Interview «Westworld»-Star Evan Rachel Wood: «Roboter werden besser sein als wir»

von Marlène von Arx, Hollywood-Kolumnistin

23.4.2018

Als verliebte Rancher-Tochter Dolores eroberte Evan Rachel Wood (30) die Herzen der «Westworld»-Fans. Nun ist die Kult-Serie um einen Western-Vergnügungspark mit (immer aufmüpfiger werdenden) Androiden zurück. «Bluewin» sprach mit der Mimin über die zweite Staffel - und ihren eigenen Neuanfang nach der schwierigsten Zeit ihres Lebens.

«Bluewin: Mögen Sie Western, Frau Wood?

Evan Rachel Wood: Ja, immer schon. Ich habe zwei ältere Brüder. Wir spielten Wyatt Earp und Doc Holiday aus «Tombstone», und ich bin auch geritten, was praktisch war für «Westworld». Aber ich bin froh, haben sie das Genre, das normalerweise aus der Perspektive der Männer erzählt wird, auf den Kopf gestellt und lassen mich jetzt die Dirty-Harry-Rolle spielen.

Dolores ist sich ja am Ende der ersten Staffel bewusst geworden, wer oder was sie ist. Wie gehts nun weiter?

Wir gehen in der zweiten Staffel mehr auf die Grauzonen ein - niemand ist wirklich gut oder schlecht. Die Zuschauer werden sich auf neue Seiten schlagen, denke ich. Die Überraschungen werden in der zweiten Staffel schockierender sein, wir gehen von Null auf 100. Die erste Staffel wird im Vergleich wie ein Kaffeekränzchen erscheinen. Wir werden zudem in eine andere Welt eintauchen - die Shogun World mit Samurais. Und wir werden weiterhin in verschiedenen Zeiten spielen. Es wird alles also vermutlich noch verwirrender.

Sind die Handlungsstränge denn auch für Sie manchmal schwer durchschaubar?

Ja, denn ich habe keine Ahnung, was all die anderen Figuren machen. Wir bekamen für die zweite Staffel noch weniger Informationen im Vorau, und wir drehten die Episoden durcheinander, was es noch schwieriger machte, den Überblick zu behalten. Jeffrey Wright, der Bernard spielt, und ich stritten manchmal, in welcher Episode wir uns gerade befanden und was vorher geschah.

Stehen Sie auf Vergnügungsparks?

Ich gehe regelmässig ins Disneyland - mindestens einmal pro Jahr. Es ist inzwischen eine traditionelle Zusammenkunft von besten Freundinnen aus der Primarschule geworden. Das Geisterhaus und die Teetassen-Bahn mag ich am liebsten. Ich gehe immer mit meinem iPod auf die Bahnen. Meine eigene Musik steigert das Erlebnis nochmals. Ich kann es nur empfehlen.

Sehen Sie die Figuren in Disneyland jetzt, wo Sie selber eine Vergnügungspark-Figur spielen, mit anderen Augen?

Die Figuren in «A Small World» [eine Bahn für die kleinsten Kinder, Anm.d.Red.] sind wirklich plötzlich furchterregender [lacht]. Nein, im Ernst: Ich glaube, durch «Westworld» betrachten wir uns selber anders. Wie die «Hosts» in einem Endlos-Loop feststecken, eine Vorgabe, wie man zu sein hat - das können wir doch alle nachvollziehen. Dazu ist mir folgende Parallele aufgefallen: Man kommt in den Park und schaut zu, wie diese Figuren leiden, und es ist Unterhaltung. Eigentlich mache ich auch nichts anderes: Ich komme aufs Set, weine, es wird gefilmt, und das wird Unterhaltung - ein Stück Kunst. Meine seltsame Existenz …

Sie haben also ein Herz für Roboter und Technologie?

Ich bin mit «Terminator» aufgewachsen und hätte meinen Sohn deswegen beinahe Connor getauft. Ansonsten benutze ich nur Musik- und Videoprogramme auf dem Computer, dann hat es sich mit Technik. Ich musste gerade eben mit Apple telefonieren, weil ich mich aus meinem eigenen Telefon ausgeschlossen habe und nicht mehr reinkomme. Technologie machte mir Angst, weil jeden Tag etwas Neues auf den Markt kommt, aber diese Bedenken sind seit «Westworld» etwas geschwunden.

Evan Rachel Wood

Wie das denn?

Ich habe etwas über Artificial Intelligence nachgeforscht und gebe mich nun morbid der Roboter-Revolution hin. Sie werden besser sein als wir. Sie werden nicht durch irgendwelche Konventionen und Käfige, die wir uns selber bauen, zurückgehalten. Ich glaube, Logik wird öfters gewinnen.

Kommt Ihr vierjähriger Sohn zu den Dreharbeiten?

Ja, er nennt «Westworld» Cowboy-Land und meint, James Marsden sei ein richtiger Cowboy, der Teddy heisst. James ist wirklich süss mit ihm, sie spazieren zusammen auf dem Set herum und spielen. Er findet mich auch das beste Cowgirl. Es gibt Tage, da ist es nicht angebracht, dass er kommt. Aber er weiss, dass alles nur gespielt ist - für ihn ist das Ganze wie Halloween.

Wie hat er Ihr Leben verändert?

Total, er hat auch meine Arbeitsweise verändert. Durch ihn bin ich eine bessere Schauspielerin geworden, denn er hat mich mehr mit mir selber und mit meinen Gefühlen in Verbindung gebracht. Er ist die Inspiration für alles, was ich mache. Es mag kitschig klingen, aber ich bin eine alleinerziehende Mutter, und so ist er mein ganzes Leben.

Hat die Musik noch Platz daneben?

Ja, ich mache gerade eine Mini-Tour mit der Bowie-Band, es ist eine Tribut-Tour. Und ich werde wieder Solo-Shows machen. Ich habe ein paar Songs geschrieben. Jetzt gehts nur noch darum, die Zeit zu finden, um ins Studio zu gehen und sie aufzunehmen.

Sie sind im Herbst 30 geworden. Wie fühlt sich das an?

Ich fühle mich ein bisschen erwachsener. Ich finde runde Geburtstage eine gute Sache. So kann man zwischen Vorher und Nachher abgrenzen. Meine Zwanziger waren sehr turbulent und schwierig. Ich habe mich jetzt sicherlich besser im Griff. Ich habe genug durchgemacht, kenne meine Stärken und habe bessere Werkzeuge, um Probleme zu lösen. Ich fühle mich gut, kann mich von der Vergangenheit verabschieden und nun einfach schauen, was die Zukunft bringt.

Bilder aus der ersten «Westworld»-Staffel

Sie kämpfen für bessere Rechte für Vergewaltigungsopfer und haben Anfang Jahr vor einem Kongress-Ausschuss Ihre eigenen Erfahrungen mit mehrfacher Vergewaltigung und Missbrauch durch einen Ex-Freund geschildert. War das erlösend für Sie?

Es war vor allem wichtig. Und surreal. Man fragte mich, ob ich nicht nervös sei, vor diesen Leute zu reden. Aber das war nicht das Problem. Ich begebe mich ja beruflich schon in surreale Situationen und öffne meine Seele gegenüber Fremden. Es war aus anderen Gründen furchterregend oder zumindest eine überwältigende Situation. Aber ich bin froh, dass ich es getan habe. Es war heilend. Ich habe viele unterstützende Reaktionen bekommen, was ich nicht erwartet hätte. Und dafür bin ich sehr dankbar.

Die zweite Staffel von «Westworld» läuft ab Montag, 23. April, um 20.15 Uhr auf Sky Atlantic. Der Sender ist via Teleclub Entertain respektive Entertain HD empfangbar.

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