Frankreich Massendemo gegen Macron in Paris

SDA

5.5.2018 - 19:29

"Hau ab!" steht auf einem Protestplakat mit dem Konterfei von Präsident Emmanuel Macron, das Demonstranten am Samstag in Paris tragen.
"Hau ab!" steht auf einem Protestplakat mit dem Konterfei von Präsident Emmanuel Macron, das Demonstranten am Samstag in Paris tragen.
Source: KEYSTONE/AP/FRANCOIS MORI

Knapp ein Jahr nach der Wahl Emmanuel Macrons zum Präsidenten Frankreichs haben Zehntausende Menschen am Samstag in Paris weitgehend friedlich gegen seine Reformpolitik protestiert.

Nach Angaben der Polizei nahmen an dem Protestmarsch "Fête à Macron" 40'000 Menschen teil. Die Linkspartei La France Insoumise ("Das unbeugsame Frankreich"), die die Demonstration unterstützte, sprach auf Twitter von 160'000 Teilnehmern.

Die Demonstranten zogen am Samstagnachmittag durch das Zentrum der französischen Hauptstadt und hielten dabei Schilder mit Aufschriften wie "Stop Macron" in die Höhe. Auf geschmückten Autos imitierten verkleidete Darsteller den Präsidenten und zeigten ihn unter anderem als Jupiter, die höchste Gottheit der antiken Römer, oder als Vampir Dracula. Vielen Gegnern tritt Macron zu autoritär auf.

Ein Grossaufgebot der Polizei sicherte den Protestzug ab und kontrollierte vereinzelt die Taschen von Teilnehmern. Nach massiven Ausschreitungen am Rande von Demonstrationen am 1. Mai in Paris waren die Sicherheitsvorkehrungen für die Veranstaltung verschärft worden. Die Polizei setzte 2000 Beamte ein.

Grössere Zwischenfälle gab es laut Polizeipräfektur nicht. Am Abend demolierten jedoch Vermummte einen Radio-Übertragungswagen, wie der Sender France Info berichtete. Eine Rauchbombe wurde ins Innere des Fahrzeugs geworfen, verletzt wurde niemand. Ein Polizist wurde ausserdem leicht verletzt, als ihn ein Wurfgeschoss traf, wie ein Polizeisprecher sagte.

"Verkehrter Robin Hood"

Der Protest am Samstag richtete sich gegen verschiedene Reformen des Präsidenten und seiner Regierung. Kritiker werfen Macron vor, mit seiner Politik vor allem Unternehmen und Besserverdiener zu bevorzugen. Im Aufruf zu der Demonstration hiess es, Macron verhalte sich wie ein verkehrter Robin Hood: Er nehme von den Armen und verteile an die Reichen.

Unter den Teilnehmern waren Studenten, Krankenpfleger, Rentner und Vertreter der seit Wochen immer wieder streikenden Eisenbahner. Das Staatsoberhaupt konnte bislang viele auch umstrittene Reformen durchsetzen. Damit schlug ihm nun kurz vor Ablauf seines ersten Amtsjahrs die Kritik von Menschen mit ganz unterschiedlichen Anliegen entgegen.

Vorherige Proteste richteten sich meist gegen einzelne Reformvorhaben. Macrons Wahl an die Staatsspitze jährt sich am Montag zum ersten Mal.

Test für zersplitterte Linke

Beobachter sahen die Demonstration auch als Test dafür, ob sich die zersplitterte Linke gegen den sozialliberalen Macron vereinen kann. Unter anderem trat der Chef der Linkspartei La France Insoumise, Jean-Luc Mélenchon, auf, wie auf Live-Bildern des TV-Senders BFMTV zu sehen war.

Von einem Wagen aus rief Mélenchon, die Franzosen seien in der Lage, gemeinsam zu kämpfen. "Es ist sinnlos zu hoffen, dass wir uns geschlagen geben!" Angestossen hatte die Veranstaltung ein Abgeordneter der Partei.

Im Vorfeld hatte das Motto der Demonstration Sorgen geweckt, es könnte einen erneuten Gewaltausbruch geben. Am 1. Mai hatten rund 1200 vermummte Aktivisten am Rande der traditionellen Demonstrationen zum Tag der Arbeit Geschäfte zerstört und Autos in Brand gesetzt.

Gegen sieben mutmassliche Randalierer wurde Berichten zufolge am Samstag ein Ermittlungsverfahren eröffnet. Die Verdächtigen blieben vorerst unter Auflagen auf freiem Fuss.

Der Präsident selbst war am Samstag Tausende Kilometer von den Protesten entfernt. Er beendete einen Besuch im französischen Überseegebiet Neukaledonien im Südpazifik.

Ein Ende der Proteste gegen den Präsidenten ist nicht absehbar. Für Ende Mai sind weitere Kundgebungen angekündigt. Auch die Streiks bei der Fluggesellschaft Air France und der Staatsbahn SNCF gehen weiter. Macrons Beliebtheitswerte sind allerdings besser als die seiner Vorgänger nach einem Jahr im Amt.

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