Ukrainische First Lady«Ich wusste, dass mein Mann in Kiew bleibt»
dpa/uri
18.10.2022
Die ukrainische First Lady Olena Selenska versucht, ihrer Familie auch im Krieg so viel Normalität wie möglich zu geben. Das erweise sich jedoch als schwierig, da sich das Leben kaum länger als wenige Minuten planen lasse.
dpa/uri
18.10.2022, 08:42
18.10.2022, 10:50
dpa/uri
Für die ukrainische Präsidentengattin Olena Selenska war immer klar, dass ihr Mann Wolodymyr in dem russischen Angriffskrieg auf seinem Posten bleibt. «Ich wusste von Anfang an, dass er Kiew nicht verlassen wird», sagte Selenska «Bild» am Montag in Kiew. «Wenn ein Land im Krieg ohne Führung bleibt, dann wird es erschüttert.»
Selenskyj hatte trotz wohlgemeinter Ratschläge seine Hauptstadt nach dem 24. Februar nicht verlassen; dies gilt als wichtige Weichenstellung im Widerstand gegen die russische Invasion. Damals wie heute trachteten russische Spezialkräfte ihm nach dem Leben, sagte Selenska. «Ich versuche, nicht darüber nachzudenken.»
Frühstück unter Beschuss
Sie selbst sehe ihren Mann «manchmal bei der Arbeit im Büro». Aber die Familie sei «im Alltag getrennt». Auch Tochter Oleksandra (18) und Sohn Kyrylo (9) sähen ihren Vater nur selten. «Er fehlt den Kindern», erklärt Selenska.
Auch wenn eine Routine in Kriegszeiten nicht möglich sei, da man «das Leben nicht länger als für einige wenige Minuten planen» könne, versuche sie, ihren Kindern möglichst viel Normalität zu bieten.
So habe sie am gestrigen Montag ihren Wecker auf 6:30 Uhr gestellt, sei aber um 6:17 Uhr aufgrund des Raketenalarms und anschliessender Explosionen aufgewacht, wie sie der «Bild»-Zeitung sagte. Daraufhin sei sie mit ihren Kindern schnellstmöglich in den Keller gegangen, habe diesen jedoch selbst rasch wieder verlassen: «Aber Kinder müssen etwas essen, also bin ich hochgegangen und habe Frühstück vorbereitet.»
Verteidigung des Vogue-Shootings
Laut Selenska kämen die Kinder besser als die Erwachsenen mit den regelmässigen Drohnen- und Raketen-Angriffe zurecht: «Das klingt schrecklich, aber die Kinder gewöhnen sich schneller daran als die Erwachsenen.»
Ihr Sohn Kyrylo zeige auch keine Angst, in die Schule zu gehen: «Seine Freunde und Mitschüler sind da. Er will in die Schule.» Am gestrigen Montag sei er bei den russischen Angriffen jedoch zu Hause geblieben. «Für mich ist es ruhiger, wenn ich ihn neben mir sehe.»
Selenska verteidigte auch ihr umstrittenes «Vogue»-Shooting vom Sommer. Starfotografin Annie Leibovitz hatte sie dafür für das Cover der Modezeitschrift unter anderem hochästhetisch vor Kriegskulisse in Szene gesetzt. «Ich habe das Recht, da zu stehen und meine Gefühle auszudrücken», erklärte Selenska zu den Aufnahmen. Das habe ihrer «Stimme mehr Kraft gegeben in einer Zeit, in der es nötig war».
First Lady der Ukraine im Weissen Haus empfangen
US-Präsident Joe Biden und First Lady Jill Biden haben die ukrainische Präsidentengattin Olena Selenska im Weissen Haus empfangen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erhofft sich von dem Treffen noch mehr Hilfe für sein Land.