiken durch eine prüfende Linse anschauen möchtest, wirst du durchaus auch ein paar progressive Elemente finden: Die lateinamerikanische Polizistin Rosa (Stephanie Beatriz) ist bisexuell, der amtierende Captain des Departements ist der schwarze und schwule Raymond Holt (Andre Braugher).

In der Vergangenheit hat die Serie zudem versucht, sich delikateren Themen anzunehmen. Rassismus, Homophobie oder schlicht korrupte Polizisten wurden behandelt, dabei folgte zwar immer eine Moral, jene fiel aber meist einem aufgegleisten Witz zum Opfer. Slapstick halt. «Brooklyn 99» bleibt in der Komfortzone.

Covid und George Floyd

In der ersten Folge der achten und letzten Staffel hielten es die Macher für nötig, den Elefanten im Raum anzusprechen. Dies, obwohl sie sich in einem fiktiven Raum befinden und der Elefant in einem Paralleluniversum.

Natürlich meine ich die Pandemie. Die Hauptfiguren Jake (Andy Samberg) und Charles (Joe Lo Truglio) gehen den Covid-Ausbruch mit der richtigen Prise Humor an – wie es sich der Zuschauer von «B99» gewohnt ist –, sie schlagen einen Besen-Handschlag für den Covid-sicheren Umgang im Departement vor. Siehe Bild oben.

Damit wäre es genug gewesen. Doch die Macher hielten es für angemessen, George Floyd ebenfalls zu thematisieren. Kollegin Rosa (Beatriz) kündigt nämlich ihren Job, weil sie nicht mehr guten Gewissens hinter der Polizei als Einheit stehen könne. Eine verständliche Reaktion, eine überlegte Reaktion.

Doch sie ist die einzige Figur, die sich scheinbar darüber ernste Gedanken gemacht hat.

Die anderen akzeptieren ihre Entscheidung, hinterfragen sie nicht. Seltsam, oder?

Wenn, dann richtig

Hier ist das Problem: «Brooklyn 99» hatte nie Ambitionen, sozialkritisch, am Nerv der Zeit zu sein. Warum also jetzt? Sie haben ihre hübsch ausgekleidete Komfortzone verlassen wollen – und das Resultat ist mittelmässig bis gar schlecht.

Es ehrt die Serie zwar, diese beiden Themen auffassen zu wollen, doch in einer Slapstick-Komödie reale und schwere Probleme einer Gesellschaft nur marginal abzuhandeln, das wird nie gut gehen.

Eine Figur aus einer anderen Comedy-Serie (Ron Swanson aus «Parks and Rec») hat mal gesagt: «Never half-ass two things, whole-ass one thing» – also mach nie zwei Dinge halbarschig, immer eine Sache ganzarschig!

Ein weiser Mann.

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – sie dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.