Expertin gibt Auskunft Zeigt Kanye West Anzeichen eines Stalkers?

Von Manuel Kellerhals

17.2.2022

Kanye West will die Trennung von seiner Ex-Partnerin Kim Kardashian nicht hinnehmen. Er veröffentlicht private Nachrichten von ihr und bedroht ihren neuen Freund Pete Davidson. Damit bewegt er sich für Sozialarbeiterin Natalie Schneiter an der Grenze zum Stalking. 

Von Manuel Kellerhals

17.2.2022

Zum Valentinstag schickte Kanye West seiner Noch-Ehefrau Kim Kardashian einen ganzen Truck voller Rosen. Dabei läuft derzeit eigentlich die Scheidung der beiden. Doch West betont, dass er weiterhin um sie kämpfen will. Dieser Kampf nahm inzwischen vor den Augen eines Millionen-Publikums obsessive Züge an.

Der Musiker beschimpfte Pete Davidson, Kardashians neuen Freund, etwa als «Schwachkopf» oder tauchte ohne Einladung vor ihrem Haus auf, um sie zu sehen. Inzwischen hat «Ye» seine letzten Posts zwar gelöscht, doch es ist nicht das erste Mal, dass er problematisches Verhalten an den Tag legt. Natalie Schneiter, Beraterin bei der Fachstelle Stalking der Stadt Bern, spricht in diesem Zusammenhang über Stalking. 

Frau Schneiter, kann man Kanye Wests Verhalten als Stalking bezeichnen?

Es ist unmöglich, einen Fall aus der Ferne zu beurteilen. Es gibt jedoch Anzeichen für Stalking, da es verschiedene Verhaltensmuster gibt, die Stalking ausmachen. Es muss sich etwa um eine wiederholte Belästigung über einen längeren Zeitraum handeln. Es muss ausserdem eine Verfolgung einer anderen Person, also eine Nachstellung, passieren. Zudem muss die Zielperson das Verhalten als unangenehm oder bedrohlich empfinden.

Wie kann man gegen Stalking vorgehen?

Wir empfehlen, dass man bei Stalking am besten einen absoluten Kontaktabbruch durchführt. Jegliche Kommunikationsversuche sollen ignoriert werden. Das ist aber oft nicht so einfach, vor allem, wenn man gemeinsame Kinder hat. Das sind auch die Fälle, die unsere Fachstelle am meisten beschäftigen.

Zur Person
Natalie Schneiter
ZVG

Natalie Schneiter ist Sozialarbeiterin und Beraterin bei der Fachstelle Stalking der Stadt Bern. 

Kanye West und Kim Kardashian haben vier Kinder. Was für einen Einfluss kann Stalking auf Kinder haben?

Es dürfte für sie sehr belastend sein. Kinder leiden stark unter dem sogenannten Ex-Partner-Stalking. Dazu kommt es nach dem Ende einer Beziehung, wenn eine Person die Beziehung weiter aufrechterhalten will und die andere nicht. Die Kinder sind davon genau so betroffen wie das Opfer, wenn auch indirekt. Kinder spüren die Ängste des Elternteils, das gestalkt wird. Das geht an niemandem spurlos vorbei.

Kanye Wests Wut scheint sich vor allem gegen Pete Davidson, den neuen Freund seiner Ex-Partnerin, zu richten.

Ein solches Vorgehen ist ebenfalls ein übliches Zeichen für das Ex-Partner-Stalking. Wenn neue Partner ins Spiel kommen, wird das Stalking oft intensiver, weil es das Ende verdeutlicht. Wir kennen Fälle, in denen das Stalking ausklingt und dann wieder aufflammt, wenn ein neuer Partner ins Spiel kommt. Doch auch als neuer Partner sollte man das Verhalten ignorieren – so lange es nicht die Grenze zum Strafbaren überschreitet.

Wie sieht diese Grenze aus?

Wenn zum Beispiel konkrete Drohungen gegen Leib und Leben ausgesprochen werden, sollte man zur Polizei gehen. In der Schweiz kann man auch gegen Beleidigungen oder Verstösse des Privatrechts vorgehen.

Kanye West leidet an einer bipolaren Störung, wie er selbst öffentlich machte. Wie verbreitet sind psychische Erkrankungen unter Stalkern?

Dass Stalker oft psychisch krank sind, ist ein falsches Vorurteil. Der Drang nach Stalking ist keine psychische Erkrankung, sondern ein krankhaftes Verhalten. Es gibt viele Menschen, die sich in ihrem Fokus auf eine Zielperson verlieren. In den meisten Fällen merken sie nicht einmal, dass sie ihrem Opfer Angst machen. Es gibt Stalker mit psychischen Erkrankungen, die Regel ist es allerdings nicht.

West erreicht ein Millionenpublikum durch Instagram und Twitter. Dort veröffentlichte er etwa private Nachrichten von seiner Ehefrau. Welche Rolle spielen soziale Medien in solchen Fällen?

Oft verfassen Stalker Posts über die andere Person oder geben vertrauliche Informationen preis. Das ist auch in den Fällen, die wir betreuen, ein gängiges Muster. Allgemein kann man sagen, dass die sozialen Medien Stalking einfacher und unberechenbarer machen.

Du bist selber Opfer von Stalking und Cybermobbing? Hier findest du Hilfe:

Schweizerische Kriminalprävention                                                                          Opferhilfe Schweiz