Unwürdiges EndeDer tiefe Fall von «Game of Thrones»
Von Fabian Tschamper
21.5.2019
Das Vorbild für kompromisslose Fantasy verkam in der letzten Staffel zur seichten Hollywood-Seifenoper. Ohne die Buchvorlage von George R.R. Martin haben die Schreiber auf ganzer Linie versagt. Was ist bloss passiert?
Seit dem Start der achten und letzten Staffel «Game of Thrones» war den Drehbuchautoren David Benioff und Daniel Brett Weiss das Wasser bis zum Hals gestanden. Nach dem nun ausgestrahlten Finale sind sie beide ertrunken – am Rettungsring vorbeigegrabscht, liesse sich sagen. Kümmern dürfte das beide herzlich wenig, für sie ist das Kapitel «Game of Thrones» seit geraumer Zeit erledigt, ihr aktuelles Projekt heisst: «Star Wars».
Kümmern tut es allerdings die Fangemeinde. Die Lieblingsserie ist mit einer qualitativ unterirdischen Staffel zu Ende gegangen. Kaum einer, der nicht frustriert und ratlos wäre. Wie kann eine Serie dieses Gewichts so unvorstellbar an Substanz verlieren? Die Antwort ist einfach, der Weg zu jener hin ist es freilich nicht.
Der Schriftsteller und die Schreiberlinge
Da ist einerseits George R.R. Martin. Der Amerikaner heimst seit den 70er Jahren diverse Awards ein für seine Literatur. Von 1996 bis 2012 wird seine Bücherreihe «A Song of Ice and Fire» mehrfach prämiert. Der Erfolg ist so gross, dass die Bücher fürs Fernsehen adaptiert werden. Das Geburtsjahr von «Game of Thrones» ist 2011.
Da sind andererseits David Benioff und D. B. Weiss. Vor acht Jahren kennt sie noch niemand. Da Martin keinen Dunst vom TV-Business hat, stellt man ihm die beiden Naseweise als Unterstützung zur Seite. Die Beziehung zueinander? Vorzüglich. Wenn man sich jedoch die Filmographie der beiden Individuen anschaut, dann fällt auf, dass sie bei ihren wenigen Projekten jeweils als «Screenwriter» aufgeführt sind – sie waren also für die TV-Adaptierung eines bereits existierenden Buches verantwortlich. Die Werke werden durch sie «hollywoodtauglich».
Zusammenfassend bedeutet dies: Sie verstehen, was eine Geschichte sehenswert macht. Jedoch haben sie keine Ahnung von Dialogen, Pacing und den Beziehungen der Charakteren untereinander. Wie ein Kind etwa, das seinen Vater imitiert.
Und dann war er weg
Martin schreibt fünf Bücher. Die Drehbuchautoren machen daraus sechs Staffeln. Die vorletzte Staffel beruht auf Handlungen, die im fünften Buch losgetreten werden. Wie genau George R. R. Martin die gewohnt überaus verflochtenen Stränge aufzulösen im Sinne hatte, wissen auch Benioff und Weiss nicht. Der Erfolg der TV-Serie ist inzwischen aber eine unaufhaltsame Lawine, die sie beide bald unter sich begraben wird.
Dass die letzten beiden Staffeln unter keinem guten Stern stehen, ist schnell klar. Benioff und Weiss wollen raus. Laut Martin sind elf oder sogar 13 Staffeln möglich. Aber die «Screenwriter» haben genug. Das geht auf Kosten der Fans und offensichtlich der Qualität.
Ein Beispiel: Die Liebesbeziehung zwischen Jon Schnee und der Wildlingsfrau Ygritte wird über mehrere Staffeln aufgebaut. Kurze Unterhaltungen, Flirts oder auch einschneidende Tragödien binden die beiden aneinander, bis sie schliesslich intim werden. Es ist eine feinsäuberlich konstruierte Beziehung, wie sie Zeit braucht – wie im echten Leben halt. Sie stammt aus der Feder von Martin.
Am Ende von Staffel sieben landet Jon Schnee urplötzlich mit Daenerys im Bett. Innerhalb von sechs Folgen in der letzten Staffel lieben sie sich, verraten sie sich und schliesslich ersticht einer den anderen. Dieses «Märchen» stammt von Benioff und Weiss. Es fühlt sich überstürzt und schlicht «GoT»-unwürdig an.
Alle Macht den Fans
Diese miese Mache entgeht den Millionen Fans nicht, und sie versuchen, das Schicksal der Serie und der Charaktere in die eigene Hand zu nehmen. Auf der Seite change.org läuft eine Petition. Die achte Staffel von «Game of Thrones» möge doch bitte nochmals gedreht werden – mit kompetenten Drehbuchautoren. Über 1,3 Millionen Menschen haben diesen Vorstoss bis jetzt unterschrieben. Im Minutentakt werden es mehr.
Um David Benioff und D. B. Weiss ist es dieser Tage still. Social-Media-Accounts sind nicht bekannt – oder sie sind klugerweise deaktiviert. Ob sie mit ihrem nächsten Projekt «Star Wars» mehr Erfolg haben, bleibt abzuwarten. Dass jene Saga nicht auf Büchern beruht, dürfte jedoch für viele Fans Grund sein, sich zu sorgen.
Der See Mývatn in Island wurde zur märchenhaften Kulisse für die Heimat der Wildlinge.
Bild: Getty Images
Die dampfenden Bäder: Dort wurden die Liebesszenen zwischen Jon Schnee und Ygritte gedreht.
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Keine Fantasie, sondern Realität: Island scheint wie geschaffen für eine Fantasy-Serie.
Hier standen Arya Stark und Sandor Clegane: Der Nationalpark Thingvellir in Island schreit förmlich «Game of Thrones».
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Der Thingvellir Nationalpark erinnert auch ein bisschen an «Lord of the Rings».
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Der irische Nationalpark Tollymore diente als Kulisse für viele Szenen mit Jon Schnee.
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Auch Ballintoy Harbour kommt dem «Game of Thrones»-Fan bekannt vor.
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Ballintoy Harbour war das Set für die Eiseninseln in «GoT».
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In der spanischen Provinz Sevilla fanden viele Szenen mit Jon Schnee statt – vor allem während des Rückblicks in Staffel sechs.
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Wie aus dem Bilderbuch: Die kroatische Küstenstadt Dubrovnik war monatelang belagert von «Game of Thrones»-Machern. Sie ist die Kulisse für die Stadt Königsmund.
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Steinige Küsten: Nur ein Drache fehlt, der über die Mauern fliegt.
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Nun mussten sich die Kroaten in Dubrovnik endgültig von «Game of Thrones» verabschieden.
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