Closeup US-Wahlen Ein Autohändler zeigt, «wie echte Amerikaner aussehen»

Von Rene Sollberger, Kingman

17.10.2020

Das Autohaus der Familie Dunton in Kingman, Arizona, verkauft den amerikanischen Traum. Die Sprüche am Schaufenster schrecken keine Kunden ab. Die Kleinstadt wählt republikanisch, in der Regel mit einer Mehrheit von 75 bis 80 Prozent.
Das Autohaus der Familie Dunton in Kingman, Arizona, verkauft den amerikanischen Traum. Die Sprüche am Schaufenster schrecken keine Kunden ab. Die Kleinstadt wählt republikanisch, in der Regel mit einer Mehrheit von 75 bis 80 Prozent.
René Sollberger

Scott Dunton bewundert Donald Trump. Er unterstreicht dies mit Sprüchen am Schaufenster seines Autogeschäfts in Kingman. Was in der Schweiz undenkbar wäre, weil es Kunden abschrecken könnte, ist in Arizona eine Randnotiz, die vor allem Touristen auffällt.

Meine Reisen kreuz und quer durch die USA führen mich regelmässig nach Kingman. Die Kleinstadt liegt an der legendären Route 66 im Herzen von Arizona und hat 30'000 Einwohner. An Kingman kommt man nicht vorbei, wenn man von Las Vegas oder von der Westküste Kaliforniens zum Grand Canyon will.

Die historische Route 66 verläuft im alten Teil der Stadt auf der Andy Divine Avenue. Dort verkauft der Autohändler Dunton Motors an bester Lage seine «Dream Machines» – aufwendig restaurierte US-Schlitten aus längst vergangenen Zeiten. Den Laden gibt es seit 1946. Die Familie Dunton lebt seit den 1920er-Jahren im Ort – das ist im Wilden Westen unendlich lange.

Restauriertes Mercury 1973 Cougar XR7 Cabrio, 8 Zylinder, 5.6 Liter, bei Dunton Motors in Kingman für 27'000 Dollar zu haben.
Restauriertes Mercury 1973 Cougar XR7 Cabrio, 8 Zylinder, 5.6 Liter, bei Dunton Motors in Kingman für 27'000 Dollar zu haben.
Dunton Motors

Es ist ein sehr spezieller Autohändler, nicht nur mit Blick auf sein Angebot. Am Schaufenster prangen eindeutige politische Sprüche, jetzt gerade: «God bless America, President Trump and Family – Save America 2020».

Anspielung auf Bill Clintons Oral-Sex

Ich kann mich erinnern, dass vor vier Jahren ein eindeutiger (und eindeutig zweideutiger) Spruch aufgemalt war, als Hillary Clinton gegen Donald Trump im Rennen war: «Hillary sucks, but not as good as Monica.» Ein Spruch tief unter der Gürtellinie – und das im prüden Amerika: Es ist eine schamlose Anspielung auf die Lewinsky-Affäre des damaligen Präsidenten Bill Clinton und der Praktikantin Monica Lewinsky im 1998. «Sucks» steht auf Englisch sowohl für «nervt» als auch «lutscht».

Scott Dunton (69), Lokalmatador in Kingman, Arizona: «Lasst uns zeigen, wie echte Amerikaner aussehen!»
Scott Dunton (69), Lokalmatador in Kingman, Arizona: «Lasst uns zeigen, wie echte Amerikaner aussehen!»
Chambers Realty Group

Der 69-jährige Besitzer, Scott Dunton, macht keinen Hehl aus seiner Bewunderung für den Präsidenten. Er findet auch die sogenannten «WalkAway»-Märsche der Trump-Fans als Protest gegen die landesweiten Anti-Trump-Kundgebungen grossartig. Die rechtskonservative Bewegung «WalkAway» entstand vor zwei Jahren und soll Menschen dazu bringen, sich «von der Linken abzuwenden, von all den Lügen und Fake News».

«Echte Amerikaner»

Im Fokus: US-Wahlen 2020

Amerika wählt: «blue News» begleitet die heisse Phase des Duells um das Weisse Haus nicht nur mit dem Blick aus der Schweiz, sondern auch mit Berichten von Schweizer Journalisten, die in den USA leben. Trump oder Biden? Am 3. November wird gewählt – nicht nur der Präsident, sondern auch ein Drittel des Senats, das komplette Repräsentantenhaus sowie in elf Staaten der Gouverneur.

Dunton ruft in den sozialen Netzwerken dazu auf, künftig jeden Freitag um 17 Uhr auf die Strasse zu gehen: «Jeder Amerikaner, der sein Land und Präsident Trump liebt, sollte bei diesen friedlichen Protesten mitmachen», sagt er. An den «Freedom Fridays» sollten die Bürger zu den Polizeiposten und den Büros der Sheriffs gehen, um für die Durchsetzung von Recht und Ordnung zu demonstrieren und für Präsident Trump und Amerika zu beten. «Er könnte das verbreiten, am Fernsehen und Radio und auf Twitter, überall: Freitag für Freiheit, jeden Freitag um 17 Uhr bis zu den Wahlen. Lasst uns zeigen, wie echte Amerikaner aussehen!»



Den Tod der liberalen Richterin am Obersten Gerichtshof, Ruth Bader Ginsburg, kommentierte er mit einem kurzen «Adios». Die Demokraten nennt er «Democraps» («Demokratenmist») und bezeichnet sie als «Sozialisten, Kommunisten und Marxisten».

Echte Lokalmatadore

Scott Dunton senior ist in Kingman nicht irgendwer. Er führt das weiter, was sein Vater Roy aufgebaut hat. Und sein 43-jähriger Sohn Scott junior tritt nach und nach in seine Fussstapfen. Die Duntons sind Lokalmatadore. Sie besitzen nicht nur das Autogeschäft, sondern auch die benachbarte Autowerkstatt Dunton & Dunton sowie gleich gegenüber das 50er-Jahre-Restaurant «Mr. D'z Route 66 Diner».

Zudem gehören der Familie weitere Autogeschäfte sowie Liegenschaften, darunter eine Ranch, wo man Wildschweine jagen kann. Scott senior sass lange an den Schalthebeln der Macht, er war Planungs- und Zonierungsbeauftragter der Stadt. Parallel dazu arbeitete er als Immobilienhändler und stampfte als Privatinvestor ganze Siedlungen mitsamt Wasserversorgung aus dem Boden.

Klare Ansagen am Schaufenster von Dunton Motors: «Amerikaner werden überleben. Rettet unsere Wirtschaft. Stoppt das Virus.»
Klare Ansagen am Schaufenster von Dunton Motors: «Amerikaner werden überleben. Rettet unsere Wirtschaft. Stoppt das Virus.»
René Sollberger

Die Sprüche am Schaufenster des Autohändlers schrecken hier wohl keine Kunden ab. Kingman und der ganze Mojave-Bezirk wählt stramm republikanisch, in der Regel mit einer Mehrheit von 75 bis 80 Prozent. Scott Dunton liegt hier mit seinen Ansichten also goldrichtig.



René Sollberger lebt seit 2013 in den USA, zuerst zwei Jahre in Boston, danach fünf Jahre in San Francisco, seit 2020 in Las Vegas. Er ist mit einer Amerikanerin verheiratet und arbeitet als Journalist mit Fokus auf Wirtschaft und Politik, früher u. a. bei «Cash», «Berner Zeitung» und «Handelszeitung».

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