Abseits der Massen Abseits der Massen: Sieben Spanien-Tipps für Corona-Zeiten

dpa/tafu

27.6.2020

Einsame Wanderrouten, schlemmen im Trüffelland und auf den Spuren Don Quijotes wandeln: Ferien in Spanien jenseits der Massen-Hotspots sind entspannend und inspirierend.

Spanien ist eines der beliebtesten Auslandsreiseziele der Schweizer. Nun sind Reisen nach dahin endlich wieder möglich. Allerdings dürfte vielen nicht der Sinn nach Menschentrauben und vollen Stränden stehen. In Corona-Zeiten bieten sich eher Regionen und Sehenswürdigkeiten abseits der Hotspots an. 

Kanaren: Wandern und viel Ruhe

Egal ob Sommer oder Winter: Die Kanarischen Inseln gehören wegen ihres angenehmen Klimas zu den beliebtesten Reisezielen überhaupt in Spanien. Wer aber gerade jetzt Touristenmassen auf Teneriffa oder Gran Canaria umgehen möchte, findet in den beiden kleinsten Kanaren-Inseln La Gomera und El Hierro zwei gute Alternativen.

Besonders für Wanderferien eignet sich La Gomera. Die Insel wird vergleichsweise selten besucht. Prähistorische Nebelwälder, tiefe Schluchten, mystische Tafelberge und Lava-Täler prägen das Landschaftsbild. Die Vulkan-Insel hat zwar kaum nennenswerte Strände, ist aber so etwas wie das ultimative Wanderparadies der Kanaren.



Im grünen Norden lockt ein Rundweg im Vallehermoso – hier sind Feriengäste im «schönen Tal» unterwegs. Die Schluchten und Palmenhaine im Valle Gran Rey im Südwesten sind ebenso beeindruckend. Im Garajonay-Nationalpark, dem grössten Lorbeerwald Europas, trifft man selten andere Wanderer.

Noch weniger ist nur auf der Nachbarinsel El Hierro los. Nur 6'000 Menschen leben hier. Wer Ruhe sucht, ist hier richtig – selbst zur touristischen Hochsaison im Sommer. Im Schnitt verirren sich gerade einmal 25'000 Besucher jährlich auf die kleinste der Kanaren-Inseln. So nennen die Einheimischen ihre Insel «die Vergessene». Die gesamte Insel ist Biosphärenreservat. Wanderer finden hier skurrile Lava-Landschaften und verwunschene Märchenwälder.

Unterwegs auf einem der einsamsten Jakobswege

Wanderferien werden nach den langen Corona-Beschränkungen wieder angesagt sein. Besonders beliebt sind die spanischen Jakobswege. Um nicht mit zu vielen Pilgern unterwegs zu sein – gerade mit Blick auf die Herbergen – kann man den Camino Primitivo wählen. Über fast 300 Kilometer schlängelt er sich durch die wilde Bergwelt Asturiens und die grüne Hügellandschaft Galiciens.

Der Camino Primitivo in Nordspanien ist nicht nur der älteste aller Jakobswege. Er ist auch einer der einsamsten Pilgerwege zum Apostelgrab des Heiligen Jakobus. Im vergangenen Jahr wählten gerade einmal 15'715 Pilger diesen Pfad. Das sind nur 4,5 Prozent aller Jakobspilger, von denen die meisten auf dem französischen Weg wandern. Das hat natürlich einen Grund: Der Camino Primitivo ist auch einer der anspruchsvollsten Wege. Das Wandererlebnis in menschenleerer Natur ist allerdings überwältigend. Es kann sogar passieren, dass man Wölfen über den Weg läuft.

Andalusiens weite Atlantikstrände mit Afrika-Blick

Man muss sich nicht immer gleich in die Berge zurückziehen, um fernab der Massen die Ferien geniessen zu können. Das geht in Spanien auch wunderbar am Strand – jedoch eher schwieriger an Málagas Costa del Sol. Weite und vor allem einsame Strände bietet dagegen die andalusische Provinz Cádiz.



Hier am Atlantik zwischen Cádiz, der ältesten Küstenstadt Spaniens, und Tarifa, dem südlichsten Punkt des europäischen Festlands, lockt eine der vielleicht ursprünglichsten Küstenlandschaften Spaniens. Die kilometerlangen Sandstrände und unter Naturschutz stehenden Dünenlandschaften sind nur vereinzelnd durch weisse Küstendörfer wie Conil de la Frontera, Los Caños de Meca und Zahara de los Atunes getrennt, wo sich der Tourismus konzentriert.

Die Thunfisch-Restaurants in Zahara sind landesweit bekannt. Genauso wie der acht Kilometer lange Sandstrand – hier liegen im Sommer durchaus viele Einheimische in der Sonne.

Beliebt ist auch die Playa de Bolonia mit ihrer 30 Meter hohen Wanderdüne und den Ruinen der römischen Stadt Baelo Claudia. Doch ist der Strand dermassen weitläufig, dass sich die Feriengäste selbst in der Hochsaison ganz gut verteilen. Von der Düne hat man einen schönen Blick aufs marokkanische Riffgebirge. Die südspanische Atlantikküste ist wegen ihrer Windverhältnisse bei Kitesurfern beliebt, die sich an den Stränden von Punta Paloma, Tarifa und Valdevaqueros tummeln.

Auf den Spuren Don Quijotes durch die Einöde der La Mancha

Den wenigsten Spanien-Feriengästen ist Kastilien-La Mancha bekannt. Ein echter Geheimtipp, der landschaftlich und kulinarisch viel zu bieten hat: verschlafene Dörfer, historische Windmühlen, Ritterburgen, Schafherden, schwarze Stiere, Weinberge und die weite Ebene der zentralspanischen La Mancha.

Hier siedelte Miguel de Cervantes seinen weltberühmten Roman über Don Quijote und seinen Schildknappen Sancho Pansa an. Auf den Spuren des Ritters von der traurigen Gestalt kann man mittelalterliche Dörfer und Kleinstädte wie Toledo, Almagro oder Villanueva de los Infantes kennenlernen. Oder den Naturpark Las Tablas de Daimiel. Wenn man auf dem Hügel von Consuegra die zwölf historischen Windmühlen sieht, denkt man sofort an die angeblichen Riesen, gegen welche Don Quijote mit erhobener Lanze kämpfte.



Vielleicht inspirierten Cervantes aber auch die Windmühlen, die nicht weit entfernt hoch über der Ortschaft Campo de Criptana thronen. Nur wenige Kilometer weiter befindet sich zwischen Weinreben El Toboso, Heimat der süssen Dulcinea, der angebeteten Edelfrau, zu deren Ehren Quijote so viele Heldentaten vollbrachte.

Auch wenn Don Quijote nur der Fantasie eines Dichters entsprungen ist: Wenn man in der weiten, menschenleeren Einöde der Mancha unterwegs ist, glaubt man irgendwann, es habe ihn wirklich gegeben. Vor allem nach zu viel Wein. Und von dem gibt es hier überall. Kastilien-La Mancha ist das grösste Weinanbaugebiet der Welt. Zu einem Glas schmeckt der weltberühmte Manchego-Käse besonders gut.

Schlemmen im einsamen Trüffelland

Die nordspanische Provinz Teruel befindet sich nur eine Autostunde von der Mittelmeermetropole Valencia entfernt. Dennoch gehört sie zu den touristisch unbekanntesten Flecken Spaniens. Verwunderlich, immerhin lockt die Region mit verschlafenen Dörfern, alten Burgen, schönen Wanderrouten und sogar mit versteinerten Dinosauriern.

Hier finden Feriengäste besonders viel Ruhe und Abgeschiedenheit – fast nirgendwo in Spanien leben weniger Menschen als hier, neun Personen pro Quadratmeter. Bisher verschlägt es Feriengäste selten ins hügelige Hinterland im südlichen Aragonien. Und praktisch keine Ausländer.



Die wenigen Feriengäste lockt vor allem ein ganz besonderer Gaumenschmaus: Trüffel. Die Provinz ist das grösste Trüffelanbaugebiet der Welt, was wiederum die wenigsten wissen. Der Gourmet-Pilz wird hier auf mehr als 10'000 Hektar kultiviert. Zwischen November und März werden bis zu 40 Tonnen der berühmten Schwarzen Trüffel geerntet. Tourismusagenturen bieten die Knollen-Suche mit Trüffelhunden an und Restaurants spezielle Trüffelmenüs, bei denen natürlich auch regionale Delikatessen wie Steinpilzsuppe und Terueler Eichelschinken nicht fehlen dürfen.

Zu Besuch in der Heimat der spanischen Amerika-Eroberer

Die Extremadura im Südwesten Spaniens an der Grenze zu Portugal gehört ebenfalls zu den touristisch eher unbekannten Juwelen des Landes. Selbst die meisten Spanier schauen sich das riesige Meer aus Stein- und Korkeichenwäldern eher aus dem Auto auf dem Weg an die Strände Andalusiens an. Ein Fehler.

Die weite Hügellandschaft ist nicht nur von fantastisch ursprünglichen Naturlandschaften wie dem Monfragüe-Nationalpark oder der Sierra de Guadalupe geprägt. Vor allem sind die alten Dörfer und Kleinstädte der Region einen Besuch wert. Sie sind die Heimat vieler Konquistadoren, die ihre Heimatstädte mit prachtvollen Adelshäusern, Kirchen, Klöstern und Burgen verschönerten. Zwei Beispiele sind Cáceres oder Jerez de los Caballeros, Heimat des Sklavenhändlers Hernando de Sotos, der Panama und Nicaragua eroberte.

Trujillo mit seiner Trutzburg und Adelspalästen ist die Konquistadoren-Hochburg schlechthin. Hier lebten einst Hernán Cortés und Francisco Pizarro, die für die spanische Krone Mexiko und Peru eroberten. Oder Francisco de Orellana, Entdecker des Amazonas.

Balearen ohne Massen: Unterwegs auf dem Pferdeweg

Mallorca heisst Massentourismus? Balearen heisst Baden und Ballermann? Von wegen. Wer volle Strände meiden möchte, hat Alternativen. Beispielsweise den Küstenwanderweg Camí de Cavalls auf Menorca. Auf dem sogenannten Pferdeweg kann man in unberührten Naturlandschaften selbst zur Hochsaison Ruhe und Entschleunigung geniessen. Der Weg führt durch wilde Olivenhaine, Steineichenwälder, Feuchtgebiete, Dünenlandschaften und zu einsamen Buchten.

Doch selbst auf Mallorca kann man die Touristenmassen umgehen. Strände, die nicht direkt mit dem Auto erreicht werden können, sind meistens leerer. Und selbst an den beliebtesten Stränden Mallorcas wie Es Trenc im Süden kann man leere Abschnitte finden, wenn man 20 Minuten läuft und sich von den Parkplätzen entfernt.



Am besten übernimmt man den spanischen Tagesrhythmus und die lokalen Essenszeiten. Feriengäste sollten wie die Mallorquiner erst am späten Nachmittag an den Strand gehen, dann sind die Temperaturen angenehmer und die meisten Pauschalreisenden weg. Tagsüber geht man eher im Inselinneren wandern, hält eine Siesta und besucht die weniger überlaufenen, vorgelagerten Inseln wie La Dragonera oder La Cabrera.

Und weshalb muss es immer nur Palmas Altstadt mit der Kathedrale sein? Das ehemalige Fischerviertel Santa Catalina hat sich mit seinen hippen Läden, angesagten Bars und Mallorcas ältester Markthalle zum neuen Hotspot in Palma gemausert.

Zurück zur Startseite