PolitikKiew: Russland attackiert Wohnhäuser wegen anstehender Gegenoffensive
SDA
2.5.2023 - 16:50
Anwohner tragen ihre Habseligkeiten, während sie ihr zerstörtes Haus in Awdijiwka in der Region Donezk verlassen. Foto: LIBKOS/AP/dpa
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Kurz vor ihrer geplanten Frühjahrsoffensive hat die Ukraine Russland vorgeworfen, gezielt Wohngebiete zu attackieren.
Keystone-SDA
02.05.2023, 16:50
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«Es gibt keinen Zweifel daran, dass sie direkte Angriffe eben auf zivile Mehrfamilienhäuser oder Orte ausführen, an denen es viele Häuser der Zivilbevölkerung gibt», sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak in der Nacht zum Dienstag im ukrainischen Fernsehen. Er meinte, durch die Taktik wolle Moskau die Ukrainer provozieren.
Unterdessen verlängerte Kiew das Kriegsrecht und die allgemeine Mobilmachung vorerst bis Sommer. Zudem hofft die Ukraine auf weitere Waffenlieferungen aus dem Westen und auch die Unterstützung durch Kampfjets. Die Hoffnungen auf eine konkretere Nato-Beitrittsperspektive drohen dagegen vorerst enttäuscht zu werden, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Die US-Regierung sprach unterdessen von dramatischen Verlusten der russischen Streitkräfte im Ukraine-Krieg seit Dezember.
Ukraine verlängert Kriegsrecht und Mobilmachung bis in den August
Die Ukraine verlängerte das nach dem russischen Einmarsch verhängte Kriegsrecht und die ausgerufene allgemeine Mobilmachung um weitere 90 Tage bis zum 18. August. Für die beiden Anordnungen ergab sich im Parlament eine deutliche Zweidrittelmehrheit, wie Abgeordnete mitteilten.
Kriegsrecht und Mobilmachung waren unmittelbar nach dem russischen Einmarsch am 24. Februar 2022 ursprünglich für 30 Tage ausgerufen worden. Seitdem wurde die Geltungsdauer mehrfach verlängert. Männer im wehrpflichtigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren dürfen das osteuropäische Land daher nur in Ausnahmefällen verlassen.
Ukraine wertet Russlands Angriffe auf Wohngebiete als Provokation
Die Ukraine will in Russlands jüngsten Militärschlägen eine veränderte Taktik erkannt haben. Die direkten Angriffe auf zivile Häuser und Orte sollten Kiew zu einer verfrühten Gegenoffensive provozieren, meinte Berater Podoljak. Dazu wolle der Kreml testen, ob die Ukraine in der Lage sei, den eigenen Luftraum zu schützen.
In den vergangenen Tagen hatte es mehrere Raketenangriffe mit zivilen Opfern gegeben. Insbesondere in Uman forderte ein Raketeneinschlag in einem Wohnhaus am Freitag viele Todesopfer. Auch in der Stadt Pawlohrad im Gebiet Dnipropetrowsk verursachten russische Marschflugkörper schwere Schäden und töteten mindestens zwei Menschen.
Kuleba: Lieferung von F-16-Kampfjets nur eine Frage der Zeit
Mit ihrer Bitte nach ausländischen Kampfjets war die Ukraine bislang im Westen noch nicht erfolgreich. Das werde sich nach Einschätzung von Aussenminister Kuleba aber ändern: Es sei eine «Frage der Zeit», bis die USA der Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen zustimmen werde. Er meinte, ein Erfolg der ukrainischen Gegenoffensive habe Einfluss auf das Vorgehen Amerikas in der Sache. «Wenn wir die F-16 bereits jetzt hätten, wäre die Gegenoffensive weitaus schneller», sagte er.
Kreise: Nato-Gipfel könnte Ukraine enttäuschen
Beim nächsten Nato-Gipfel im Juli droht Kiew indes eine Enttäuschung hinsichtlich einer möglichen Mitgliedschaft im Militärbündnis. Nach dpa-Informationen haben zuletzt Bündnismitglieder wie die USA und Deutschland hinter verschlossenen Türen deutlich gemacht, dass sie vorerst keine Zusagen machen wollen, die substanziell über eine vage Nato-Erklärung aus dem Jahr 2008 hinausgehen.
In ihr hatten die damaligen Staats- und Regierungschefs vereinbart, dass die Ukraine und Georgien Nato-Mitglieder werden sollen. Einen konkreten Zeit- oder Fahrplan dafür gab es allerdings nicht.
USA: Schwere russische Verluste in der Ukraine – Moskau dementiert
Russland hat nach Einschätzung von US-Geheimdiensten im Angriffskrieg gegen die Ukraine in den vergangenen Monaten schwere Verluste erlitten. Seit Dezember seien mehr als 20 000 Soldaten getötet und rund 80 000 verwundet worden, sagte der der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby.
Nachdem zunächst unklar war, ob sich die Zahlen nur auf die Kämpfe um Bachmut bezogen, bestätigte ein Vertreter des Nationalen Sicherheitsrates der dpa, dass sich die Opferzahlen auf die Kämpfe in der gesamten Ukraine beziehen. Unabhängig überprüfen lassen sich die Zahlen nicht. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow nannte die Zahlen «absolut aus der Luft gegriffen». Washington verfüge nicht über diese Informationen.
US-Generalstabschef Mark Milley hatte bereits im November von weit mehr als 100 000 getöteten oder verwundeten russischen Soldaten in den ersten acht Kriegsmonaten berichtet. Das Gleiche gelte wahrscheinlich für die ukrainische Seite, sagte er damals.
Unterdessen behauptete das russische Verteidigungsministerium nun, dass allein im Monat April mehr als 15 000 Ukrainer getötet worden seien. Minister Sergej Schoigu behauptete bei Telegram, das russische Militär habe acht feindliche Flugzeuge, 277 Drohnen und 430 Panzer und gepanzerte Fahrzeuge sowie 225 Artilleriegeschütze abgeschossen.
Zu eigenen Verlusten machte Schoigu keine Angaben. Das Ministerium fiel bereits oft mit überhöhten Angaben zu feindlichen Verlusten auf.
London: Russische Rüstungsindustrie kommt Kriegsbedarf nicht nach
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste verfügt Russland nicht über genügend Munition, um bei Offensiven in der Ukraine entscheidende Fortschritte zu erzielen. Moskau räume der Stärkung der Rüstungsindustrie zwar oberste Priorität ein, hiess es im Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums – die Branche werde dem hohen Kriegsbedarf jedoch nicht gerecht.
Die Munitionsknappheit führe ausserdem zu internen Streitigkeiten, vor allem zwischen der Armee und dem Chef der russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin.
Feuerpause für die Ukraine? Warten auf Moskaus Reaktion
Hoffnung auf Ende des Krieges: Nach dem grundsätzlichen Ja der Ukraine zu einer 30-tägigen Feuerpause im Krieg mit Russland richten sich die Blicke nach Moskau. «Der Ball liegt nun in ihrem Feld», sagt US-Aussenminister Marco Rubio in Richtung Kreml. Er und seine Delegation hatten zuvor mit ukrainischen Vertretern in Saudi-Arabien über den Eintritt in einen Friedensprozess gesprochen.
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