PolitikBündner Wolfsrudel queren Flüsse und überwinden Berge
uj, sda
1.6.2024 - 06:30
In Graubünden leben mindestens elf Wolfsrudel. Gemäss aktueller Informationen der Wildhut ziehen die Rudel durch weiträumige Gebiete und besiedeln fast den ganzen Kanton. Dabei zeigen sich die Wölfe berggängig und überqueren zuweilen wilde Flüsse und hohe Bergrücken.
uj, sda
01.06.2024, 06:30
SDA
Wie aus dem kürzlich publizierten ersten Quartalsbericht 2024 des kantonalen Amtes für Jagd und Fischerei über Grossraubtiere hervorgeht, leben Wolfsrudel mittlerweile in nahezu allen Bündner Talschaften. Einzige Ausnahmen sind das Oberengadin und das Bergell, doch auch dort leben Einzelwölfe. Schon vor ein paar Jahren hatte das Amt geschrieben, in Graubünden sei überall und jederzeit mit der Präsenz von Wölfen zu rechnen.
Die Gesamtzahl der Wölfe im Bündnerland wurde von der Wildhut letzten Spätherbst auf mindestens 91 geschätzt. Die meisten Rudel bestanden aus fünf bis zehn Tieren.
«Im Sommer nach der Geburt der Jungtiere ist das Rudel am grössten», erklärte Arno Puorger vom Amt für Jagd und Fischerei auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Danach nehme die Rudelgrösse bis zur Geburt des nächsten Wurfs stetig ab, bedingt durch die Mortalität der Jungtiere und deren Abwanderung.
Weitläufige Streifgebiete
Das grösste Streifgebiet mit einer Fläche von 320 Quadratkilometern nimmt das Valgrondarudel in der mittleren Surselva in Anspruch. Das mit 150 Quadratkilometern kleinste Territorium bewohnt das Murchettarudel im Albulatal.
Auf ihre Streifzügen legen die Wölfe bis zu 40 Kilometer pro Tag zurück. Wie ein Blick auf die Karte zeigt werden manche Streifgebiete von wilden Bergflüssen wie dem Glenner oder dem breiteren Strom des Vorderrheins zerteilt. Gleichzeitig sind dort nur wenige Brücken vorhanden.
Davon lassen sich die Wölfe nicht aufhalten. Oftmals queren sie direkt das Gewässer, aber sie laufen auch über Brücken. Entscheidend sind Strömung und Wasserstand. «Auch Wölfe setzen sich nicht unnötig Gefahren aus», sagte Puorger.
Quer durch andere Gebiete ziehen sich um die 2500 Meter hohe Bergrücken. Auch hier beeinflusst die Witterung die Routen der Rudel.
«Vermag die Schneedecke das Körpergewicht des Wolfs zu tragen, können Wölfe auch oberhalb der Waldgrenze von einem Tal ins andere wechseln», erläuterte der kantonale Verantwortliche für Grossraubtiere. Trage die Schneedecke hingegen nicht, sei dies für Wölfe energieraubend und sie nutzten andere Möglichkeiten. Im Sommer seien «normale» Bergrücken für Wölfe überwindbar.
Wölfische Begegnungen
Strikt getrennte Gebietsgrenzen kennen die Wölfe nicht. Mittels genetischer Nachweise und GPS-Daten von besenderten Wölfen stellte die Wildhut Gebietsüberschneidungen fest, ebenso wie Ausflüge einzelner Wölfe in ein benachbartes Territorium. «Dabei spielen beispielsweise Verwandtschaftsverhältnisse eine Rolle», sagte Puorger zu Keystone-SDA.
Es komme aber auch zu aggressiven Auseinandersetzungen zwischen Wölfen unterschiedlicher Rudel. Eine endete gar tödlich. Im Januar 2021 wurde in der unteren Surselva eine erwachsene Wölfin tot aufgefunden. Das Amt für Jagd und Fischerei Graubünden geht davon aus, dass die Wölfin vom dort lebenden Rudel getötet wurde.
Die Tiere dürften mit dieser Vorgehensweise versucht haben, ihr Revier zu verteidigen, folgerte die Wildhut. Die tote Wölfin wies zwar Bissspuren auf, war aber nicht angefressen.
Drei Rudel in der Surselva
Am meisten Rudel halten sich in der weiträumigen Surselva auf. Gleich drei Wolfsgruppen streifen zwischen dem Lukmanierpass und Trin respektive Versam herum. Je ein Rudel lebt im Gebiet Domleschg-Lenzerheide, im Raum Prättigau-Schanfigg sowie auf dem weiträumigen Gebiet der Gemeinde Davos.
Gleich angrenzend zieht ein Rudel durch das Albulatal und eines durch den Surses. Zudem ist ein Rudel zwischen Münstertal und Unterengadin unterwegs und eines auf beiden Seiten des San Bernardino Passes im Mixox und im Rheinwald. Schliesslich jagt ein Rudel im Puschlav.
Wohl wieder «rudelfrei» ist das Gebiet oberhalb von Thusis zwischen Schams und Safiental. Das nach dem Piz Beverin benannte dortige Rudel ist nach Abschüssen bei der Regulation im vergangenen Winter wahrscheinlich zerfallen.
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