Spannungen nach Drohnen-Abschuss Iran warnt USA vor Konsequenzen eines Angriffes

dpa / afp / toko

22.6.2019

Donald Trump sagt angeblich in letzter Minute einen Angriff auf den Iran ab – seine Regierung ruft den UN-Sicherheitsrat an. Der Iran droht den USA unterdessen mit Kosequenzen im Fall eines Angriffes. Schon ein einziger Schuss könne die Region «in Brand setzen».

Angesichts der Spannungen zwischen Washington und Teheran haben die iranischen Streitkräfte die USA vor einem Angriff auf ihr Land gewarnt. Schon ein einziger Schuss könnte die Nahost-Region und die dortigen Interessen der USA und ihrer Verbündeten «in Brand setzen», sagte der Sprecher des iranischen Generalstabs, Abolfasl Schekartschi, am Samstag der Nachrichtenagentur Tasnim. Er fügte hinzu, derzeit sei Teheran in der Region im Vorteil.

Die Vereinigten Staaten haben nach ihrem gestoppten Angriff auf den Iran am Freitag eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates beantragt.

Die Beratungen zu den «letzten Entwicklungen in Bezug auf den Iran» sollen am Montag hinter verschlossenen Türen stattfinden, verlautete aus Diplomatenkreisen.

US-Präsident Donald Trump hatte nur Stunden zuvor einen Militärschlag gegen den Iran nach eigenen Angaben wegen der befürchteten Todesopfer in letzter Minute gestoppt. Die vom US-Militär erwarteten 150 Toten wären im Vergleich zum Abschuss einer US-Drohne durch den Iran «unverhältnismässig» gewesen, schrieb Trump am Freitag auf Twitter.

Beratungen mit Saudis

Trump diskutierte am Freitag auch mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman die Lage im Iran. Es sei ausserdem um die «entscheidende Rolle Saudi-Arabiens» bei der Sicherung der Stabilität in der Region und im globalen Ölmarkt gegangen. Der US-Verbündete Saudi-Arabien und Salman persönlich stehen international wegen einer denkbaren Beteiligung am Mord an dem saudischen Journalisten Jamal Khashoggi in der Kritik.

Die US-Streitkräfte seien am Donnerstagabend bereit zum Angriff auf drei verschiedene Ziele gewesen, «als ich gefragt habe, wie viele sterben werden. 150 Menschen, Sir, war die Antwort eines Generals. Zehn Minuten vor dem Schlag habe ich ihn gestoppt.»

Trump machte keine Angaben dazu, welche Ziele angegriffen werden sollten. Die «New York Times» berichtete, es seien Radarstationen und Raketenbatterien gewesen. Die US-Militärplanungen verstärkten die Sorge, dass der Konflikt zwischen den USA und dem Iran in einem neuen Golfkrieg münden könnte. Es wäre der dritte Militärschlag der USA unter Trump in Nahost gewesen, nach den beiden Angriffen auf Ziele in Syrien im Jahr 2017 und 2018.

Krise überschattet Innenpolitik

Die Iran-Krise überschattet zunehmend auch die US-Innenpolitik. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, rief alle Beteiligten zur Deeskalation auf. Sie forderte, Trump müsse den Kongress beteiligen, bevor er militärisch gegen den Iran vorgehe. «Dies ist eine gefährliche, hoch angespannte Situation, die ein kluges, starkes und strategisches Vorgehen erfordert», sagte sie.

Der demokratische Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders warnte, ein Krieg wäre ein absolutes Desaster. Die Region werde dadurch weiter destabilisiert, Tausende Menschen würden sterben, die Kosten würden wahrscheinlich Billionen an Dollar betragen. Zudem werde ein Krieg niemals enden.

Die mutmasslichen Überreste einer abgeschossenen US-Drohne werden von der iranischen Revolutionsgarde präsentiert.
Die mutmasslichen Überreste einer abgeschossenen US-Drohne werden von der iranischen Revolutionsgarde präsentiert.
Bild: Meghdad Madadi/Tasnim News Agency/AP/dpa

Die Spannungen zwischen den USA und dem Iran hatten sich in der Nacht zum Donnerstag dramatisch zugespitzt, nachdem der Iran eine amerikanische Aufklärungsdrohne abgeschossen hatte. Über den genauen Abschussort machen der Iran und die USA unterschiedliche Angaben. Die US-Regierung spricht davon, dass das unbemannte Flugzeug über internationalen Gewässern getroffen worden sei. Der Iran will Beweise dafür haben, dass die Drohne über iranischem Hoheitsgebiet geflogen sei. Es geht um wenige Kilometer. Ausserdem gibt der Iran an, dass die USA mehrfach vor Abschuss der Drohne gewarnt worden seien.

Der iranische Sicherheitsrat wies am Freitag Berichte zurück, wonach Trump den Iran über die Regierung des arabischen Golfstaates Oman gewarnt haben soll, dass ein Militärschlag bevorstehe. Ebenso dementiert wurde, dass es eine Botschaft Trumps gebe, wonach er keinen Krieg, sondern Gespräche mit der Führung in Teheran wolle und dafür eine Frist gesetzt habe. In der Vergangenheit hatte Trump – wie auch die iranische Führung – mehrfach betont, keinen Krieg zu wollen.

Trump schrieb am Freitag: «Ich habe keine Eile.» Das US-Militär sei einsatzbereit «und mit Abstand das beste in der Welt». Die Wirtschaftssanktionen gegen den Iran zeigten Wirkung. Er betonte: «Der Iran kann NIE Atomwaffen haben.» Trump verteidigte seinen einseitigen Ausstieg aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran und kritisierte seinen Amtsvorgänger Barack Obama dafür, den Vertrag mit Teheran abgeschlossen zu haben. Nach dem Ausstieg hatten die USA wieder harte Wirtschaftssanktionen in Kraft treten lassen.

Ein Berater des iranischen Präsidenten Hassan Ruhani zog am Freitag eine Verbindung zwischen den US-Wirtschaftssanktionen und einem möglichen Golfkrieg. Wenn die Welt keinen Krieg wolle, sollte sie etwas gegen den Ausstieg der USA aus dem Atomdeal und die gegen sein Land verhängten Sanktionen unternehmen, schrieb Hesameddin Ahsena am Freitag auf Twitter. «Die Amerikaner sollten wissen, dass dies zwei Seiten derselben Münze sind.»

Mitglieder der iranischen Revolutionsgarde nehmen an einer Militärparade teil. Am Samstag haben die Streitkräfte die USA vor einem Angriff gewarnt. 
Mitglieder der iranischen Revolutionsgarde nehmen an einer Militärparade teil. Am Samstag haben die Streitkräfte die USA vor einem Angriff gewarnt. 
Bild: Ebrahim Noroozi/AP/dpa (Archivbild)

Weltweit Sorge vor Konflikt

Im iranischen Fernsehen wurden am Freitag Wrackteile präsentiert, die von der abgeschossenen Drohne stammen sollen. Der Kommandeur des Luftwaffenarms der iranischen Revolutionsgarden, Amir Ali Hadschisadeh, sagte nach Angaben iranischer Staatsmedien, gemeinsam mit der Drohne sei auch ein bemanntes US-Aufklärungsflugzeug vom Typ Poseidon eingedrungen, das seine Truppen hätten abschiessen können. Man habe sich auf die Drohne beschränkt, «um den terroristischen amerikanischen Truppen eine Warnung zu erteilen».

Die Eskalation hatte weltweit die Sorge vor einem militärischen Konflikt zwischen den USA und dem Iran angeheizt. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel, es handele sich um eine «sehr angespannte Situation», die auf diplomatische und politische Weise gelöst werden müsse. Am Rande des Gipfels hätten die aussenpolitischen Berater die Lage besprochen.

Die Spannungen wirkten sich auch auf die zivile Luftfahrt aus. Die US-Luftfahrtbehörde FAA verhängte ein Flugverbot für in den USA registrierte Flugzeuge über Teile des Krisengebietes. Flüge über dem Persischen Golf und dem Golf von Oman seien bis auf Weiteres nicht mehr erlaubt, teilte die FAA via Twitter mit. Auch europäische Fluggesellschaften erklärten, die Strasse von Hormus im Persischen Golf zu umfliegen.


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