In Brasilien blockieren Anhänger des abgewählten Präsidenten Jair Bolsonaro Strassen. In der Hauptstadt Brasília bereiten sich die Sicherheitskräfte auf grössere Proteste vor – bislang ist es aber ruhig geblieben. Bolsonaro hat sich noch immer nic
01.11.2022
Aus Protest gegen die Wahlsieg Lula haben Anhänger des abgewählten Jair Bolsonaro mehr als 200 Strassensperren im ganzen Land errichtet. Der Verlierer will seine Niederlage nun offenbar eingestehen.
Keystone-SDA, SDA/dpa/uri
01.11.2022, 18:15
SDA/dpa/uri/toko
Aus Protest gegen das Ergebnis der Präsidentenwahl haben in Brasilien Anhänger des abgewählten Jair Bolsonaro mehr als 200 Strassensperren in dem südamerikanischen Land errichtet. Unter den Demonstranten waren viele Lastwagenfahrer, wie die brasilianische Zeitung «Folha de S. Paulo» am Montagabend (Ortszeit) unter Berufung auf die Polizei berichtete.
Demnach betrafen die Blockaden wichtige Verkehrsachsen wie eine Stadtautobahn in der Wirtschaftsmetropole und eine Verbindungsstrasse zwischen Rio de Janeiro und São Paulo.
Gewaltausbrüche blieben bislang aus
Es entstanden kilometerlange Staus, die das Fortkommen der Brasilianer vor dem Feiertag Allerseelen am Mittwoch erheblich beeinträchtigten. Einige Protestierende hängten der «Folha» zufolge brasilianische Fahnen an ihre LKW, manche beschimpften auch den gewählten Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva.
Die befürchteten Gewaltausbrüche blieben zwar aus. Allerdings kam es laut «Folha» zu Tumulten. Der Präsident des Obersten Wahlgerichts, Alexandre de Moraes, wies die Polizei an, die Blockaden zu beenden.
Der linke Ex-Präsident Lula (2003-2010) hatte die Stichwahl um das Präsidentenamt im grössten Land Lateinamerikas knapp gewonnen. Er kam am Sonntag auf 50,9 Prozent der Stimmen, wie das Wahlamt in Brasília bekannt gab. Der rechte Amtsinhaber Bolsonaro erhielt demnach 49,1 Prozent.
Bolsonaro bleibt abgetaucht
Bolsonaro ist daraufhin abgetaucht und hat sich auch 24 Stunden nach Bekanntgabe des Ergebnisses noch nicht geäussert. Er hatte bereits vor der Abstimmung immer wieder Zweifel am Wahlsystem gestreut und angedeutet, das Ergebnis möglicherweise nicht anzuerkennen. Die zu seinen Unterstützern gehörenden Trucker sind in Brasilien eine mächtige Berufsgruppe, weil ein grosser Teil des Gütertransports in dem Land auf der Strasse erfolgt.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf den Kommunikationsminister Fabio Faria berichtet, will sich Bolsonaro «im Laufe des Tages» im Rahmer einer Rede an die Nation wenden und seine Niederlage eingestehen.
Medienberichten zufolge hatten am Vortag indes bereits mehrere Minister und Berater versucht, Bolsonaro davon zu überzeugen, seine Niederlage einzuräumen. Auch zeichnete sich immer stärker ab, dass er wohl kaum Erfolg hätte, würde er das Ergebnis jetzt noch infrage stellen.
Bolsonaro-Verbündete erkennen Niederlage an
Schliesslich erkannten viele seiner Verbündeten, darunter auch der mächtige Parlamentspräsident Artur Lira, Bolsonaros Niederlage an. Auch zahlreiche Regierungen im Ausland sahen den Wahlausgang schon als Tatsache an: Fast 90 Regierungen gratulierten Lula zu seinem Wahlsieg, wie das Nachrichtenportal UOL berichtete.
Der Präsident des Obersten Wahlgerichts hatte sowohl Lula als auch Bolsonaro bereits in der Wahlnacht telefonisch über das Ergebnis informiert. «Das Ergebnis wurde verkündet und akzeptiert», sagte Moraes. Die Gewählten würden ihre Ämter am 1. Januar antreten. Die Beobachtermission der Interamerikanischen Union der Wahlbehörden nannte die Wahlen frei, fair und transparent und fand keine Hinweise auf Manipulation.