Hände aus der HoseNoFap-Anhänger wollen weniger masturbieren
Mara Ittig
13.4.2018
Selbstbefriedigung - viele tun es regelmässig, aber kaum einer redet darüber. Jetzt wollen es manche seltener tun und reden umso mehr davon: Die Anhänger von NoFap halten Pornos für schädlich und motivieren sich, eine Zeit lang nicht zu masturbieren.
Die Frauen nennen sich Femstronauten, die Männer Fapstronauten, und beide wollen die Finger von sich selbst lassen: NoFap heisst ein Internetforum aus den USA, das auch im deutschsprachigen Raum Anhänger hat. Die Website will Menschen helfen, von Pornos loszukommen. Dafür verzichten die meisten eine Zeit lang darauf, Hand an sich zu legen - oft 90 Tage. Welches Ziel genau sich die Anhänger setzen, ist ihnen überlassen. Religiöse Motive spielen keine Rolle, nicht mal eine Bewegung will NoFap sein, lediglich eine «porn recovery website» - eine Seite, auf der sich Pornogestresste erholen können.
Mehr als 90'000 Videos finden sich zum Begriff NoFap auf der Video-Plattform Youtube - «to fap» ist das englische Slangwort für onanieren. «Ich habe es 60 Tage geschafft, keine Pornos zu schauen, nicht zu masturbieren und sexuell abstinent zu bleiben», sagt ein junger Mann, der sich Vackurah nennt. Er wirkt aufgekratzt und berichtet: er sei selbstbewusster, habe kaum noch Muskelkater, schlafe besser, wolle alles aus sich rausholen. Der Online-Fitnesscoach Ram Ghuman berichtet nach 30 Tagen Verzicht von mehr Zeit, Selbstbewusstsein und Motivation - auch zu flirten.
Im NoFap-Forum, das mehr als 150'000 Mitglieder hat, ähneln sich die Berichte. Auch von einem Anstieg des Testosteron-Spiegels ist die Rede. Aber was ist da aus ärztlicher Sicht dran?
«Es gibt keine körperlichen Folgen»
«Es passiert im Körper weder etwas, wenn man onaniert, noch wenn man nicht onaniert», antwortet Wolfgang Bühmann, wissenschaftlicher Schriftleiter des Berufsverbands der Deutschen Urologen. «Es gibt keine körperlichen Folgen und schon gar keine Hormonänderungen oder sonst irgendwelche Dinge», betont der Mediziner.
Psychologisch sieht es vielleicht anders aus. «Ich glaube schon, dass sich die Erfahrung, dass sexuelles Verhalten gestaltbar ist, positiv oder kurzfristig positiv auf das Selbstwertgefühl auswirken kann», sagt die Sexualtherapeutin Sandra Gathmann.
Gathmann, die in Wien und Berlin arbeitet, sieht einen Trend zur Abstinenz - vom Veganismus bis zur Konsumkritik. «Ich denke das hängt damit zusammen, dass wir in einer immer komplexer werdenden Welt leben, aus der es auszuwählen gilt, und wo man auch das Gefühl bekommen kann, mit sexuellen Stimuli überrollt zu werden.» Es scheine, als positionierten sich Menschen dagegen, «um sich eine Nische zu schaffen, in der das für sie kontrollierbarer und selbstwirksamer gestaltet werden kann».
«Es ist ein menschliches Problem, nicht nur ein männliches»
NoFap-Gründer Alexander Rhodes masturbiert nicht mehr, wie er sagt. Auch Pornos schaue er keine mehr. Das war mal anders. Bis zu sechs mal täglich hätte er sich einen runtergeholt. «Pornos brachten mich dazu, meine Lust über alles andere zu stellen - über Liebe, Zuneigung, Einfühlungsvermögen», sagte der Webentwickler und Biologe «jetzt.de». Beim Sex in Beziehungen habe er nur noch schwer einen Orgasmus bekommen können. Seine Sicht auf Frauen habe sich geändert. «In Pornos sind sie nur Objekte. Ich habe Frauen nicht respektiert. Ich hatte falsche Erwartungen auch beim Sex.»
NoFap dreht sich vorwiegend, aber nicht nur um Männer. Fünf Prozent der User seien Mädchen und Frauen. «Es ist also ein menschliches Problem, nicht nur ein männliches», sagt Rhodes, der die Website 2011 ins Leben rief. Und: «Wenn du nicht exzessiv masturbierst, macht dich das zu einem besseren Partner.»
Sexualexpertin Gathmann sagt dazu: «Das ist ungefähr so, wie wenn man sagt: "Abstinenz von Medienkonsum macht mich medienkompetenter."» Nur weil man ein Verhalten weglasse, werde man noch nicht kompetenter.
Die Psychologin findet den kritischen Ansatz von NoFap positiv - nur sei totale Abstinenz die falsche Antwort. «Es geht ja eigentlich um ausbalancierten Genuss. Den kann ich aber nur lernen, wenn ich nicht nur auf Abstinenz setze, sondern auch die Gestaltung lerne.» Es gehe beides: Sex in Beziehungen und Selbstbefriedigung. Sie kritisiert, dass NoFap die Lust des Mannes oft als zwanghaften Trieb darstelle, der mit Abstinenz überwunden werden könne.
Kraft durch Sperma: Wir sind wieder beim Porno
Auch die Porno-Kritik von NoFap ist der Psychologin zu undifferenziert. Zwar könne Pornografie zu Süchten führen, wenn bestimmte Faktoren gegeben seien. Auch wirkten heutige Sex-Filme anders als das, was Menschen etwa in den Siebzigern in einschlägigen Heftchen gesehen hätten. «Aber trotzdem ist dann die Frage, wieso lernen junge Menschen keine Medienkompetenz, wie wird mit Sexualität sonst umgegangen, welche Aufklärung wird in Schulen propagiert? Wenn da überall blinde Flecken sind, ist es klar, dass sich die Leute auch über Pornos Inhalte holen, mit denen sie Sex entdecken.»
NoFap verurteilt Masturbieren übrigens nicht generell - nur wenn es zuviel werde, sei es ein Problem, sagt Rhodes. «Wenn du es so oft machst, dass es den Rest deines Lebens beeinflusst.» Es gehe auch um die Mentalität. «Der Gedanke, dass ein Orgasmus zum täglichen Leben so sehr dazu gehört wie Essen und Atmen, ist einfach Quatsch.»
Wo Männer sich ihrem Penis verweigern und davon schwärmen, ist natürlich auch Spott nicht weit. In einer Glosse in der «Zeit» heisst es über NoFap: «Statt Taschentücher zu befruchten, trainieren die jungen Burschen nun im Wald den Body und Mind, werden zäh wie Zukunft.» Das Pornoproblem werde damit nicht gelöst: «Kraft durch Sperma, mehr Testosteron, Muskeln, tiefere Stimme, coolerer Auftritt, mehr Glück bei den Frauen – die Prophezeiungen der Bleigürtelfraktion funktionieren ähnlich wie die Geilheitsgelüste der Pornoplattformen.»
«Liebesleben» mit Eva Nidecker: Sadomaso, Callboys und Sex im Alter
«Liebesleben» mit Eva Nidecker: Sadomaso, Callboys und Sex im Alter
Eva Nidecker steht donnerstags wieder mit ihrer «Liebesleben»-Reihe vor der Kamera.
Bild: SRF/Oscar Alessio
Nidecker führt charmant und souverän durch die 40-minütige Sendung.
Bild: Screenshot SRF
Masochist Peter posiert in einem S/M-Verliess in einer Ganzgesichts-Ledermaske und schwärmt dabei im breitesten Basler Dialekt von seiner auf ihm herumtrampelnden «Doohmina» - eher weniger prickelnd findet der Scharfseher.
Bild: Screenshot SRF
Auch Callboy Juan, der sich selber als Softie bezeichnete und Mantra-mässig betonte, wie wichtig ihm der spirituelle Aspekt bei seinen Beziehung mit den Kundinnen sei, war eher speziell.
Bild: Screenshot SRF
Und als der medial schon öfters in Erscheinung getretene Callboy-Coach Nick darüber philosophierte, dass es für angehende Berufskollegen längst nicht nur HIV als Krankheitsrisiko gebe, wähnte man sich fast im Schulfernsehen.
Bild: Screenshot SRF
Das Interview mit Senior Beni, der zusammen mit seiner «Sexualbegleiterin» Andrea offen über sein sexuelles Bedürfnis im Alter sprach, zeigte denn auch, dass sich Anspruch und knackiges Sendekonzept durchaus verbinden lassen.
Bild: Screenshot SRF
Eva Nidecker springen bei der Strassenumfrage öfters mal die Passanten davon.
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