Zensur in Russland «Brutalen Eingriff» – Russische Polit-Redaktion tritt geschlossen zurück

AFP/phi

21.5.2019

Na dann, Prost! Wladimir Putin und Walentina Matwijenko. stossen am 27. Dezember 2017 im Kreml an.
Na dann, Prost! Wladimir Putin und Walentina Matwijenko. stossen am 27. Dezember 2017 im Kreml an.
Bild: Keystone

Erst fliegen bei «Kommersant» zwei Journalisten wegen eines kritischen Putin-Berichtes, dann tritt die ganze Politikredaktion deswegen zurück: Russland Presselandschaft ist erneut karger geworden.

Aus Solidarität mit zwei entlassenen Kollegen hat die Politikredaktion der russischen Tageszeitung «Kommersant» am Montag geschlossen gekündigt. Einer der Journalisten bezeichnete den Schritt als Reaktion auf den Umgang des Eigentümers mit zwei Reportern, die nach einem kritischen Bericht über eine Vertraute von Präsident Wladimir Putin gefeuert worden waren.

Insgesamt unterzeichneten elf «Kommersant»-Journalisten den Brief, in dem sie aus Protest gegen die Entlassung von Maxim Iwanow und Iwan Safronow ihre Kündigung einreichten. Iwanow und Safronow gehörten zu den Autoren eines Berichtes über eine mögliche Ablösung der Chefin des russischen Oberhauses, Walentina Matwijenko. Die einflussreiche Politikerin gilt als enge Vertraute von Präsident Putin.

Matwijenko. damals Gouverneurin von St. Petersburg, mit Präsident Putin im Jahr 2007.
Matwijenko. damals Gouverneurin von St. Petersburg, mit Präsident Putin im Jahr 2007.
Bild: Keystone

Der «Kommersant» gilt als Qualitätszeitung, deren Ruf  allerdings seit der Übernahme durch den Oligarchen Alischer Usmanow im Jahr 2006 gelitten hat. In Anspielung auf dessen Entscheidung zur Entlassung der beiden Reporter begründete der für politische Themen zuständige stellvertretende Chefredakteur Gleb Tscherkassow seine Kündigung und die der Kollegen bei Facebook so: «Der Besitzer hat das Recht, Personalentscheidungen zu treffen, und die Mitarbeiter haben das Recht, ihr Unverständnis zu zeigen, indem sie gehen.»

«Brutalen Eingriff in die redaktionelle Linie»

Der kollektive Rücktritt ist eine ungewöhnlich drastische Reaktion in der geschwächten russischen Presselandschaft. Seit Präsident Putin vor rund 20 Jahren erstmals an die Macht kam, hat er die Medien in ihrer Arbeit stark eingeschränkt. Die russische Journalistengewerkschaft zeigte sich über die Ereignisse beim «Kommersant» tief besorgt und sprach von einem «brutalen Eingriff der Eigner in die redaktionelle Linie». Es ist nicht das erste Mal, dass die «Kommersant»-Redaktion ihren Besitzer der Einflussnahme bezichtigt.

Ende 2011 hatten 35 Journalisten des Blattes einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie Usmanow Einschüchterungsversuche vorwarfen. Damals waren zwei leitende Redakteure entlassen worden, die Kommentare veröffentlicht hatten, die als Beleidigung des damaligen Ministerpräsidenten Putin angesehen wurden. Usmanow hatte nach den Vorwürfen erklärt, er habe nicht die Absicht, sich in die redaktionelle Linie der Zeitung einzumischen.

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