Fluchen und Kochen «Kitchen Impossible»: Pimmelkopf light

TV-Experte Gion Mathias Cavelty

4.3.2019

Wenn das Fluchen die Hauptattraktion ist und diese dann ausbleibt, was nimmt der Zuschauer dann mit von «Kitchen Impossible»? TV-Experte Gion Mathias Cavelty sieht den einzigen Pluspunkt in der Schweizer Gast-Köchin.

Ich bin sehr, sehr enttäuscht von Tim Mälzer! Im Vorfeld der gestrigen «Kitchen Impossible»-Folge hatte ich mich auf einen nicht enden wollenden Schwall an Ausfälligkeiten aus seinem Mund gefreut (wie er sich üblicherweise über den Zuschauer ergiesst). Aber alles, was der Fernsehkoch in 165 Minuten reiner Sendezeit an primitiven und beleidigenden Äusserungen zustande brachte, war (in chronologischer Reihenfolge):

«Ah, du Sch****e, du! Schöne kleine K*ckwurst! Was soll der Dr*ckknusper auf der ganzen K*cke? Ich habe keine Ahnung, wie dieses Dr*cksgepoppe hier geht! Ich mach so 'n Sch**** nicht! F*ck off! P*mmelkopf! Dr*cksband, K*ckhaufen, ihr elendigen Mist-Besch***enen! Leck mich am *rsch! Ach du Sch****e! Dr*ckseier!»



Mälzer wirkte gegenüber seiner Gegnerin Tanja Grandits (Starchefin des Basler Zwei-Sterne-Restaurants Stucki, geboren in Baden-Württemberg) dermassen eingeschüchtert und beissgehemmt, dass er einem leid tun musste. Und da Frau Grandits in den 165 Minuten genau null (in Zahlen: 0) Mal fluchte, war die gestrige Folge die langweiligste aller Zeiten.

Tim Mälzer sollte keine Frauen mehr einladen, sie verursachen bei ihm offenbar lähmende Angst.

Keine Schweizer Spezialität

Die Orte, an die sich die beiden Kontrahenten gegenseitig zum Nachkochen von lokalen Spezialitäten schickten, waren auch alles andere als prickelnd-exotisch: Grandits musste nach Torre de Moncorvo (Portugal) und Flensburg (Deutschland); Mälzer nach Graz (Österreich) und Port de Soller auf Mallorca (Spanien).

Von Frau Grandits hätte ich mir ehrlich gesagt erhofft, dass sie Mälzer in irgendeinen Schweizer Krachen schickt (wie gesagt wirkt sie in Basel), wo man noch nach dem beliebten Standardwerk «Haustier-Kochbuch: Aus dem Käfig frisch auf den Tisch» von Heinz Schmidt kocht. Aber nein – sie zeigte der Schweiz die kalte Schulter.

Tim Mälzer und Herausforderin Tanja Grandits – Tim war die ganze Sendung über total eingeschüchtert. Frauen scheinen im panische Angst zu machen.
Tim Mälzer und Herausforderin Tanja Grandits – Tim war die ganze Sendung über total eingeschüchtert. Frauen scheinen im panische Angst zu machen.
Vox

Bei der ersten Challenge von Mälzer ging es unter anderem um die Ingredienz «Karpfen-Sperma» (kicher, kicher). Nur, dass er diesen beim Degustieren aus der schwarzen Box nicht als solchen erkennen konnte. Er missidentifizierte die Samenstränge als «fettgebackene Kroketten aus der Schweinebacke» und verwendete schlussendlich Kalbsbries. «Auf Karpfenwichse wär' ich nicht gekommen», gab er im Nachhinein zu (ui, da haben wir ja doch noch ein weiteres gruusiges Wort!). Ergab unterm Strich sechs Punkte (von zehn möglichen) von der Stammkunden-Jury. Seine zweite Herausforderung u.a.: Popcorn-Falafel. «Geiler Mälzer!», lobte sich Mälzer selbst und bekam dann tatsächlich satte 6,8 Punkte.

Langweilig, aber trotzdem teils amüsant

Für die amüsanten Szenen in der Sendung (ja, die gab's trotz allem) war die empfindsam-feinfühlige Tanja Grandits zuständig. Auf einer portugiesischen Entenfarm musste sie drei Enten eigenhändig ausnehmen. «Jeder, der mich kennt, weiss, dass ich nix machen kann, was irgendwie mit Blut verbunden isch», liess sie verlauten, als sie über ihren Schatten sprang und tief in eine ganze Ente greifen musste, «Oh Gott, das isch no warm!» Retrospektiv kommentierte sie: «Der erste grosse Griff ins Innere hat schon Überwindung gekostet – mir wurde dann auch ein bisschen schlecht.» 5,7 Punkte gab's für ihren Arroz de Pato («Die Ente ist sehr fest», «Der Reis ist mehr wie ein Risotto», «Der Käse hat einen stärkeren Geschmack», hatte die portugiesische Jury zu bemängeln).



Für ihre zweite Challenge (es galt, drei verschiedene Fischbrötchen so genau wie möglich nachzu-, na ja, -formen) musste sie auf einen Fischkutter auf die Ostsee, und wiederum entschlüpfte ihrem Mund: «Ich glaub, mir isch schlecht».

Von den gefangenen Dorschen nahm sie keinen selber aus, beobachtete aber immerhin, wie die wackeren Fischer das direkt auf dem Schiff erledigten: «Das Blut hat nur so gespritzt, mir auf die Brillengläser – im erschte Moment wusste ich nicht, ob ich umfalle ... Ich hab' einen Riesen-Reschpekt vor dem Lebe.»

Immerhin hat sie den Lachs für die zu fabrizierenden Lachsschnecken selbst geräuchert. Und auch in der Kombüse von Ben Heinrich's Fischhütte in Flensburg metzgete sie sich gut. Sechs Punkte gab's von der Stammklientel. Das Wichtigste für sie sei aber gewesen: «Tim zu zeigen, dass ich nicht nur so ein kleines, feines Geschöpf bin, das einfach kleine bunte Elfengerichte macht.»

«Quod erat demonstrandum (übersetzt: Was zu beweisen war), hätte ich dazu abschliessend gerne geschrieben, aber es bleibt bei einem «Quod erat nicht-so-ganz-demonstrandum».

«Kitchen Impossible» lief am Sonntag, 3. März, um 20.15 Uhr auf VOX. Mit Swisscom Replay TV können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

Und hier noch die Bilder des Tages
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