ESG-Ratings Nachhaltig anlegen: Worauf muss ich achten?

Von Anita Raaflaub

18.11.2021

Wer Geld anlegt, will immer öfter in nachhaltige Unternehmen investieren.
Wer Geld anlegt, will immer öfter in nachhaltige Unternehmen investieren.
Adobe Stock

ESG-Kriterien werden für viele, die ihr Geld anlegen, immer wichtiger. Doch die Plätze, welche einzelne Firmen in unterschiedlichen Nachhaltigkeits-Ratings belegen, weichen teils stark voneinander ab. Ein Experte gibt Auskunft.

Von Anita Raaflaub

Immer mehr Unternehmen setzen sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinander. Als Beispiel: Swisscom präsentierte unlängst neue, ambitionierte Klimaziele.

Gerade wer sein Geld anlegt, achtet inzwischen auf mehr als bloss den Profit: Das Investment soll nachhaltig agierende Firmen unterstützen. 

Im Zentrum bei Diskussionen um Nachhaltigkeit bei Unternehmen stehen die sogenannten ESG-Kriterien. Der Name setzt sich aus den Begriffen «Environmental, Social, Governance» zusammen: Gut für die Umwelt, gut für die Gesellschaft sowie eine ethische Geschäftsführung. Wer nachhaltig anlegen möchte, orientiert sich an diesen ESG.

Doch ganz so einfach ist das nicht, wie die Big-Data-Fachleute von Datahouse in diesem Jahr aufzeigten. Das Problem: Je nach Anbieter von ESG-Bewertungen kann die Einschätzung einzelner Unternehmen stark schwanken.

Daniel Welter von Datahouse, einem Spin-off der ETH Zürich, erklärt im Interview, worauf man bei ESG achten muss und warum es sich lohnt, etwas Zeit aufzuwenden, bevor man investiert.

Daniel Welter, gibt mir ein ESG-Rating einen verlässlichen Eindruck, ob ein Unternehmen nachhaltig arbeitet?

ESG-Ratings können ein Indikator sein über die Bemühungen einer Firma zum Thema Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit kann aber unterschiedlich definiert werden und die Antwort auf die Frage, was eine nachhaltige Firma ist, fällt sehr subjektiv aus. Für die einen ist Klimaschutz wichtig, also gewichten sie Umweltkriterien stärker. Für andere zählen die gesellschaftliche Dimension oder unternehmerische Aspekte mehr.

Zur Person: Daniel Welter 
Daniel Welter verantwortet den Bereich Marketing und ist zuständig für die Finanzkunden bei Datahouse, einem Spin-off der ETH Zürich und Unternehmen der Wüest Partner Gruppe.
Bild: zVg/datahouse

Daniel Welter verantwortet den Bereich Marketing und ist zuständig für die Finanzkunden bei Datahouse, einem Spin-off der ETH Zürich und Unternehmen der Wüest Partner Gruppe.

Diese Subjektivität spüren wir auch bei den ESG-Ratings, weil diese Nachhaltigkeit mit unterschiedlichen Methoden und Gewichtungen messen. Als Anlegerin oder Anleger ist es wichtig, sich mit dem Aufbau eines Ratings vertraut zu machen, damit man sichergehen kann, dass das ESG-Rating auch jene Kriterien abbildet, die einem persönlich am wichtigsten sind.

Nicht einfach für jemanden, der sich in der Materie nicht auskennt.

Stimmt, man muss sich mit der Thematik vertraut machen. Das ist aufwendig. Für mich ist das auch eine Schwäche dieser Ratings: Es fehlt an einer Standardisierung der Analysekriterien. Aber man muss auch sehen, ESG gibt es noch nicht so lange. Diese Vereinheitlichung könnte noch stattfinden, ähnlich wie wir sie beispielsweise bei Bonität- und Kreditratings antreffen. Dort sehen wir bereits eine hohe Korrelation zwischen den Rating-Anbietern.

Nebst teils grossen Abweichungen zeigt sich in der Datahouse-Analyse auch, dass Firmen wie Swisscom, Geberit oder Sonova bei verschiedenen Ratings mit ähnlich hohen Werten abgeschnitten haben. Was sagt diese Korrelation aus?

Das lässt sich nicht genau sagen. Die Methoden der Ratings weichen zu stark voneinander ab, um auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Aber: Eine Firma, die bei allen Rating-Providern gut abschneidet, zeigt wahrscheinlich in sämtlichen Bereichen und Themen hohe Werte. Wer also über mehrere Ratings hinweg positiv dasteht, schafft es unabhängig von der Methode die Analystinnen und Analysten von sich zu überzeugen.

Je nach ESG-Rating weichen die Einschätzung über einzelne Unternehmen stark ab.
Je nach ESG-Rating weichen die Einschätzung über einzelne Unternehmen stark ab.
Bild: zVg/datahouse

Wie wichtig ist eine transparente Kommunikation der Unternehmen selbst, beispielsweise in der Form eines Nachhaltigkeitsberichts?

Eine transparente Kommunikation ist zwar wichtig, am Ende zählt aber nur, was ein Unternehmen auch wirklich umsetzt. Das unterscheidet schlussendlich das ehrliche Engagement von Greenwashing. Nachhaltigkeitsberichte, in denen Unternehmen ihre Bemühungen und Ziele ausweisen, sind aber sicher eine positive Entwicklung.

Aber auch die Rating-Agenturen sind in der Pflicht: Eine transparente und kostenfreie Offenlegung von Methodik, Daten und Ergebnissen ist zentral, um die ESG-Wertungen einschätzen zu können. Schliesslich kann der Rating-Verlauf ein Anhaltspunkt sein, wie ernst die Unternehmen es mit ihren Bemühungen und Zielen auch wirklich meinen. Steigt eine Firma kontinuierlich im ESG-Rating, ist das ein gutes Zeichen. Stagniert sie hingegen auf tiefem Niveau, kann man Nachhaltigkeitsziele kaum für bare Münze nehmen.

ESG-Ratings: Worauf kommt es an?

  • Kriterien: Nachhaltigkeit ist ein vielseitiger Begriff. Achte darauf, wie ein ESG-Rating zustande kommt. Wähle für deine Entscheidung einen Rating-Provider, der seinen Schwerpunkt dort setzt, wo auch deine Prioritäten in Sachen Nachhaltigkeit liegen.
  • Transparenz: Transparenz der ESG-Rating-Provider hilft, nachvollziehen zu können, was genau gemessen wurde – und was ein Rating wirklich aussagt. Vorsicht ist geboten, wenn sich weder Methodik noch die untersuchten Daten eruieren lassen.
  • Verlauf: Schau dir an, wie sich das Rating eines Unternehmens in den letzten Jahren entwickelt hat. Bemüht sich ein Unternehmen wirklich und ist in den letzten Jahren im ESG-Rating aufgestiegen oder stagniert eine Firma seit Jahren auf einem tiefen Level? Wer es ernst meint mit der Nachhaltigkeit, spricht nicht nur über Ziele, sondern setzt konkrete Massnahmen um.

Über den Nachhaltigkeitsblog

Hier erhalten Sie von Swisscom-Mitarbeitenden und Experten aktuelle Informationen über einen nachhaltigen Lebensstil und zu einem kompetenten Umgang mit neuen Medien. Das blue News-Portal ist eine Unternehmenseinheit der Swisscom (Schweiz) AG.

Anita Raaflaub ist Head of Communications Strategy & Corporate Responsibility bei Swisscom.
Anita Raaflaub ist Head of Communications Strategy & Corporate Responsibility bei Swisscom.
Bild: Swisscom