«Wählt! Wählt! Wählt! » Biden kontert mit Verordnung Abtreibungsurteil des Obersten Gerichts

dpa

8.7.2022 - 21:27

US-Präsident Joe Biden während einer Pressekonferenz.
US-Präsident Joe Biden während einer Pressekonferenz.
Archivbild: Pablo Martinez Monsivais/AP/dpa

Viel kann der US-Präsident mit seiner Executive Order bewirken, die wenigstens die Privatsphäre von Hilfesuchenden schützen soll. Notwendig sei ein Bundesgesetz – und eine klare Mehrheit im Kongress im November: «Wählt! Wählt! Wählt!»

US-Präsident Joe Biden will mit einer Verordnung die Folgen der Aufhebung des seit einem halben Jahrhundert geltenden Rechts auf Abtreibung mildern. Die Unterzeichnung am Freitag verband er mit einer harschen Kritik an der «extremen» konservativen Mehrheit im Obersten Gericht der USA, das am 24. Juni das Grundsatzurteil Roe v. Wade von 1972 aufhob, das Frauen ein verfassungsmässiges Recht auf den Abbruch einer Schwangerschaft gewährte.

Leidenschaftlich appellierte er an alle, die damit nicht einverstanden sind, bei den Zwischenwahlen im November im Kongress für Mehrheiten in beiden Kammern zu sorgen. «Der schnellste Weg, Roe (v. Wade) wiederherzustellen ist, ein nationales Gesetz zu verabschieden», erklärte Biden. «Die Herausforderung ist, rauszugehen und abzustimmen. Herrgott, im November sind Wahlen. Wählt, wählt, wählt!»

Bundesgesetz sticht das Gesetz eines Einzelstaats

Die Executive Order vom Freitag soll Strafen abschwächen, die Frauen bei einem Schwangerschaftsabbruch in einem Einzelstaat mit einer restriktiven Abtreibungsgesetzgebung drohen können. Biden erklärte am Freitag, dass noch weitere Schritte folgen müssten, um die Folgen der Aufhebung des Urteils Roe v. Wade zu überwinden.

Ein Bundesgesetz würde das Gesetz eines Einzelstaats im Streitfall ausstechen. Da das Grundsatzurteil des Supreme Courts von 1972 ein halbes Jahrhundert als quasi gesetzliche Entscheidung für das Recht auf Abtreibung angesehen wurde, gibt es kein formelles Bundesgesetz dazu, das in allen 50 Staaten gilt.

In der Amtszeit von Bidens Vorgänger Donald Trump entstand durch Neubesetzungen eine konservative Mehrheit im Supreme Court, die das Urteil am 24. Juni aufhob und damit meist republikanisch regierten Einzelstaaten freie Hand für ein restriktives Abtreibungsrecht mit oft harschen Strafandrohungen gab.

Louisiana verbietet Abtreibungen

Bidens Verordnung soll Gesundheitsunternehmen und Versicherern aufzeigen, wann und wie sie Patienteninformationen mit Behörden zu teilen haben. Die Bundeshandelskommission wird aufgefordert, die Privatsphäre derer zu schützen, die Informationen über Schwangerschaftsabbrüche online abfragen. Eine behördenübergreifende Arbeitsgruppe soll Bemühungen des Bunds koordinieren, Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen zu sichern.

In Louisiana liess eine Bezirksrichterin des Staates am Freitag eine einstweilige Anordnung der Vorinstanz auslaufen, mit der das Verbot fast aller Abtreibungen in Louisiana gestoppt worden war. Richterin Ethel Julien erklärte, sie sei in New Orleans für eine Verlängerung gar nicht zuständig, sondern das Staatsgericht in der Hauptstadt Baton Rouge. Sie folgte damit der Arrgumentation von Generalstaatsanwalt Jeff Landry.

Die Folge ist, dass das restriktive Abtreibungsrecht in Louisiana nun in Kraft ist. Unklar war, was das für die drei Abtreibungskliniken in dem Staat bedeutet. «Wenn sie weiterhin arbeiten, tun sie das auf eigenes Risiko», sagte Landry.