EU-Korruptionsskandal Mutmasslicher Drahtzieher will auspacken

dpa/tgab

17.1.2023 - 19:31

EU-Korruptionsskandal: Mutmasslicher Drahtzieher will kooperieren

EU-Korruptionsskandal: Mutmasslicher Drahtzieher will kooperieren

Der mutmassliche Drahtzieher Pier Antonio Panzeri hat einer umfassenden Zusammenarbeit mit der belgischen Justiz zugesagt.

17.01.2023

Im Korruptionsskandal um das EU-Parlament meldet die Staatsanwaltschaft einen grossen Erfolg. Einer der Hauptverdächtigen will kooperieren – und davon profitieren.

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Im EU-Korruptionsskandal hat der mutmassliche Drahtzieher Pier Antonio Panzeri eine umfassende Zusammenarbeit mit der belgischen Justiz zugesagt. Wie die zuständige Staatsanwaltschaft in Brüssel mitteilte, unterschrieb der ehemalige EU-Abgeordnete eine entsprechende Vereinbarung. Im Gegenzug werde seine Strafe reduziert. Die Behörde selbst sprach von einer «wichtigen Entwicklung».

Der Italiener Panzeri gilt als wichtiger Akteur in dem Skandal, den belgische Ermittler im Dezember aufgedeckt hatten. Dabei geht es um mutmassliche Einflussnahme aus Katar und Marokko auf politische Entscheidungen des Europaparlaments. Im Fokus standen neben Panzeri unter anderem auch die ehemalige Vizepräsidentin Eva Kaili und ihr Lebensgefährte, der als Assistent eines Abgeordneten im Parlament arbeitete. Ihnen wird die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption zur Last gelegt. Sie alle sind in Untersuchungshaft.

Laurent Kennes, der Anwalt des ehemaligen Europaparlamentariers Pier Antonio Panzeri, spricht vor einer Gerichtsanhörung im Palais de Justice in Brüssel mit den Medien.
Laurent Kennes, der Anwalt des ehemaligen Europaparlamentariers Pier Antonio Panzeri, spricht vor einer Gerichtsanhörung im Palais de Justice in Brüssel mit den Medien.
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Panzeri will umfassende Einblicke liefern

Der Staatsanwaltschaft zufolge unterschrieb Panzeri die Vereinbarung im Beisein seines Anwalts. Die Behörde nannte den 67-Jährigen eine der «Schlüsselfiguren» des Falls. Panzeri habe sich verpflichtet, den Ermittlern umfassende Einblicke in die kriminellen Strukturen zu liefern. Dazu gehören den Angaben zufolge unter anderem die Namen derjenigen, die bestochen wurden, die versprochenen Vorteile und finanzielle Arrangements mit anderen Ländern. Im Gegenzug muss er nur verkürzt ins Gefängnis und eine Geldstrafe zahlen. Ausserdem sollen seine gesamten erworbenen Vermögenswerte eingezogen werden, die derzeit auf eine Million Euro geschätzt werden.

Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft bereits mitgeteilt, dass Panzeri seine Berufung gegen die im Dezember verhängte Untersuchungshaft zurückgezogen hat. Panzeri sass von 2004 bis 2019 für die Sozialdemokraten im Europaparlament. Zuletzt leitete er die Nichtregierungsorganisation Fight Impunity, die auch im Fokus der belgischen Ermittler steht. Bei Durchsuchungen im Dezember fanden die Ermittler Hunderttausende Euro Bargeld bei ihm.

Gesetz zur Kronzeugenregelung bei Mafia-Ermittlungen

Der Staatsanwaltschaft zufolge wurde nun das sogenannte Pentiti-Gesetz angewendet. Der Name beziehe sich auf das italienische Gesetz zur Kronzeugenregelung bei Mafia-Ermittlungen. Dabei verpflichte sich ein Geständiger, «substanzielle, aufschlussreiche, wahrheitsgemässe und vollständige Angaben» zur Beteiligung Dritter und zur eigenen Beteiligung zu machen.

Die Enthüllungen der belgischen Justiz vom 9. Dezember erschütterten das Parlament nachhaltig. Präsidentin Roberta Metsola kündigte am Montag erste Reformen an, die das Parlament transparenter und weniger anfällig für Korruption machen sollen. Dazu gehören unter anderem strengere Regeln für ehemalige Abgeordnete, die im Europaparlament lobbyieren wollen. Auch sollen künftig alle Treffen von Abgeordneten mit Dritten öffentlich gemacht werden, die in Verbindung zu einem Bericht oder einer Entschliessung stehen.

Nachdem die Vorwürfe der belgischen Ermittler öffentlich geworden waren, setzte das Parlament die griechische Sozialdemokratin Kaili noch im Dezember fast einstimmig als Vizepräsidentin ab. An diesem Mittwoch soll über ihre Nachfolge entschieden werden.