Krise verschärft sich Sri Lankas Wirtschaft ist offiziell am Ende

dpa

22.6.2022 - 17:54

Wütende Bürger*innen demonstrieren in der Hauptstadt Colombo gegen die Regierung.
Wütende Bürger*innen demonstrieren in der Hauptstadt Colombo gegen die Regierung.
Bild: EPA

Sri Lanka kann keinen Kraftstoff mehr importieren, Lebensmittel und Strom sind schon länger knapp. Die letzte Hoffnung des Regierungschefs ruht jetzt auf dem Internationalen Währungsfonds. 

22.6.2022 - 17:54

Die seit Langem schwelende Krise in Sri Lanka verschärft sich weiter. Der Ministerpräsident hat am Mittwoch den vollständigen Zusammenbruch seiner Wirtschaft gemeldet. Ranil Wickremesinghe sagte vor dem Parlament, die Probleme gingen über eine Knappheit von Treibstoff, Gas, Strom und Lebensmitteln weit hinaus. «Unsere Wirtschaft ist völlig zusammengebrochen.»

Wickremesinghe, der auch Finanzminister des Landes ist, erklärte, aufgrund der hohen Schulden der einheimischen Erdölgesellschaft könne kein Kraftstoff mehr importiert werden, auch nicht gegen eine Barzahlung. «Derzeit ist die Ceylon Petroleum Corporation mit 700 Millionen Dollar verschuldet», sagte er den Abgeordneten. «Infolgedessen ist kein Land und keine Organisation in der Welt bereit, uns Treibstoff zu liefern. Sie zögern sogar, Kraftstoff gegen Bargeld zu liefern.»

Die Regierung habe die Chance verpasst, das Blatt noch zu wenden, als die Devisenreserven zur Neige gegangen seien. «Hätte man zu Beginn zumindest Schritte unternommen, um den Zusammenbruch der Wirtschaft zu verlangsamen, wären wir heute nicht in dieser schwierigen Situation. Aber wir haben diese Chance verpasst. Wir sehen jetzt Anzeichen für einen möglichen totalen Absturz.»

Indien kann auch nicht weiterhelfen

Sri Lanka hat sich vor allem mit Hilfe von Krediten in Höhe von vier Milliarden Dollar aus dem Nachbarland Indien über Wasser gehalten. Wickremesinghe sagte jedoch, Indien werde nicht in der Lage sein, Sri Lanka allzu lange zu unterstützen. Der Internationale Währungsfonds sei nun die einzige Option für das Land. Vertreter des IWF halten sich derzeit in Sri Lanka auf, um über ein Rettungspaket zu verhandeln.

Sri Lanka leidet nicht nur unter hohen Schulden. Zudem fehlen wegen der Corona-Pandemie wichtige Einnahmen aus dem Tourismus, während die Rohstoffpreise weltweit steigen. Die Weltbank sagte Sri Lanka zwischen 300 Millionen und 600 Millionen Dollar für den Kauf von Medikamenten und anderen lebenswichtigen Gütern zu.

Obwohl die Krise in Sri Lanka als die schlimmste der jüngeren Vergangenheit gilt, nannte Wickremesinghe in seiner Rede keine konkreten neuen Entwicklungen. Er wollte offenbar seinen Kritikern und den Abgeordneten der Opposition verdeutlichen, dass er eine schwierige Aufgabe von seinen Vorgängern geerbt hat, die nicht schnell gelöst werden kann.

Die Abgeordneten der beiden grössten Oppositionsparteien des Landes boykottieren in dieser Woche das Parlament. Sie protestieren damit gegen Wickremesinghe, der vor gut einem Monat das Amt des Regierungschefs übernahm, aber ihrer Ansicht nach seine Versprechen zur Sanierung der Wirtschaft nicht einhielt.

dpa