Sprachpfleger Kapriolen der Wettersprache

Von Mark Salvisberg

29.10.2021

Einige Ergüsse des Wetter-Jargons sollten wir von uns fernhalten.
Einige Ergüsse des Wetter-Jargons sollten wir von uns fernhalten.
Bild: Getty Images

Die Wetterprognosen hatte der Sprachpfleger bisher nicht auf dem Radar, wie er gesteht. Seine Analyse etlicher Meteo-Texte fördert jetzt aber Seltsames zutage.

Von Mark Salvisberg

Formulierungen von Wetterfröschen wirken auf mich teilweise sonderbar. Neben zweifelhafter Fachsprache hat sich Unzulängliches eingeschlichen.

Eine Frage der «Einstellung»

Es stellt sich eine Bisenlage ein, so lautet eine Voraussage. Eine Lage, die sich einstellt? Sprachlich steht dies im Gegenwind. Einfacher, dafür korrekt wäre: Wir sind in einer Bisenlage ... oder Wir werden uns in einer Bisenlage befinden.

Grammatisch gut eingestellt ist, wer das Adverb teils im Doppel auftreten lässt; es heisst dann beispielsweise, es werde teils sonnig, teils bewölkt. Stilistisch nicht überzeugend sind Formulierungen wie «Es wird morgen teils sonnig». Soll lediglich ein Wort verwendet werden, kann einfach ausgewichen werden auf Es wird teilweise / zum Teil sonnig.

Badetuch raus, es wird gerubbelt

Wenn ein Moderator sagt, das Zwischenhoch sorge für eine «Abtrocknung», entsteige ich in meiner Vorstellung dem Schwimmbecken, um mich abzureiben. Besser wäre es, man textet: Trockene Luft strömt in die Schweiz.

Da wähnt man sich mal ungestört ...

... und schon dräut Unruhe. Eine Störung zieht über die Schweiz, tönt es aus dem Fernseher. Das klingt nach Entschuldigung für die Störung, dürfte ich hier mal kurz blitzen und donnern? Natürlicher wirken würde ein Hinweis auf ein baldiges Gewitter. Doch jene Störungs-Wendung ist wohl kaum mehr wegzukriegen.

Wetterphänomenales Oxymoron

Ein Oxymoron bedeutet einen Widerspruch in sich, zum Beispiel schöne Unordnung, alter Knabe oder Feuerwasser. Auch wenn jemand von einer «steigenden Regenneigung» spricht, runzelt sich meine Stirn. Mit Neigung verbinde ich unter anderem ein (schräges) Abfallen. Viel besser ist steigende Regentendenz.

Big Brother is quatsching to you

Manchmal ist es offensichtlich, dass ein Text nicht einem Menschenhirn entstammt. Auf einer Meteo-Website steht: Der Wind weht mit 9 km/h aus Süden. Dabei wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 0% Niederschlag von circa 0,0 Liter pro m² erwartet. Prädikat: ziemlich trocken.

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Zur Person: Mark Salvisberg war unter anderem als Werbetexter unterwegs. Der Absolvent der Korrektorenschmiede PBS überarbeitet heute täglich journalistische Texte bei einer Tageszeitung.

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