RiadTrump, China und Corona – G20-Gipfel im Schatten der Krisen
dpa/twei
20.11.2020
Internationale Formate hielt Trump immer für Quasselbuden. Jetzt dürfte das G20-Spitzentreffen am Wochenende sein letzter grosser internationaler Auftritt als Präsident sein. Mit viel Störpotenzial.
Vor fast vier Jahren stand Donald Trump im Königspalast von Riad und reihte sich an der Seite seiner saudischen Gastgeber in den traditionellen Schwerttanz des Landes ein – Bilder des tanzenden US-Präsidenten gingen um die Welt. Auf seiner ersten Auslandsreise im neuen Amt besuchte er damals ausgerechnet das Königreich am Golf.
Jetzt führt sein wahrscheinlich letzter Auftritt als Staatschef auf der grossen internationalen Bühne wieder über Saudi-Arabien, zumindest virtuell. Denn das Königreich hat die G20-Präsidentschaft inne und organisiert das Gipfeltreffen an diesem Wochenende, das wegen Corona nur per Videoschalte stattfindet.
Der abgewählte, aber noch bis zum 20. Januar amtierende Trump schien nie besonders erfreut, zu Gipfeln im Ausland zu reisen. Sobald er aber vor Ort war – sei es bei den G7, G20 oder bei einem Nato-Gipfel – genoss er die Aufmerksamkeit der Medien und machte am Tag gleich mehrere Pressekonferenzen, häufig rund um seine bilateralen Treffen. All das ist auf einem virtuellen Gipfel natürlich nicht möglich.
Trump zieht in der Regel persönliche Treffen vor. Ihm wird nachgesagt, bei längeren Präsentationen oder Videoschalten schnell das Interesse zu verlieren. Wie sich das auf seine geplante Teilnahme an der G20-Schalte auswirken würde, blieb zunächst unklar. Den G7-Gipfel wollte Trump in diesem Jahr als turnusgemässer Gastgeber um jeden Preis als persönliche Begegnung stattfinden lassen. Als dies wegen Pandemie und Wahlkampf nicht mehr umzusetzen war, liess Trump den jährlichen Gipfel ausfallen – zum ersten Mal seit Jahrzehnten.
Aufeinandertreffen von Donald Trump und Xi Jinping
Beim G20-Spitzentreffen dürfte es vor allem um die Bekämpfung des Coronavirus gehen, auch über Klimaschutz wollten die Staats- und Regierungschefs reden, hiess es vorab. Eine Mehrheit der Amerikaner bescheinigt Trump in Umfragen ein schlechtes Krisenmanagement in der Pandemie, Klimaschutz hat für ihn keine Bedeutung.
Innerhalb kürzester Zeit trifft er nach dem bisherigen Programm gleich zweimal auf den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping. Im Wahlkampf polterte Trump, Peking werde das Verursachen der Pandemie teuer zu stehen kommen.
Das Coronavirus bezeichnete er dabei meist bewusst als «China-Virus» oder auch als die «China-Pest». Trump und Xi hatten, soweit öffentlich bekannt, seit Ende März nicht mehr direkt miteinander gesprochen. Wegen der Pandemie – und Trumps galligen Vorwürfen gegen Peking im Wahlkampf – herrschte wohl zu viel böses Blut. Am Freitag nahmen beide per Videolink am Asien-Pazifik-Gipfel teil, bevor sie sich am Wochenende bei den G20 erneut virtuell begegnen sollen.
Trump isoliert nach Wahlniederlage
Trump ist wütend, weil er davon überzeugt ist, dass die Pandemie und die von ihr ausgelöste Wirtschaftskrise ihn um seine verdiente Wiederwahl gebracht haben. Kritiker werfen ihm jedoch vor, er lenke mit seiner Kritik an China nur vom eigenen Versagen bei der Eindämmung der Pandemie ab. Seit seiner Wahlniederlage hat sich Trump kaum in der Öffentlichkeit gezeigt. Auch zur jüngsten Corona-Welle in den USA mit immer neuen Infektionsrekorden hat er sich kaum geäussert.
Xi Jinping ist schon vor dem G20-Gipfel in die Offensive gegangen. Erst schloss sein Land das weltgrösste Freihandelsabkommen mit 14 anderen asiatisch-pazifischen Nationen, dann präsentierte sich Xi Jinping auf den Gipfeln der Brics-Staaten und der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftspartnerschaft (Apec) diese Woche als Vorreiter des Multilateralismus und Klimaschutzes.
Der Konfrontation mit Trump entzieht sich Xi Jinping. Er geht nicht auf die Kritik an dem anfangs langsamen und unzureichenden Kampf gegen den Ausbruch ein, sondern verweist allein auf den Erfolg, das Virus am Ende unter Kontrolle gebracht zu haben.
China verzeichnet trotz Corona Wirtschaftsaufschwung
Seit dem Sommer verzeichnet China nur noch vereinzelt lokale Infektionen. Der Sieg über das Virus gelang durch strenge Massnahmen, Quarantäne, Kontaktverfolgung und Einreisebeschränkungen. Als einzige grosse Volkswirtschaft verzeichnet China in diesem Jahr ein Wachstum, während der Rest der Welt in die Rezession abgerutscht ist.
Für die Führung in Peking hat das kommunistische System damit seine Überlegenheit gegenüber den freiheitlichen, westlichen Ländern demonstriert, während sich vor allem die USA als dysfunktional erwiesen haben – auch wegen der mangelnden Führung Trumps.
Der G20-Gipfel dürfte auch die unterschiedliche Haltung der beiden Supermächte auf internationaler Ebene nochmals verdeutlichen: China bemüht sich im eigenen Interesse um länderübergreifende Zusammenarbeit und steht zu internationalen Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Trump vertritt die Politik «Amerika zuerst», Foren der internationale Zusammenarbeit wie die G20 sieht er häufig wohl eher als zahnlose Quasselbuden.
Unruhestifter Trump mit letztem grossen Auftritt
Trump hat traditionelle US-Verbündete wie die europäischen G20-Mitglieder Deutschland, Grossbritannien, Frankreich und Italien immer wieder vor den Kopf gestossen – von der Iran-Politik über Strafzölle bis hin zum Klimawandel, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Seine eher starre Haltung auf der internationalen Bühne könnte auch bei seinem letzten Gipfel noch einmal für Ärger sorgen – er könnte eine mögliche Abschlusserklärung der Staaten untergraben.
Die USA dürften sich dabei erneut gegen Verweise auf den Klimawandel wehren. Auch will sich Washington nicht der internationalen Corona-Impf-Initiative Covax anschliessen. Beim Thema Pandemie könnte Trump zudem auf einer Schuldzuweisung gegen China bestehen – und damit auch den Konsens in anderen Fragen torpedieren.