Tumulte in Sri LankaDie Flucht des Präsidenten endet in der VIP-Lounge
AFP, gbi
12.7.2022
Peinliche Situation: Der einst mächtige Präsident von Sri Lanka will das krisengeschüttelte Land verlassen. Die Flucht scheiterte jedoch an einem banalen Grund – dem Widerwillen des Flughafenpersonals.
AFP, gbi
12.07.2022, 17:19
12.07.2022, 17:21
AFP, gbi
Gotabaya Rajapaksa dürfte die unbeliebteste Person in Sri Lanka sein. Während Wochen gingen in dem 22-Millionen-Staat die Massen auf die Strasse, um seinen Rücktritt zu erzwingen. Alle Durchhalteparolen des Präsidenten verhallten ungehört: Als am Wochenende eine wütende Menge seinen Amtssitz in Colombo stürmte, blieb dem Staatschef nur die Flucht.
Nur: Weit ist Rajapaksa nicht gekommen. Wie der Nachrichtensender CNN und die Nachrichtenagentur AFP berichten, blieben der Präsident und seine Familie am Montag am internationalen Flughafen von Colombo hängen.
Ein hochrangiger Militärangehöriger erklärte CNN, wo das Problem lag: Der unbeliebte Präsident weigerte sich demnach, sich in die Warteschlange einzureihen, um seinen Pass abstempeln zu lassen. Er habe befürchtet, von anderen Wartenden angepöbelt zu werden. Stattdessen hätten Angestellte 15 Pässe von Rajapaksa und seinen Angehörigen an den Schalter gebracht. Doch die Angestellten der Einwanderungsbehörde weigerten sich, die Pässe abzustempeln, da deren Inhaber nicht persönlich anwesend waren.
Der Flug nach Dubai hob um 18:25 Uhr (Ortszeit) am Ende ohne den Familienclan ab. Am genau gleichen Problem scheiterte CNN zufolge auch die Ausreise nach Abu Dhabi ein paar Stunden später.
Die Nachrichtenagentur AFP schildert den Sachverhalt gleich: Die Situation sei für den einst mächtigen Staatschef erniedrigend gewesen. Der 73-Jährige habe in der VIP-Lounge des Flughafens vergeblich darauf gewartet, dass ihm die Ausreise genehmigt wird.
Rücktritt für Mittwoch angekündigt
Beobachter vermuteten, dass Rajapaksa durch eine rasche Ausreise einer Festnahme entgehen wollte. Solange er noch Präsident ist, geniesst er Immunität vor Strafverfolgung. Eigentlich hat er angekündigt, am Mittwoch seinen Rücktritt zu erklären. Auch Regierungschef Ranil Wickremesinghe bot seinen Rückzug vom Amt an.
Die Demonstranten halten den Präsidentenpalast weiterhin besetzt. Sie wollen bleiben, bis Rajapaksa seinen Ankündigungen auch wirklich Taten folgen lässt.
Die Stimmung dort ist örtlichen Journalisten zufolge gut: Seit Samstag geniessen die Besetzer den Swimmingpool, den Fitnessraum und andere Annehmlichkeiten der Häuser. Ganze Familien essen dort mitgebrachtes Essen und singen zusammen, wie unter anderem auf Livestreams aus den Gebäuden zu sehen ist. In der Nähe stationierte Truppen unternahmen zuletzt keine Versuche, die Menschen aus den Residenzen zu treiben.
Sri Lanka: Pool-Party im Präsidentenpalast
Die Demonstranten in Sri Lanka halten weiter den Präsidentenpalast in Colombo besetzt. Sie wollen sich erst zurückziehen, wenn Gotabaya Rajapaksa tatsächlich wie angekündigt am Mittwoch zurücktritt.
11.07.2022
Ausgelöst worden waren die Massenproteste gegen die Regierung vor allem durch die schwere Wirtschaftskrise des südasiatischen Inselstaates. Die Regierung war zuletzt nicht mehr in der Lage, die wichtigsten Importe wie Lebensmittel, Treibstoff und Medikamente zu finanzieren. Inzwischen hat Sri Lanka den Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie Russland um Hilfe gebeten.