Sprachpfleger Das oder was, die oder welche?

Von Mark Salvisberg

19.8.2021

Die Wahl des passenden Relativpronomens – oft relativ schwierig
Die Wahl des passenden Relativpronomens – oft relativ schwierig
Bild: Getty Images

Das Buch, das oder was ich gelesen habe? Die Frau, die oder welche angerufen hat? Nicht nur wir Schweizerdeutschsprachigen tun uns schwer mit Relativpronomen, findet der Sprachpfleger.

Von Mark Salvisberg

19.8.2021

Vertrauen ist ein hohes Gut, vielleicht das höchste, das es gibt. Sollte man diesem Satz vertrauen? Und wie steht es mit folgendem? Vertrauen ist das Höchste, was es gibt. Beides ist korrekt, doch warum?

Abstrakt oder konkret?

Das Relativpronomen das bezieht sich auf ein bestimmtes Nomen, was jedoch auf ganze Sätze, speziell auf Abstraktes: Hier ist das Buch, das ich gelesen habe. Aber: Das Buch fiel auseinander, was mir das Lesen erschwert hat. Das ist nur die halbe Wahrheit.

Geht ein substantiviertes Adjektiv voraus, folgt das: das Beeindruckende, das sie erlebt hat. In einigen Fällen kommt beides infrage, nämlich wenn vor so einem Adjektiv ein Indefinitpronomen steht: alles Gute, das/was du gestern geleistet hast; etwas Nützliches, das/was einfach zu bedienen ist; allerhand Neues, das/was ich gelernt habe.

Bezieht man sich auf einen nominalisierten Superlativ oder eine Ordnungszahl, folgt was: das Letzte, was ich brauche; das Fünfte, was ich zu erledigen habe. Ist ein Superlativ nicht nominalisiert, fährt man mit das weiter: ein hohes Gut, vielleicht das höchste (Gut), das es gibt.

Behäbig oder behände?

Bei der/welcher handelt es sich um eine Angelegenheit der Stilistik. Für beides gibt es Beispiele zuhauf: Der Krug, der/welcher zerbrochen ist; die Frau, die/welche im Lotto gewonnen hat; das Kind, das/welches zu spät gekommen ist. Es gibt unterschiedliche Auffassungen; auf mich wirkt die welche-Form schwerfällig.

Ich verwende welche nur als Interrogativpronomen: Welche Schuhe trägst du morgen? Oder in Sätzen wie: Die Spaghetti sind ausgegangen, kannst du welche mitbringen?

Keine Angst vor dem Doppel-die

In folgendem Beispiel kann man, ohne Skrupel, zweimal die stehen lassen: die Gruppe, die die Einkäufe erledigt, es braucht also nicht durch «welche die Einkäufe erledigt» ersetzt zu werden. Es ist korrekt und: effizienter. Wer mag schon Formulierungen, in denen welche mal als Relativ-, mal als Interrogativpronomen erscheint: «Dies ist eine Kennzahl, welche angibt, welche Erwartung die Teilnehmer haben.»


Zur Person: Mark Salvisberg war unter anderem als Werbetexter unterwegs. Der Absolvent der Korrektorenschmiede PBS überarbeitet heute täglich journalistische Texte bei einer Tageszeitung.

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