Maassen, Weidel und die SVPDeutsche Rechtspopulisten knüpfen ihr Netz auch in der Schweiz
tafi
28.2.2024
Politiker und Protagonisten vom rechten Rand in Deutschland und der Schweiz rücken enger zusammen: Sie schaffen ein grenzüberschreitendes Netzwerk. Geld spielt auch eine Rolle.
tafi
28.02.2024, 20:40
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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Rechtskonservative Kräfte aus Deutschland und der Schweiz spannen immer häufiger zusammen.
Deutsche Politiker von Parteien wie der AfD und der Werteunion suchen und finden den Kontakt unter anderem zu Figuren der SVP.
Ideen werden grenzübergreifend erörtert und beklatscht.
SVP-Doyen Christoph Blocher hatte sich noch 2016 gegen eine Zusammenarbeit mit anderen europäischen Rechten ausgesprochen – und die deutsche rechtsextreme Partei AfD weitgehend ignoriert. Damals wollte er in der SRF-«Arena» nicht direkt neben Alexander Gauland sitzen, dem heutigen Ehrenvorsitzenden der AfD.
Doch die Zeiten haben sich geändert, die Rechtskonservativen in Deutschland und in der Schweiz sind enger zusammengerückt. Das schreibt das digitale Magazin «Republik».
Immer wieder kam es zuletzt zu Treffen von SVP-Politikern mit Protagonisten des politischen Rechtsaussen-Spektrums aus Deutschland, mal öffentlich und mal weniger öffentlich. So hat sich Ueli Maurer, noch kein Jahr als Bundesrat zurückgetreten, im Oktober 2023 in einem Berggasthof in Einsiedeln SZ mit Alice Weidel getroffen: zu einem politischen Austausch mit der Co-Vorsitzenden der AfD, wie er einen Sprecher später verlautbaren liess.
Für die «Republik» ist dieses Treffen das sichtbarste Zeichen der Annäherung zwischen der AfD und der SVP, zwischen den Rechtspopulisten Deutschlands und der Schweiz. Weidel, die mit ihrer Partnerin in der Schweiz wohnt, tauchte 2023 auch am Albisgüetli-Treffen der SVP auf und wurde auf dem Sommerfest der «Weltwoche» des ehemaligen SVP-Nationalrats Roger Köppel gesichtet.
Ex-Verfassungsschützer zieht nach rechts aussen
Seidels AfD ist jedoch nicht die einzige Kraft, die in der politischen Landschaft Deutschlands die rechte Seite bespielt. Zuletzt trat dort die Werteunion vermehrt in Erscheinung. Einst ein inoffizieller Verein, der die konservativen Werte der CDU vertreten wollte, hat sich die Werteunion Mitte Februar als eigenständige Partei gegründet.
Vorsitzender ist Hans-Georg Maassen. Bis 2018 Chef des deutschen Verfassungsschutzes, wird Masssen von seinem ehemaligen Arbeitgeber inzwischen selbst genau beobachtet: Die über ihn gesammelten Informationen werden in der Kategorie «Rechtsextremismus» gespeichert.
Die CDU-Führung wirft Maassen eine «Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen» vor. Mitglieder der Werteunion nahmen auch am Potsdamer Treffen statt, bei dem der österreichische Rechtsradikale Martin Sellner seinen Plan von einer millionenfachen «Remigration» erläuterte, mit dem «Asylanten, Nicht-Staatsbürger und nicht assimilierte Staatsbürger» ausgeschafft werden sollen.
Die Schweiz: ein sicherer Hafen fürs rechte Geld
Maassen pflegt enge Kontakte in die Schweiz. Er ist regelmässiger Gastautor von Köppels «Weltwoche» und war laut «Republik» Gastredner bei einer Veranstaltung der Rechtsaussen-Partei «Aufrecht» im August 2023 in Kloten. Dort schimpfte er über die «Klimasekte» und ihre «bolschewoke Bewegung»: Die Rede ist noch immer auf Youtube zu sehen.
In der Schweiz fühlt sich Maassen aber noch in anderer Hinsicht wohl: Sie ist ein sicherer Hafen fürs Geld. Seit Juli 2021 ist in Zug die «Atlantis Stiftung» eingetragen. Präsident des Stiftungsrates ist: Hans-Georg Maassen.
Die Stiftung soll sich laut Eintrag im Handelsregister «die Vermittlung von demokratischer Kultur und von Massnahmen gegen Extremismus und Totalitarismus zum Anliegen machen». Oder dem, was Maassen dafür hält.
Auf seiner Website erklärt er, dass die Stiftung aufgrund des einfacheren Stiftungsrechts in der Schweiz gegründet wurde. In einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» wird Maassen präziser: «Ich mache mir sehr grosse Sorgen um die Lage der Menschenrechte und des Rechtsstaats in Deutschland. Dass es mit Deutschland bachab geht, wird ja jetzt sogar in der Schweiz berichtet. Und da ist es gut, wenn man in einem anderen Rechtsraum eine derartige Stiftung hat.»
Als Navigator im Rechtsraum Schweiz steht Masssen eine bekannte Figur der SVP zur Seite: Claudio Zanetti sass für die Schweizerische Volkspartei von 2015 bis 2019 im Nationalrat. Seit er die Wiederwahl verpasste, äussert er sich vornehmlich über das soziale Netzwerk X. In der «Atlantis Stiftung» fungiert Zanetti als stellvertretender Stiftungsdirektor. Er hält Maassen für eine «honorige Persönlichkeit» und die Stiftung für «eine sehr intellektuelle Sache».
«Parteien abschaffen»: Zanetti findet's nicht verwerflich
Maassen ist nicht Zanettis einziger Kontakt zu Rechtspopulisten in Deutschland (und Österreich). So hat er enge geschäftliche Verbindungen zum selbst ernannten «Zentrum zur Aufarbeitung, Aufklärung, juristischen Verfolgung und Verhinderung von Verbrechen gegen die Menschheit» (ZAAVV) mit Wiener Adresse im Impressum der Website.
Der Verein wurde von einem deutschen «Querdenker»-Anwalt gegründet und will dafür sorgen, dass Politiker, Juristen, Ärzte und Abgeordnete in Deutschland wegen der Corona-Massnahmen juristisch verfolgt werden. «Nürnberg 2.0» nennt das ZAAVV dieses Ziel.
Verbindungen zum ZAAVV hat auch Lars Hünich. Der ostdeutsche AfD-Politiker gibt mit radikalen politischen Ansichten zu reden: «Wenn wir morgen in einer Regierungsverantwortung sind, dann müssen wir diesen Parteienstaat abschaffen.»
Während der Verfassungsschutz im deutschen Bundesland Brandenburg ob der Parallelen zur «Machtergreifung» der Nationalsozialisten 1933 alarmiert ist, findet Zanetti auf Anfrage der «Republik» an dieser Aussage «nicht das Geringste verwerflich oder auch nur fragwürdig».
Blocher wird keine Albisgüetli-Rede mehr halten
Ab kommendem Jahr wird es keine Albisgüetli-Rede mit alt Bundesrat Christoph Blocher mehr geben. «Meine Redezeit ist abgelaufen», sagte er am Freitag vor rund 1000 SVP-Mitgliedern.
Nach dieser Ankündigung stimmte er ein Lied an, mit der Melodie des «Schacher Seppli». Den Text hatte er allerdings leicht abgewandelt. «Ich bin de Blocher Stöffeli».
Auch wenn er sich nicht mehr auf die Bühne stellen werde, wolle er aber dennoch weiterkämpfen. «Solange ich noch kann.»