Bundesratswahl Grüne verzichten auf Angriff auf SVP-Sitz im Bundesrat

bo, sda

18.10.2022 - 16:14

Wollen keine unnötige Energie verschwenden: Fraktionschefin Aline Trede und Grünen-Präsident Balthasar Glättli.
Wollen keine unnötige Energie verschwenden: Fraktionschefin Aline Trede und Grünen-Präsident Balthasar Glättli.
Keystone

Die Grünen Schweiz verzichten auf einen Angriff auf den frei werdenden Sitz der SVP im Bundesrat. Wie Fraktionspräsidentin Aline Trede am Dienstag sagte, will die Partei die Zeit nicht für ein abgekartetes Spiel unter den anderen Parteien «vergeuden».

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Trede sagte vor den Medien in Bern, keine einzige Bundesratspartei sei für Gespräche bereit. Das heisse, dass die Würfel für die Nachfolge von Ueli Maurer im Bundesrat bereits gefallen seien. Die Grünen wollten deshalb keine Energie in einen Kampf stecken, in dem die Entscheidung bereits gefallen sei.

Trede übte weiter harsche Kritik an der Untätigkeit des «Machtkartells» bei der Bekämpfung der Klimakrise, des beispiellosen Artensterbens und der Krise mit der EU. Dabei brauche es jetzt rasche Entscheidungen und Massnahmen, die sofort umgesetzt werden könnten.

Parteipräsident Balthasar Glättli sagte, die Grünen verzichteten nicht auf eine Kandidatur, weil sie die Herausforderung scheuen würden, «sondern weil wir die echte Verantwortung suchen».

Die seit 2019 viertstärkste Partei der Schweiz habe den Wind in den Segeln und vertraue auf diesen Wind. «Wir setzen die Segel für die Klimawahl 2023», so Glättli. Seit 2019 hätten die Grünen in kantonalen Wahlen 52 zusätzliche Sitze geholt und die Mitgliederzahl um mehr als einen Fünftel gesteigert.

Die Grüne Genfer Ständerätin und Vizefraktionschefin Lisa Mazzone sagte, zuerst habe die Grüne Fraktion den strategischen Entscheid gefällt, nicht anzutreten. Insofern habe sich dann die Frage nach allfälligen Kandidaturen gar nicht mehr gestellt.

Trede sagte, ob die Grünen auch einen Sitz der SP angreifen würden, werde nach den Wahlen entschieden: «Warten wir die Wahlen 2023 ab.»

Oft angetreten, immer gescheitert

Mit dem Entscheid der ausserordentlichen Fraktionssitzung vom Dienstag brechen die Grünen mit einer «Tradition», haben sie doch in der Vergangenheit oft Kandidatinnen aufgestellt, wenn es um die Besetzung eines vakanten Sitzes in der Landesregierung ging.

Den Anfang machte 1987 und 1991 die damalige Berner Regierungsrätin Leni Robert, die für die Grüne Freie Liste der zu diesem Zeitpunkt noch kleineren SVP den Sitz erfolglos streitig machte.

Im Jahr 2000 schickten die Grünen die Luzerner Nationalrätin Cécile Bühlmann ins Rennen um die Nachfolge von SVP-Bundesrat Adolf Ogi. Bühlmann unterlag im vierten Wahlgang dem Berner Ständerat Samuel Schmid.

2007 trat der Waadtländer Ständerat Luc Recordon gegen Christoph Blocher an. Als sich der Sieg von Eveline Widmer-Schlumpf abzeichnete, nahm sich Recordon aus dem Rennen.

Ein Jahr später trat er erneut an. Diesmal ging es um einen Ersatz für den zurücktretenden Samuel Schmid. Nach dem ersten Wahlgang zog sich Recordon zu Gunsten des Thurgauer SVP-Nationalrats Hansjörg Walter zurück. Gewählt wurde Ueli Maurer.

2010 traten die Grünen mit der Solothurnerin Brigit Wyss an. Sie sollte den FDP-Sitz von Hans-Rudolf Merz erobern. Wyss machte nur wenige Stimmen, der Sitz ging schliesslich an Johann Schneider-Ammann.

Zuletzt waren die Grünen 2019 mit ihrer damaligen Parteipräsidentin und Nationalrätin Regula Rytz gescheitert, als sie im Rahmen der Gesamterneuerungswahlen wieder einen Sitz der Freisinnigen angriffen.

Bundesratswahl am 7. Dezember

Ihre Kandidatur für die Bundesratswahlen angekündigt haben bisher der Berner Nationalrat Albert Rösti, der Berner Ständerat Werner Salzmann, der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler und zuletzt die Nidwaldner Regierungsrätin Michèle Blöchliger (alle SVP).

Die Bundesversammlung wählt den Nachfolger oder die Nachfolgerin von Finanzminister Ueli Maurer am 7. Dezember.