Kurioser Vorschlag «Könnten Sie Trump von einer Klippe stürzen?»

Nicolai Morawitz

11.1.2019

Sie sind selten einer Meinung, und doch aufeinander angewiesen: Donald Trump und Justin Trudeau.
Sie sind selten einer Meinung, und doch aufeinander angewiesen: Donald Trump und Justin Trudeau.
Keystone

Da musste auch der ansonsten so eloquente Justin Trudeau kurz stutzen. Bei einer Fragestunde wurde der kanadische Ministerpräsident in dieser Woche gefragt, ob er seinen amerikanischen Amtskollegen Trump nicht einfach von einer Klippe stürzen könnte.

«Mit einer Gewaltandrohung gegen unseren engsten Verbündeten hätte ich nicht gerechnet», so hat sich Justin Trudeau aktuell zu antworten genötigt. Der Anlass? Eine Fragestunde in einer Universitätsturnhalle in der kanadischen Heimat. Und was will man machen, wenn eine solche Frage gestellt wird, auf die sich wohl nur so antworten lässt, wie Trudeau es getan hat.

Kanadas Ministerpräsident hat das Treffen als Videoaufzeichnung aktuell auf Facebook geteilt – der verbale Mordauftrag von einem «bärtigen Typen in grau», wie er von Trudeau genannt wird, ist ab Minute 44 zu sehen. Das Vorkommnis wird gerade auch in der kanadischen Presse thematisiert.  

Es ist an diesem Tag nicht die einzige Frage aus dem Publikum gewesen, die sich um den amerikanischen Präsidenten gedreht hat. Doch Trudeau verliert nie die Fassung und antwortet einmal staatsmännisch: «Die Beziehungen zwischen Kanada und den USA sind stärker und bedeutender, als dass sie von den aktuellen Präsidenten gefährdet werden könnten.»

Bewirbt sich im Herbst 2019 um seine Wiederwahl: Justin Trudeau.
Bewirbt sich im Herbst 2019 um seine Wiederwahl: Justin Trudeau.
Keystone

Der 47-jährige Trudeau wird immer wieder als Anti-Trump bezeichnet – er steht für einen liberalen Einwanderungskurs, besetzt sein Kabinett paritätisch mit Männern und Frauen und kämpft für eine fortschrittliche Klimapolitik. Das Magazin The Economist hat ihn 2016 zu einem der «letzten Liberalen» gekürt.

Doch in der Zwischenzeit ist auch der liberale Trudeau in seinem Land in schwierigeres Fahrwasser geraten. Streit gibt es bei der CO2-Steuer, den Migrationsgesetzen und, eben, dem richtigen Umgang mit dem US-Präsidenten Trump.

Angespanntes Verhältnis

Zur Erinnerung: Im Sommer 2018 kommt es zum offenen Schlagabtausch zwischen Trudeau und Trump: Beim Handelsstreit geht es um Importzölle für Stahl, Aluminium und andere Produkte. Erst Ende November gelingt eine Einigung zwischen den nordamerikanischen Wirtschaftsmächten USA, Mexiko und Kanada anlässlich des G20-Gipfels. An den amerikanischen Sonderzöllen vermag Trudeau in diesem Nachfolgeabkommen für den nordamerikanischen Freihandelspakt Nafta aber nichts zu ändern.

Vor diesem Hintergrund ist auch Trudeaus sehr zurückhaltende Reaktion beim eigentlich lockeren Turnhallen-Treff in dieser Woche zu verstehen: Mit dem amerikanischen Verbündeten will er es sich im Wahljahr dann doch nicht verscherzen. «Güter im Wert von zwei Milliarden Dollar überqueren täglich unsere Grenzen», weiss auch Trudeau. «Wir brauchen einen konstruktiven Umgang mit unserem wichtigsten Handelspartner».

Des Dilemmas ist sich Trudeau bewusst: «Zugleich erwartet die kanadische Bevölkerung von mir, dass ich gegenüber Trump für unsere freiheitlichen Werte einstehe.»

Wer würde behaupten, ein kanadischer Premier habe es einfacher als andere.

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