Schweizer*innen essen ungesund «Früchte und Gemüse haben ein Image-Problem»

Von Alex Rudolf

20.4.2022

Nur rund die Hälfte der Befragten schafft es, die empfohlene Menge von täglich fünf Portionen Gemüse zu sich zu nehmen.
Nur rund die Hälfte der Befragten schafft es, die empfohlene Menge von täglich fünf Portionen Gemüse zu sich zu nehmen.
Fabian Sommer/dpa

Schlechte Selbsteinschätzung: Die Mehrheit der Schweizer*innen glaubt zwar, sie hätten einen gesunden Lebensstil – doch weniger als die Hälfte isst auch genug Gemüse. Dies zeigt eine Studie.

Von Alex Rudolf

20.4.2022

Wer sich wirklich gesund ernährt, nimmt jeden Tag fünf Portionen Gemüse und drei Portionen Früchte zu sich. Doch nur die Allerwenigsten schaffen das, wie eine neue Studie der Migros zeigt. Nur rund die Hälfte aller 4654 Befragten isst demnach täglich genug Gemüse, gerade mal ein Drittel schafft die empfohlene Menge an Früchten.

Für Ernährungswissenschaftlerin Melanie Loessner ist dies keine Überraschung. «Ich erhalte oft die Rückmeldung, dass dieser Richtwert sehr hoch ist und viele dieses Ziel kaum erreichen», sagt sie zu blue News. Mit ihrem Unternehmen Vitamintexte unterstützt und berät sie Organisationen und Unternehmen hinsichtlich gesunder Ernährung.

Am einfachsten sei es, so Loessner, wenn man bei jeder Mahlzeit eine Portion Früchte oder Gemüse einbaue. «Idealerweise beginnt man bereits beim Frühstück und nicht erst am Nachmittag», rät sie. Eine Portion bestehe aus einer Handvoll Gemüse und Früchte, was überschaubar und daher gut machbar sei.

Die Gesundheit ist subjektiv, sagt sie Expertin

Obwohl die Teilnehmer*innen der Migros-Studie zu wenig Früchte und Gemüse essen, stellen sie sich selber ein gutes Zeugnis aus. Rund 70 Prozent schätzen ihren Lebensstil als gesund ein. «Der Grund hierfür ist, dass ein gesunder Lebensstil nicht konkret definiert ist. Er ist sehr subjektiv», sagt Loessner. «Manche Menschen glauben, sie leben gesund, wenn sie einen Apfel essen oder eine halbe Stunde spazieren gehen. Dass das nicht reicht, ist vielen nicht klar.»

«Dass Sättigungsbeilagen wie Teigwaren, Reis oder Mais für Gastronomen einfacher in der Zubereitung und günstiger sind als Gemüse und Früchte, ist ein Problem.»

Melanie Loessner

Ernährungsexpertin

Was muss sich ändern, damit Herr und Frau Schweizer wieder mehr zu gesundem Essen greifen? «Früchte und Gemüse haben ein Image-Problem», sagt Loessner. Denn wer heute nach dem Sport einen Apfel auspacke, werde wohl eher belächelt, weil die Mehrheit auf Smoothies und Energieriegel setze. Daher seien Image-Kampagnen sinnvoll.

«Aber auch der Umstand, dass Sättigungsbeilagen wie Teigwaren, Reis oder Mais für Gastronomen einfacher in der Zubereitung und zudem günstiger sind als Gemüse und Früchte, ist ein Problem», sagt sie. Wäre dies nicht der Fall, könnten mehr Menschen und Restaurants in der Schweiz ganz einfach den Kohlenhydrat-Anteil ihrer Menus senken und stattdessen eine Palette an vielfältigen Gemüsesorten anbieten.

Leben Ältere wirklich gesünder?

Ist eine gesunde Ernährung ohne Gemüse und Früchte überhaupt möglich? Leider nein. Gemüse und Früchte enthalten viele Nahrungsfasern und bei einem verhältnismässig grossen Volumen nur wenige Kalorien. Gewisse Inhaltsstoffe könnten zwar anderweitig bezogen werden. «Doch unsere Portionen würden sehr klein und einseitig ausfallen.»

Was die Studie ebenfalls zeigt: Ältere Menschen leben gesünder als jüngere. Doch auch hier rät Loessner dazu, genauer hinzuschauen. Denn es komme auf die Definition von Jung und Alt an. «Die Generation der Jungrentner hat in der Tat ein grosses Gesundheitsbewusstsein, das in gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung resultiert», sagt sie. Doch es gebe auch zahlreiche Hochbetagte, die ungesund lebten, weil sie sich zu einseitig ernährten.

Hatte die Pandemie einen positiven oder negativen Effekt auf die Gesundheit der Schweizer*innen? In den vergangenen beiden Jahren sei ein Ruck durch die Bevölkerung gegangen. «Aufgrund der Pandemie ist das Gesundheitsbewusstsein in der Tat stark gewachsen. Viele setzten sich mit sich und dem eigenen Körper auseinander.»

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