Auto-Poser aufgepasstIst dein Gefährt sehr laut, wirst du in New York jetzt geblitzt
23.1.2023 - 14:27
Sirenen, Gehupe, röhrende Autos: Schon seit Jahrzehnten ächzen viele New Yorkerinnen und New Yorker unter dem Krach auf der Strasse. Zumindest gegen laute Fahrzeuge gehen die Behörden jetzt vor. Das gefällt nicht allen.
DPA
23.01.2023, 14:27
23.01.2023, 15:38
dpa/amo
Presslufthämmer, hupende Autos und Trucks, rumpelnde U-Bahnen, Sirenen und Geschrei: Nach der relativen Ruhe während der Pandemie ist New York zu seiner gewohnten Lautstärke zurückgekehrt. Bemühungen, die Kakofonie zu dämpfen, gab es im Laufe der Jahre zuhauf. Einer der jüngsten Versuche: Die Behörden stellten Verkehrskameras auf, die den Lärm messen und getunte Autos und Motorräder identifizieren, die die zulässigen Lärmpegel überschreiten.
Während einer einjährigen Pilotphase des Systems haben bereits mindestens 71 Fahrerinnen und Fahrer deswegen Bussen bekommen. Die Umweltschutzbehörde der Metropole will jetzt den Einsatz von Lärmmess-Apparaten am Strassenrand ausweiten. «Fahrzeuge mit illegal umgebautem Auspuff, die extrem laut sind, sind in den vergangenen Jahren zu einem wachsenden Problem geworden», erklärt Stadtrat Erik Bottcher. Er begrüsst die Aufstellung der neuen Radargeräte in seinem Bezirk.
Mindestens 800 Dollar für die «günstigste» Busse
New York City hat bereits eine der umfassendsten Lärmschutzverordnungen in den gesamten USA. Für viele Krachmacher wie Presslufthämmer und Autos gelten zulässige Höchstwerte. Mit einem neuen Gesetz wurden im Frühjahr vergangenen Jahres die Bussgelder für das Frisieren von Fahrzeugen angehoben.
Da die Polizei aber häufig andere Prioritäten hat, sind Verstösse bisher oft nicht geahndet worden. Die neuen Geräte registrieren nun jedoch ähnlich wie Blitzer direkt das Nummernschild. Schon für den ersten Verstoss droht eine Geldstrafe von 800 Dollar (rund 740 Franken). In Paris hatten die Behörden vor einem Jahr an einigen Strassen ähnliche Geräte installiert.
Lärm schädigt Studien zufolge nicht nur das Gehör, sondern beeinflusst auch die Stimmung und die psychische Gesundheit der Menschen – ganz zu schweigen von einem möglichen Zusammenhang zu Herzerkrankungen und erhöhtem Blutdruck. «Der Lärm da draussen geht nonstop – die Hupen, die Lastwagen, die Sirenen», klagte Bürgermeister Eric Adams kürzlich. «Lärmbelastung erschwert den Schlaf und erhöht das Risiko für chronische Krankheiten.»
Bereits vor fast zehn Jahren hatte einer von Adams' Vorgängern, Bürgermeister Michael Bloomberg, dem Krach den Kampf angesagt. In einem 45-seitigen Papier wurden Vorschriften erlassen, die unter anderem regelten, wie lange Eiswagen klingeln und Hunde bellen dürfen.
New Yorker*innen empfanden Corona-Ruhe beunruhigend
Die «New York Times» hatte schon 1905 den zunehmenden Strassenlärm kritisiert und die Frage gestellt, ob Abhilfe möglich sei. Mehr als ein Jahrhundert später lieferte die Corona-Pandemie die Antwort: Im Frühjahr 2020 verstummte das Röhren der Autos weitgehend, da die Menschen zu Hause blieben. Die Bewohnerinnen und Bewohner konnten wieder Vogelgezwitscher hören – wenn es auch häufig von heulenden Sirenen und nachts von illegalem Feuerwerk unterbrochen wurde.
Dennoch sei die Ruhe wegen der Angst vor dem Virus von vielen als beunruhigend empfunden worden, sagt Juan Pablo Bello vom Projekt «Sound of New York City» der New York University, das im Lockdown die Geräusche der Stadt beobachtete. «Die Stille während des Lockdowns war eine sehr unangenehme Stille», sagt er. «Es war eine unheimliche Ruhe, weil sie viele Implikationen mit sich brachte.»
Dennoch nahm die Zahl der Beschwerden über Lärm während der Pandemie zu. Fachleute führten das darauf zurück, dass die ans Haus gebundenen Menschen überempfindlich reagiert hätten. Die Zahl der Beschwerden über laute Nachbarn verdoppelte sich im ersten Corona-Jahr, viele weitere richteten sich gegen getunte Autos und Motorräder.
Autofan startet Petition gegen Lärmschutzgesetz
Das jetzige Vorgehen gegen laute Fahrzeuge geht manchen aber zu weit. Der Autoliebhaber Phillip Franklin aus der Bronx startete eine Online-Petition gegen die Lärmschutzgesetze der Stadt. Lärm sei «Teil unseres Lebensalltags» in New York, heisst es in der Petition. Leise Fahrzeuge seien zudem eine Gefahr für unaufmerksame Fussgängerinnen und Fussgänger. «Schlaglöcher zu stopfen ist viel wichtiger, als gegen laute Autos vorzugehen», sagte Franklin in einem Interview.
Nach Ansicht von Wissenschaftler Bello haben sich viele New Yorkerinnen und New Yorker mit der Lautstärke abgefunden – und ziehen sie der Stille der Corona-Zeit vor. «Ich glaube, die Leute haben die Tatsache anerkannt, dass es eine chaotische, laute Stadt ist», sagt er. «Wir haben gern eine aktive und lebendige Umgebung. Und wir haben gern eine Umgebung mit vielen Jobs und Aktivitäten, nicht diesen unheimlichen, ziemlich zermürbenden Ort.»
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