Krisenwinter droht Frankreich bietet «Strom-Wetterbericht» an

dpa

6.10.2022 - 22:00

Frankreich rüstet sich angesichts der Energiekrise vor einem schwierigen Winter.
Frankreich rüstet sich angesichts der Energiekrise vor einem schwierigen Winter.
Bild: Federico Gambarini/dpa

Damit es im Winter in Frankreich nicht zum Blackout kommt, zeigt eine Art «Wetterbericht» für Strom bald, wann das Netz besonders belastet ist. Ofen und Waschmaschine sollen dann ausbleiben. Die warme Dusche kann den Franzosen auch aus der Ferne abgestellt werden.

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Mit Vorgaben für weniger Licht, Warmwasser und Heizung in öffentlichen Gebäuden und auch Fussballstadien etwa will Frankreich den anstehenden Krisenwinter ohne befürchtete Unterbrechungen der Energieversorgung durchstehen. Der nationale Energiesparplan, den die Regierung am Donnerstag in Paris vorstellte, setzt auch auf die Mithilfe der Bevölkerung beim privaten Verbrauch.

Damit die Menschen wissen, wann das Stromnetz besonders belastet ist und sie die Waschmaschine oder den Trockner besser nicht einschalten, bietet Frankreich einen sogenannten Strom-Wetterbericht an.

Vorab wurden die Medien gebeten, den Energiesparplan der Regierung zu begleiten. Mehrere grosse Medien, insbesondere Radio und Fernsehen, verpflichteten sich, mit ihren Wetterprogrammen ein «Energiewetter» zu verknüpfen, in dem der Spannungszustand des Netzes mithilfe eines grünen, gelben und roten Farbcodes dargestellt wird, wie die Zeitung «Le Parisien» berichtete.

Die Hoffnung ist, vier von fünf Menschen auf dem Wege zu erreichen. Mit einer Anpassung des Stromkonsums soll die Bevölkerung Versorgungsunterbrechungen vermeiden helfen. Informationen zur Belastung der Stromnetze stellt der nationale Netzversorger RTE auch unter dem Motto «écoWatt» ins Internet.

Frankreich setzt auf Ampelsystem

Bei einem grünen Symbol ist der Stromkonsum im Lot, bei Gelb ist das System belastet und bei Rot drohen Versorgungsunterbrechungen, wenn der Verbrauch nicht heruntergefahren wird. Dann sind die Menschen aufgefordert, ihren Verbrauch zwischen 8.00 und 12.00 Uhr sowie zwischen 18.00 und 20.00 Uhr zu senken, etwa indem sie ihre Kleidung zu einem anderen Zeitpunkt waschen oder mit dem Gericht aus dem Backofen noch eben warten. Frankreich solle in diesen Momenten nicht zum Stillstand kommen, sondern den Verbrauch etwas herunterfahren, hiess es.

Die befürchteten Versorgungsengpässe im Atomstromland Frankreich hängen damit zusammen, dass der in die Jahre gekommene Kraftwerkspark des nationalen Energiekonzerns EDF schwächelt. Die Hälfte der 56 AKW sind im Moment für Wartungen vom Netz. Ob die Ermahnung der Regierung, bis zum Winter möglichst alle Kraftwerke wieder am Laufen zu haben, umgesetzt werden kann, ist offen.

Das französische Kernkraftwerk Fessenheim ist aktuell (noch) ausser Betrieb.
Das französische Kernkraftwerk Fessenheim ist aktuell (noch) ausser Betrieb.
Bild: Keystone/apn Photo/Winfried Rothermel

Frankreich setzt auf Stromlieferungen aus Deutschland und will dem Nachbarn mit Gas aushelfen. Ausserdem ging in Lothringen nahe Saarbrücken in diesen Tagen das vorletzte Kohlekraftwerk Frankreichs befristet wieder in Betrieb.

Ein Hauch Science-Fiction

Für einige Überraschung sorgt eine weitere Massnahme, die an einen Science-Fiction-Film erinnert: Um einen Blackout zu verhindern, wird der Netzbetreiber RTE aus der Ferne in den Warmwasserkonsum von rund 4,3 Millionen Haushalten in Frankreich eingreifen.

Wer bereits einen automatischen Stromzähler, «Linky» genannt, installiert bekommen und einen Stromvertrag mit unterschiedlichen Tarifen zu Schwachlast- und Hochverbrauchszeiten hat, ist davon betroffen. Das Erzeugen von Warmwasser in der Wohnung wird zwischen 12.00 Uhr und 14.00 Uhr unmöglich.

Wie «Le Parisien» berichtete, wird der Umfang der Schwachlastzeiten zwischen Mitte Oktober und Mitte April reduziert. «Linky» übermittelt nicht nur Verbrauchsdaten, sondern kann auch aus der Ferne den Befehl entgegennehmen, das Aufheizen des Warmwasserreservoirs zu bestimmten Zeiten nicht vorzunehmen. Die Warmwasseraufbereitung mache 10 bis 14 Prozent des häuslichen Stromverbrauchs aus, begründet der Netzbetreiber den Schritt.