Zukunft der Mobilität? Wann starten E-Motorräder endlich durch?

dpa

19.4.2019

Fahrräder, Roller und Autos fahren mittlerweile immer öfter elektrisch. Doch wie ist das bei Motorrädern? Wer bietet überhaupt elektrische Maschinen an und welche Vor- oder auch Nachteile müssen Interessierte berücksichtigen?

Der Richtungswechsel von Verbrennungs- auf Elektromotoren nimmt in der Autoindustrie Fahrt auf. Doch auf dem Motorradsektor scheint die Elektrifizierung nur schleppend voranzukommen. Zwar gebe es eine grössere Anzahl von Herstellern, die kleinere Elektroroller anbieten, sagt Michael Lenzen vom deutschen Bundesverband der Motorradfahrer. «Das Angebot elektrisch angetriebener Motorräder bleibt bisher aber sehr überschaubar». 

Ein Vorreiter ist die amerikanische Firma Zero. «Die Marke wurde 2006 in Kalifornien von einem ehemaligen Nasa-Ingenieur gegründet und führt im Portfolio Modelle für verschiedene Einsatzgebiete, wie Strasse oder Gelände», erklärt Rainer Gurke, Motorradtrainer beim Auto Club Europa (ACE). Er verweist zudem darauf, dass die Motoren aus deutscher Fertigung stammen. Der Einstiegspreis für eine Zero liegt bei etwa 12'000, der für das Topmodell SR/F bei etwa 26'000 Euro.

Im Luxussegment und damit preislich oberhalb von Zero bietet der italienische Hersteller Energica mit den Modellen Eva und Ego zwei Bikes an, «die auch ambitionierte Sportfahrer zufriedenstellen können», so Gurke. Das gelte auch für die LS-218 der US-Marke Lightning, ein Supersportler mit 150 kW/204 PS. Damit sind laut Hersteller im speziellen Renntrimm knapp 351 km/h drin. Mit dem grössten Akku sollen Biker bis zu 290 Kilometer weit kommen. Die Kosten: je nach Akku zwischen umgerechnet ab 34'421 und 41'502 Euro.

Der erste, bisher aber auch einzige namhafte Motorradhersteller dagegen, der sich in Sachen Elektromobilität vorwage, sei Harley Davidson, verweist Lenzen auf das Modell LiveWire, «das die Amerikaner noch in diesem Jahr auf den deutschen und europäischen Markt bringen wollen, zu einem Preis von über 30'000 Euro».

Ein Akku wie vier Liter Benzin

Das Engagement der klassischen Motorradhersteller, ob sie nun aus Japan, England, Italien oder Deutschland stammen, wird in Fachkreisen als zurückhaltend beschrieben. Dafür sieht Wulf Weis gute Gründe: «Gerne werden E-Mobile, ob nun Autos oder Motorräder, mit verlockenden Reichweitenangaben in Kilometer beworben. Diese sind aber ungefähr so glaubhaft wie die Verbrauchsangaben von Verbrenner-Autos», so der Leiter des Test und Technik-Ressorts der Zeitschrift «Motorrad News».

Nach Testerfahrung des Blattes verbraucht ein E-Motorrad bei zurückhaltender Fahrweise circa 8-10 kWh, bei forscherer Gangart 13 bis 15 kWh und bei schneller Autobahnfahrt mehr als 20 kWh auf 100 Kilometer. Angesichts dieser Werte könne man am Beispiel einer Energica Ego mit einer Akkukapazität von 11,7 kWh und einer Motorleistung von 107 kW/145 PS mit Hilfe des Dreisatzes das Reichweitenversprechen schnell in ein realistisches Licht rücken: «Die 11,7 kWh der Energica entsprechen dann gerade einmal noch vier Litern Benzin im Tank einer Yamaha MT-09», so der Experte.

Auch Gurke sieht in der Kapazität der Lithium-Ionen-Akkus den grössten Spielverderber beim elektrischen Motorradfahren. «Bei zügiger Gangart hat man eine Reichweite zwischen 90 und 150 Kilometer, Wochenendtouren fallen damit schon einmal weg». Im städtischen Verkehr böten Elektrozweiräder entspanntes und sparsames Fahren, so Lenzen: «Es muss nicht ständig gekuppelt und geschaltet werden, und auch das enorme Beschleunigungsvermögen ist ein Vorteil.»

Weiterer Anreiz: Die im Vergleich zu einem Motorrad mit Verbrenner geringeren Betriebs- und Wartungskosten. Etwa 20 bis 30 Prozent über dem eines vergleichbaren Verbrenners liege der Mehrpreis für ein Elektromotorrad, der sich bei Betriebskosten von etwa 2,50 Euro auf 100 Kilometer bereits nach wenigen 10'000 Kilometern rechne.

Journalist Weis rechnet ein wenig anders: «Wir können heute noch gar nicht wissen, welche Wartungskosten die Werkstätten tatsächlich aufrufen werden.» Fehlende Einnahmen durch weniger mechanischen Verschleiss könnten durch kostenpflichtige Updates «mehr als ausgeglichen werden». Auch der nach fünf, sechs Jahren anstehende Akkuwechsel könne teuer werden, vermutet Weis.

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