ItalienSüdtiroler stehen lange für Corona-Massentest an
dpa/twei
20.11.2020 - 13:54
Südtirol will mit einem dreitägigen Massentest die Corona-Welle schneller brechen. Zum Start strömen die Menschen in die Teststationen. Eine weitere Region Italiens probiert eine andere Form der Virus-Untersuchung aus – viel kleiner und noch einfacher.
In Italien sind im Anti-Corona-Kampf ein Massentest in Südtirol und ein Versuch mit einem Schnelltest für zu Hause in Venetien angelaufen. Zum Auftakt der kostenlosen Massenuntersuchung in Südtirol bildeten sich lange Schlangen vor vielen Teststationen, wie Medien am Freitag berichteten. Die kleine Alpen-Provinz mit gut einer halben Million Menschen möchte bis zum Sonntag bei rund zwei Drittel der Bürger einen Abstrich machen. Der Antigen-Schnelltest ist freiwillig. Schon seit Wochenbeginn läuft im norditalienischen Venetien ein Versuch mit Corona-Testsets für den Hausgebrauch.
Die Landesregierung in Bozen will mit der dreitägigen Aktion unter dem Motto «Südtirol testet» Virusträger aufspüren, die nichts von ihrer Infektion ahnen. Sie gelten als gefährliche Ansteckungsquelle. So soll die zweite Corona-Welle schneller gebrochen werden. Italien war in der ersten Welle im Frühjahr heftig getroffen worden. Nach einer Erholung im Sommer sind die Ansteckungszahlen jetzt wieder hoch.
Landeshauptmann Arno Kompatscher hatte die Bürger mehrfach zur Teilnahme aufgerufen. Die Provinz Bozen-Südtirol hofft, dass bis zum Sonntag etwa 350'000 Menschen teilnehmen. Wer ein positives Ergebnis bekommt, aber beschwerdefrei ist, soll sich zehn Tage zu Hause isolieren. Mitmachen können Männer, Frauen sowie Kinder ab fünf Jahren. Es gibt knapp 200 Teststandorte.
Ergebnisse schon nach einer halben Stunde
Das jeweilige Resultat soll nach spätestens einer halben Stunde vorliegen. Die Bürger können es sich per E-Mail oder Kurzmitteilung aufs Handy schicken lassen. Auf einer Internetseite veröffentlichten die Behörden erste Ergebnisse: Danach gab es bis Freitag 10 Uhr mehr als 24'000 Teilnehmer. Fast 600 Menschen wurden positiv getestet. Das Virus-Screening war ausserdem auch in Betrieben, Arztpraxen und Apotheken möglich. An diesen drei Orten hatte das Testprogramm schon kurz vorher begonnen. Und es läuft drei Tage länger.
Die Autonome Provinz gehört in Italien wegen der hohen Corona-Zahlen zu den Roten Zonen mit besonders strengen Ausgangsbeschränkungen. Die Menschen sollen ihre Häuser nur verlassen, wenn sie etwa zur Arbeit, zum Arzt oder zum Einkaufen müssen. Am Donnerstag hatten die Behörden dort rund 700 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden registriert.
Der Erfolg eines solchen Massentests hängt nach Einschätzung des Experten Stephan Ortner stark von der Teilnahmequote ab. Wie der Direktor des Eurac Research Zentrums in Bozen erläuterte, kann ein gut organisierter Test mit hoher Beteiligung so gut «wie ein totaler Lockdown von vielen Wochen» wirken. Ein starker Erfolg sei möglich bei einer Quote ab 70 Prozent, wie Studien seines Instituts zeigten. In einem grossen Staat, etwa in ganz Italien oder Deutschland, lasse sich so ein freiwilliger Test aber wohl nicht in ähnlicher Weise durchführen, meinte er. In einzelnen Bundesländern jedoch schon.
Massentests alleine reichen nicht
Andere Stimmen wiesen darauf hin, dass für den langfristigen Erfolg von Massentests auch der Einsatz einer Corona-App und grosse Datenverarbeitungskapazitäten wichtig seien. Ende Oktober hatte bereits die Slowakei einen grösseren Corona-Massentest gestartet. Daran beteiligten sich mehrere Millionen Menschen.
In der Region Venetien startete Anfang der Woche der Probelauf mit den Do-It-Yourself-Tests. Die Test-Tüten enthalten ein Stäbchen, das in die Nase gesteckt wird, und ein Kontroll-Röhrchen für die Probe. Regionalpräsident Luca Zaia hatte die Funktionsweise in einen Video vorgeführt.
Die Region will zunächst rund 5000 der Antigen-Test-Kits ausgeben. Die Studie soll einen Monat laufen. Parallel werden in dieser Phase an denselben Menschen klassische Abstriche vorgenommen, die im Labor untersucht werden. Im Anschluss soll der Eigentest dem nationalen Gesundheitsinstitut ISS zur Zulassung vorgelegt werden. Das Produkt könnte dann für wenige Euro etwa in Apotheken verkauft werden.