Angriff auf russisches KriegsschiffDie ukrainische Taktik im Schwarzen Meer geht zunehmend auf
afp/toko
27.12.2023
Ukraine greift Krim-Hafen Feodossija an
Laut Angaben der ukrainischen Luftwaffe wurde ein grosses russisches Marineschiff dabei zerstört. Russland räumte Schäden an dem Landungsschiff Nowocherkask ein.
26.12.2023
Mit dem Angriff auf ein russische Kriegsschiff ist der Ukraine einmal mehr ein Erfolg im Schwarzen Meer gelungen. Wie es Kiew gelingt, ohne eigene Kriegsschiffe der russischen Marine die Stirn zu bieten.
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27.12.2023, 00:00
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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Ein Kriegsschiff der russischen Schwarzmeerflotte wurde nach ukrainischen Angaben im Hafen von Feodossija auf der Krim-Halbinsel beschossen und zerstört. Der Kreml spricht hingegen lediglich von Schäden.
Zudem ist es den Ukrainern gelungen, im südlichen Teil des Schwarzen Meers einen Schiffahrtskorridor für den Getreideexport zu öffnen und zu halten.
Das Schwarze Meer ist unerlässlich für den ukrainischen Getreideexport und zugleich strategisch extrem wichtig für Russland.
Ein ukrainisches Patrouillenboot verlässt den Hafen der Schwarzmeer-Stadt Odessa, ein regelmässiges Angriffsziel der russischen Armee. Am Bug steht ein Angehöriger der ukrainischen Küstenwache mit einem Stinger-Raketenwerfer auf der Schulter und beobachtet den Himmel. Das Patrouillenboot ist Teil der Strategie Kiews, die russische Militärflotte von der ukrainischen Küste fernzuhalten.
Am Dienstag meldete die ukrainische Armee einen neuen Erfolg in der Region: Ein Kriegsschiff der russischen Schwarzmeerflotte wurde demnach beschossen und zerstört. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sprach von «Schäden», die das Landungsschiff «Nowotscherkassk» durch einen ukrainischen Angriff im Hafen von Feodossija auf der von Russland annektierten Krim-Halbinsel erlitten habe.
Trotz der vermeintlichen Überlegenheit der russischen Flotte und ungeachtet russischer Angriffsdrohungen ist es den Ukrainern gelungen, im südlichen Teil des Schwarzen Meers einen Schiffahrtskorridor für den Getreideexport zu öffnen und zu halten. «Dies ist bemerkenswert, weil die Ukraine praktisch nicht über Kriegsschiffe verfügt», urteilten zwei US-Experten kürzlich auf der Website «DefenseNews».
Für die Ukraine ist es der einzige grössere militärische Erfolg in diesem Jahr, in dem die Frontlinie trotz einer ukrainischen Gegenoffensive nahezu unverändert blieb. Nach den Worten des ukrainischen Marinesprechers Dmytro Pletentschuk befindet sich Russland im Schwarzen Meer inzwischen «in der Defensive», im Gegensatz zur «arroganten Präsenz vor der Küste» zu Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022. Damals hatte Moskau Kiew de facto den Zugang zum Schwarzen Meer verwehrt.
Schwarze Meer unerlässlich für ukrainischen Getreideexport
Das Schwarze Meer ist unerlässlich für den ukrainischen Getreideexport und zugleich strategisch extrem wichtig für Russland. Die im Norden des Binnenmeeres gelegene und 2014 von Moskau annektierte ukrainische Halbinsel Krim ist für Moskau sowohl zur Versorgung seiner Truppen in der Ukraine als auch für seine Angriffe auf das Nachbarland von entscheidender Bedeutung.
Seit Moskau im August aus einem internationalen Abkommen zum Getreideexport ausgestiegen ist, ist es für die Ukraine umso wichtiger, das Schwarze Meer zu kontrollieren. Kiew hat zudem seine Angriffe auf russische Militäreinrichtungen auf der Krim verstärkt. Ein spektakulärer ukrainischer Angriff auf das Hauptquartier der russischen Flotte in Sewastopol im September zwang Moskau dazu, seine Schiffe weiter Richtung Osten zu verlegen.
«Spielregeln grundlegend verändert»
«Unsere Anti-Schiffs-Raketensysteme haben die Spielregeln grundlegend verändert», sagt Pletentschuk. Dabei handelt es sich um «Harpoon»-Raketen aus US-Produktion und die in der Ukraine produzierten «Neptun»-Geschosse, beide mit einer Reichweite von rund 300 Kilometern.
Pletentschuk zufolge hat die Ukraine auch eine neue, streng geheime Brigade aufgestellt, die auf den Einsatz von See- und Unterwasser-Drohnen zur Minenräumung, Aufklärung und für Angriffe auf russische Ziele spezialisiert ist. Damit hätten die Ukrainer seit Beginn der Invasion zwölf russische Schiffe zerstört und 22 weitere beschädigt, betont der Marinesprecher.
Der ukrainische Geheimdienst hat nach eigenen Angaben «einzigartige» Marinedrohnen entwickelt, die selbst bei mässigem Sturm eine 800 Kilogramm schwere Sprengladung bis zu 800 Kilometer weit transportieren können. Diese «Sea Baby» getauften Drohnen seien vor allem beim Angriff auf die Brücke zwischen der Krim und Russland im Juli eingesetzt worden, sowie bei erfolgreichen Angriffen auf zehn russische Schiffe seit Oktober 2022.
Zehn Millionen Tonnen Getreide exportiert
Die ukrainische Küstenwache und die Seestreitkräfte der Ukraine kontrollieren rund 200 Kilometer Küstenlinie und die Häfen Piwdenny, Odessa und Tschornomorsk sowie Ismail und Reni an der Donau weiter südlich. Und trotz russischer Drohungen gegen die Zivilschifffahrt in der Region und der «systematischen Angriffe auf die Hafeninfrastruktur» konnte die Ukraine seit August nach Angaben von Infrastrukturminister Oleksandr Kubrakow zehn Millionen Tonnen Getreide durch den Schifffahrtskorridor exportieren.
Auf dem Patrouillenboot der ukrainischen Küstenwache entdeckt die Besatzung durchs Fernglas ein Frachtschiff, das nach dem Passieren der bulgarischen und rumänischen Küsten in ukrainische Hoheitsgewässer eingelaufen ist. Grenzschutzbeamte in Kampfausrüstung bereiten sich darauf vor, an Bord zu gehen, um nach Waffen, Munition und Sprengstoff zu suchen, wie Oleksandr Jakowenko, Assistent des Küstenwachekommandeurs in Odessa erklärt.
Nach Abschluss der Inspektion verlassen die Männer den Frachter über eine kleine Strickleiter, die direkt am Rumpf angebracht ist und im Wellengang schwankt. Laut Jakowenko hat die Einheit seit Jahresbeginn mehr als 2200 Schiffe inspiziert. Ein fittes, gut trainiertes Team könne etwa 15 Schiffe pro Tag schaffen - trotz der ständigen Gefahr russischer Angriffe.