DrogenberichtRauschgifthandel trotzt Coronakrise – Gefährliche Drogen auf dem Vormarsch
SDA/afp/twei
22.9.2020
Zahlreiche Branchen leiden unter der Coronakrise – nicht aber der Drogenhandel. Besonders online boomt das Geschäft. Bei der beschlagnahmten Menge Kokain wurde sogar ein Rekord aufstellt.
Der Drogenhandel in Europa ist durch die Corona-Pandemie kaum beeinträchtigt worden. Der Strassenhandel habe wegen der Corona-Beschränkungen zwar abgenommen, heisst es im am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA).
Konsumenten und Dealer hätten sich jedoch zunehmend dem Handel im Darknet, in Online-Netzwerken und via Heimlieferungen zugewandt. Zudem wurde im Untersuchungszeitraum 2018 so viel Kokain in Europa beschlagnahmt wie noch nie.
2018 wurden europaweit 181 Tonnen Kokain sichergestellt – rund 40 Tonnen mehr als im Vorjahr. Dies deute auf eine «hohe Verfügbarkeit» von Kokain auf dem europäischen Markt hin, heisst es in dem Bericht. Zudem scheine die Droge zunehmend auch in Ländern verfügbar zu sein, in denen sie früher nicht üblich war. Bei Heroin sei derweil ein Anstieg der beschlagnahmten Menge von 5,2 (2017) auf 9,7 Tonnen (2018) registriert worden.
In diesen europäischen Städten wird am meisten Kokain konsumiert
In diesen europäischen Städten wurde 2017 am meisten Kokain konsumiert
Jahr für Jahr gibt die Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht ein Ranking der Orte raus, in denen am meisten Kokain konsumiert wird. 60 Städte schicken der EU-Agentur dafür Abwasser: Kokain-Abbauprodukte lassen einen Rüsckschluss auf die Menge zu.
Bild: keystone
2017 ist Barcelona der offizielle Schneekönig Europas: Der Konsum liegt bei o,97 Gramm pro 1000 Einwohner täglich.
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Damit liegt die katalanische Stadt eine Nasenlänge vor Zürich, das auf 0,93 Gramm pro 1000 Einwohner täglich.
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Antwerpen komtm auf 0,82 Gramm pro 1000 Einwohner täglich.
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St. Gallen erreicht ebengfalls einen Wert von 0.82 Gramm pro 1000 Einwohner täglich.
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0,79 Gramm pro 1000 Einwohner täglich: Platz fünf geht an Genf.
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Bristol folgt mit0,75 Gramm pro 1000 Einwohner täglich.
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Amsterdam kommt auf 0.73 Gramm pro 1000 Einwohner täglich.
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Basel liegt mit 0,56 Gramm pro 1000 Einwohner täglich noch vor ....
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... Bern, das auf 0,53 Gramm pro 1000 Einwohner täglich.
Dortmung rundet mit 0,46 Gramm pro 1000 Einwohner täglich die Top Ten ab.
Neue Drogen auf dem Vormarsch
Im laufenden Corona-Jahr 2020 deuten die Menge der beschlagnahmten Drogen und Geheimdienstinformationen den Experten zufolge nicht auf eine «unmittelbare grössere Störung» des Drogenhandels hin. Auch die Herstellung synthetischer Drogen und der Anbau von Cannabis scheinen durch die Pandemie «nicht ernsthaft beeinträchtigt worden zu sein».
Man müsse unter anderem befürchten, dass «einige der betroffenen Gruppen im Zuge der wirtschaftlichen Folgen der (Corona)Krise anfälliger für Drogen und eine Involvierung in den Drogenmarkt werden», sagte EMCDDA-Direktor Alexis Goosdeel bei der Vorstellung des Berichts. Das werde «unsere bereits ausgelasteten Einrichtungen noch stärker unter Druck setzen». Man müsse deshalb «rasch handeln, um neue Bedrohungen zu erkennen und zu bewältigen», forderte der Belgier.
Die Nachfrage nach Drogen, die gewöhnlich in sozialem Kontext genommen werden, wie MDMA und Kokain, nahm aber während der Coronakrise ab. Allerdings seien neuere Drogen wie die psychoaktiven Benzodiazepine stärker nachgefragt worden – «möglicherweise zum Teil bedingt durch den Mangel an etablierteren Drogen».
Corona bewirkt langfristige Änderungen im Drogenhandel
Die organisierte Kriminalität habe «ihre modi operandi» schnell an die Corona-Pandemie «angepasst», so der Befund der Experten. Der Schmuggel per Flugzeug habe nachgelassen, der Handel per Schiff sei hingegen auf gleichbleibendem Niveau geblieben.
«Die Ereignisse des Jahres 2020 werden wahrscheinlich langfristige Auswirkungen auf die künftigen Herausforderungen im Drogenbereich haben», heisst es in dem Bericht. Die Experten befürchten demnach, dass kriminelle Banden ihre Ware zunehmend in legalen Lieferungen verstecken und vermehrt Schiffsverbindungen und grosse Häfen für ihren Schmuggel nutzen.