Parlamentsabstimmung Etappensieg der Regierung im Brexit-Streit

sda

12.6.2018

Die britische Premierministerin Theresa May hat eine Niederlage im Unterhaus knapp abgewendet. (Archivbild)
Die britische Premierministerin Theresa May hat eine Niederlage im Unterhaus knapp abgewendet. (Archivbild)
Source: Keystone/AP/BORIS GRDANOSKI

Die britische Regierung hat in letzter Minute eine Niederlage im Parlament zum Brexit-Gesetz abgewendet. Das Unterhaus stimmte am Dienstag gegen einen Zusatz, der dem Parlament ein Vetorecht zu den mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Plänen gegeben hätte.

Es ging dabei um die Frage, ob das Parlament die Regierung noch einmal an den Verhandlungstisch schicken kann, wenn der Brexit-Deal bei den Abgeordneten durchfällt. Die Gesetzesänderung hätte so neue Verhandlungen oder gar einen Verbleib in der EU ermöglicht. Das Oberhaus hatte sich zuvor für den Änderungsantrag ausgesprochen.

Im Unterhaus wurde der Zusatz nun aber mit 324 zu 298 Stimmen abgelehnt. Medienberichten zufolge gelang es der Regierung, ausreichend pro-europäische Abgeordnete aus der eigenen Fraktion mit Zugeständnissen auf Linie zu bringen.

Demnach gab Premierministerin Theresa May ihr Wort, wesentliche Forderungen der Rebellen in einem späteren Stadium des Gesetzgebungsverfahrens zu akzeptieren. Dazu gehört unter anderem die Zusicherung, dem Parlament mehr Kontrolle über den Ablauf des EU-Ausstiegs zusichern.

Erleichterung bei May

Für May dürfte der Ausgang der Abstimmung eine grosse Erleichterung sein. Die Regierungschefin steht schon jetzt von mehreren Seiten unter enormem Druck. Seit der schiefgelaufenen Parlamentswahl im vergangenen Jahr regiert sie nur mit einer hauchdünnen Mehrheit.

Auch bei weiteren Abstimmungen, beispielsweise in der Frage, ob das Brexit-Datum (29. März 2019) per Gesetz festgeschrieben werden soll, behielt die Regierung die Oberhand. Vorausgegangen war den Abstimmungen eine hitzige Debatte.

Wie blank die Nerven in Westminster am Dienstag lagen, zeigte sich in einer Mahnung von Parlamentssprecher John Bercow. "Kein Mitglied dieses Hauses, egal welche Meinung es hat, sollte deswegen bedroht werden", sagte er.

Abgeordnete der Opposition hatten sich heftig über eine Schlagzeile der konservativen Boulevardzeitung "Daily Express" beschwert. "Ignoriert den Willen des Volkes auf eigene Gefahr", hatte das Blatt die pro-europäischen Abgeordneten gewarnt.

Noch am Dienstagmorgen hatte es so ausgesehen, als würde May eine Niederlage einfahren: Ein parlamentarischer Unterstaatssekretär war zurückgetreten, um sich gegen den Brexit-Kurs der Regierung stellen zu können.

Während der Abstimmungen im Parlament demonstrierten Dutzende EU-Anhänger mit Fahnen, Schildern und Sprechchören vor dem Gebäude gegen die Brexit-Pläne der Regierung. Die Fahrer vieler roter Doppeldeckerbusse und anderer Fahrzeuge schlossen sich mit lautem Hupen dem Protest an.

Weitere Abstimmungen

Noch ist die Gefahr für die Premierministerin nicht ganz ausgestanden. Am Mittwoch stehen weitere Abstimmungen an, unter anderem darüber, ob Grossbritannien die Mitgliedschaft in einer Zollunion mit der EU und dem Europäischen Binnenmarkt anstreben sollte.

Das EU-Austrittsgesetz (EU-Withdrawal Bill) ist der Herzstück der Brexit-Gesetzgebung. Das Gesetz soll die Geltung von EU-Recht in Grossbritannien beenden und gleichzeitig alle EU-Bestimmungen in nationales Recht übertragen, damit am Brexit-Tag kein Chaos entsteht.

Der Gesetzentwurf geht derzeit im sogenannten Ping-Pong-Verfahren so lange zwischen Oberhaus und Unterhaus hin und her, bis sich beide Häuser über den genauen Wortlaut einig sind.

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