«Wir sind auf dem richtigen Weg»Atomdeal: EU und Iran geben Gas
Amelie Heinz
16.5.2018
Die EU will auch nach dem Aussteig der USA aus dem Atomdeal mit dem Iran im Geschäft bleiben. Zur Rettung des Abkommens wollen Europa und Teheran bald praktische Vorschläge unterbreiten.
Zur Rettung des Atomvertrags mit dem Iran wollen die beteiligten europäischen Regierungen gemeinsam mit Teheran schon in den kommenden Wochen praktische Lösungen vorlegen. Dies teilte EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini am Dienstagabend in Brüssel mit. Die Bemühungen würden sich um wirtschaftliche, unternehmerische und bankentechnische Fragen rund um das Abkommen drehen. Irans Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif zeigte sich optimistisch, dass eine Aufrechterhaltung des Pakts gelingen könnte.
Mogherini und Sarif äusserten sich am Dienstag nach einem Treffen mit Bundesaussenminister Heiko Maas, Frankreichs Chefdiplomat Jean-Yves Le Drian und dem britischen Aussenminister Boris Johnson.
Harte Strafmassnahmen
Die drei europäischen Länder hatten das Abkommen 2015 zusammen mit dem Iran, Russland, China und den USA ausgehandelt. Der Deal soll verhindern, dass die Islamische Volksrepublik Atomwaffen produziert. Im Gegenzug bekam Teheran die Zusage für eine Aufhebung oder Lockerung von Wirtschaftssanktionen. Vergangene Woche gab US-Präsident Donald Trump jedoch den Ausstieg seines Landes aus dem Abkommen bekannt und kündigte harte ökonomische Strafmassnahmen gegen den Iran an.
Trumps umstrittener Schritt stellt nicht nur die Zukunft des Pakts infrage, sondern angesichts drohender Sanktionen auch die Geschäfte europäischer Unternehmen mit dem Iran. Die EU hofft darauf, Teheran mit Hochdiplomatie und der Aussicht auf wirtschaftliche Vorteile bei der Stange zu halten. Die Europäer betrachten den Atompakt als notwendig für die Sicherheit auf dem Kontinent.
EU-Chefdiplomatin Mogherini sprach vor diesem Hintergrund von einer Dringlichkeit, der sich die Gesprächsteilnehmer bewusst seien. «Wenn ich eine Metapher benutzen darf, die am Tisch bemüht wurde: Wir alle haben einen Verwandten auf der Intensivstation und wir alle wollen ihn oder sie so schnell wie möglich herausholen», sagte sie mit Blick auf den Atomdeal.
«Wir sind auf dem richtigen Weg»
Auf die Gespräche in Brüssel würden schon bald «Expertengespräche» über relevante finanzielle und wirtschaftliche Fragen wie Öl und Banküberweisungen beginnen, kündigte Mogherini an. Stellvertretende Aussenminister Deutschlands, Frankreichs und Grossbritanniens und des Irans würden sich dazu kommende Woche in Wien treffen.
Die EU-Kommission hat Gegenmassnahmen zu möglichen US-Sanktionen, die europäischen Geschäftsinteressen schaden könnten, untersucht, und dürfte diese am Mittwoch bei einem EU-Gipfel in Sofia vorstellen. Eine Möglichkeit ist eine Regulierung, die europäischen Unternehmen verbieten würde, US-Sanktionen zu befolgen, wenn diese EU-Interessen zuwiderlaufen.
Irans Chefdiplomat zeigte sich zufrieden über die Bemühungen. «Wir sind auf dem richtigen Weg. Eine Menge hängt von dem ab, was wir in den kommenden Wochen tun können.»
«Wir machen uns keine Illusionen»
Bundesaussenminister Maas mahnte zur Nüchternheit. Dass es nicht einfach werde, sei allen klar. Doch wenn alle Parteien am Abkommen festhalten wollten, müsse man reden.
Zugleich machten die europäischen Chefdiplomaten klar, dass sie Differenzen mit Teheran - etwa über dessen Rolle in Syrien - nicht unter den Tisch fallen lassen wollen. «Ich will betonen, dass wir uns keine Illusionen über die Dinge machen, die der Iran in der Region treibt, im Nahen Osten», sagte Grossbritanniens Aussenminister Johnson. «Wir machen uns keine Illusionen über Irans destabilisierendes Verhalten, doch denken wir, dass wir dies auf andere Weise angehen können.» Mogherini pflichtete dem bei: Ein Festhalten an dem Vertrag eröffne bessere Chancen, über andere Streitpunkte mit dem Iran zu sprechen.
Iran schwankt vor Trump-Entscheidung zwischen Angst und Resignation
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«Unsere wirtschaftlichen Probleme haben nichts mit dem Atomdeal oder mit Trump zu tun, unser Problem ist, dass unsere Beamten nur an ihre eigene Tasche denken», sagt die 33-jährige Verkaufsleiterin Ladan Schiri. «Wenn sie wirklich an die Leute dächten und nicht nur an ihren eigenen Profit, hätte unser Volk nicht die Probleme, die es heute hat.»
Bild: Keystone
Ali Forouzi (33): «Es ist nicht schön, nur andere wie Amerika und Trump für unsere Probleme verantwortlich zu machen. Ich glaube, dass die Wurzel dafür im Land selbst liegt.»
Bild: Keystone
«Wir alle denken über die unsichere Zukunft nach», sagt der 27-jährige Mohammad Chaleghi, Verkäufer von Haushaltsgeräten auf der Amin-Hosur-Strasse in Teheran. «Alle haben Angst vor der Zukunft – sogar ich. Ich weiss nicht, was passieren wird, ob ich in diesem Geschäft überlebe oder nicht. Diese Situation geht uns alle an.»
Bild: Keystone
Alireza Yarmohammadi (46): «Es wird nicht sehr einfach sein für Amerika, aus dem Deal auszusteigen, denn in diesem Fall wird Nordkorea keine Gespräche mit ihm führen.»
Bild: Keystone
«Wir spüren keine besonderen Auswirkungen auf unsere Wirtschaft oder unser Leben», sagt die 25-jährige Architektin Schadi Gholami. «Es ist, als gäbe es so ein Abkommen gar nicht.»
Bild: Keystone
Nach Ansicht des 58-jährigen schiitischen Geistlichen Sejed Resa Musawi hat der Deal «Supermächte entwaffnet» und die Stärke des Iran gezeigt. «Wir haben keine Angst vor Trumps Entscheidung und werden ihm ohne Zögern die Stirn bieten. Auch wenn er aus dem Deal aussteigt, wird uns das nicht schaden. Wir haben unseren Weg gewählt und ein Rückzug wird den USA weh tun, nicht uns», glaubt er.
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