Weltweite Proteste für mehr Klimaschutz
Mit weltweiten Protestaktionen haben Demonstranten vor der zweiten Sitzungswoche den Druck auf die Unterhändler bei der Weltklimakonferenz erhöht. Trotz strömenden Regens gingen allein am Tagungsort im schottischen Glasgow zehntausende Menschen au
07.11.2021
Zehntausende auf den Strassen, ein Tribunal für Klimasünder und Forderungen armer Länder nach Milliarden: Die UN-Klimakonferenz startet in die letzte Woche. Kommt mehr heraus als «Blablabla»?
Nach Massenprotesten für mehr Klimaschutz mit Zehntausenden Demonstranten allein in Glasgow wächst der Einigungsdruck auf die Weltklimakonferenz. Der britische Premierminister Boris Johnson – Gastgeber des Gipfels in Schottland – mahnte weitere Zusagen der rund 200 beteiligten Staaten an. Erklärtes Ziel ist es, die Erderhitzung auf noch erträgliche 1,5 Grad einzudämmen.
In der zweiten und letzten Woche des Mammuttreffens mit knapp 30'000 Delegierten steht an diesem Montag das heikle Thema Geld auf der Agenda. Arme Staaten, die schon jetzt unter Dürren, Überschwemmungen und steigendem Meeresspiegel leiden, pochen auf Schadenersatz der reichen Industrieländer. Nach Einschätzung von Greenpeace werden in den Entwicklungsländern Summen in Billionenhöhe benötigt.
Demonstranten während des Protestzugs in Glasgow.
Bei der Konferenz komme nur «Bla bla bla» heraus, meinen die Aktivisten.
Ein Teilnehmer der Proteste in Glasgow.
Auch Klima-Aktivistin Greta Thunberg sprach in Glasgow.
Boris Johnson fordert die Teilnehmer des Klimagipfels auf, an einem Strang zu ziehen.
Massenproteste erhöhen Druck auf die Weltklimakonferenz
Demonstranten während des Protestzugs in Glasgow.
Bei der Konferenz komme nur «Bla bla bla» heraus, meinen die Aktivisten.
Ein Teilnehmer der Proteste in Glasgow.
Auch Klima-Aktivistin Greta Thunberg sprach in Glasgow.
Boris Johnson fordert die Teilnehmer des Klimagipfels auf, an einem Strang zu ziehen.
Am Freitag und Samstag hatten Zehntausende in vielen Ländern ihrem Unmut über jahrzehntelang verschleppten Klimaschutz Luft gemacht und mehr Klimagerechtigkeit gefordert. Die Organisatoren sprachen von mehr als 100'000 Teilnehmern allein in Glasgow.
Die weltweit bekannteste Aktivistin, die Schwedin Greta Thunberg (18), geisselte Tatenlosigkeit und «Blablabla» der grossen Wirtschaftsnationen. Ihre Bilanz: Die Konferenz COP26 sei jetzt schon ein Fehlschlag.
Zusagen und Selbstverpflichtungen
Bei der Konferenz ringen rund 200 Staaten darum, wie das Ziel noch erreicht werden kann, die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Der Gipfel soll nach bisherigen Planungen am Freitag zu Ende gehen.
Am Sonntag startete in Glasgow eine Art Gegengipfel. Der «People's Summit» hat ebenfalls zum Ziel, den Druck auf die Verhandler zu erhöhen. Kernforderungen sind radikaler Klimaschutz, eine umfassende Entschuldung aller Entwicklungsländer und Reparationszahlungen der Industriestaaten. Die COP26 Coalition – ein Bündnis von Organisationen und Kampagnen – schrieb: «Wir brauchen Klimaschutz, der für alle funktioniert, nicht nur für die Leute mit dem meisten Geld in der Tasche.»
Während der ersten Tage hatten Dutzende Staaten öffentlichkeitswirksam Zusagen und Selbstverpflichtungen zu mehr Klimaschutz verkündet – auch, um der Konferenz Schwung zu geben. So soll nach dem Willen von gut 130 Staaten die Zerstörung von Wäldern bis 2030 gestoppt werden.
Mehr als 100 Staaten sagten zu, ihren Ausstoss des klimaschädlichen Methans deutlich zu drosseln. Mitte der Woche kam eine Allianz zustande, die zwischen 2030 und 2040 aus der Kohle aussteigen will. Und dann sagten gut 45 Staaten einschliesslich Deutschland zu, ihre Landwirtschaft klimafreundlich umzubauen.
Böse Buben vermisst
Von Umweltexperten und Klimaaktivisten kam allerdings Kritik: Die «blitzartigen» Ankündigungen hätten zu lange Fristen, seien rein freiwillig und mit kaum Details unterfüttert. Zum Waldschutz etwa sei schon 2014 in New York dasselbe Ziel formuliert worden – doch habe sich die Abholzung seither noch beschleunigt.
Vermisst wurden beim Treffen der Staats- und Regierungschefs in Glasgow zahlreiche «böse Buben» der Klimapolitik, allen voran China. Das Riesenreich stösst mit Abstand die meisten Treibhausgase aus, will aber erst ab 2030 anfangen, seine Emissionen zu drosseln. Bereits in diesem Jahrzehnt müssen laut Weltklimarat aber die Emissionen schon um 45 Prozent gesunken sein, um das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen.
Ebenfalls nicht angereist waren der rechte Präsident Brasiliens, Jair Bolsonaro, in dessen Land sehr viel wertvoller Regenwald für Agrarfläche weichen musste. Auch abwesend: Die Staatenlenker Russlands und Saudi-Arabiens, deren Wirtschaftsmodell auf dem Gas- und Ölexport fusst.
Wieder auf der Weltbühne der Klimapolitik vertreten sind dagegen die USA. Präsident Joe Biden entschuldigte sich in Glasgow für seinen Vorgänger Donald Trump, der aus dem Klimaabkommen von Paris ausgestiegen war. Biden brachte allerdings vor allem ein schon bekanntes Methan-Abkommen mit – aus Sicht vieler Beobachter ein unzureichender Beitrag angesichts des gigantischen Ausstosses von Klimagasen, den Amerika auch historisch zu verantworten hat.
Thunberg erneuert Appell
Und Deutschland? Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) ist mit den Verhandlungen für eine Ampel-Koalition beschäftigt. Nach Schottland kommt sie erst am Donnerstag. Ihr Staatssekretär Jochen Flasbarth musste sich dafür rechtfertigen, dass die Bundesrepublik bei einer Erklärung zum Ausstieg aus der Finanzierung fossiler Projekte im Ausland bislang fehlt. «Dahinter stehen ein paar Fragen, die man ernsthaft klären muss», sagte er.
Thunberg: Klimakonferenz ist reines «PR-Event»
Für die Aktivistin Greta Thunberg ist der Klimagipfel in Glasgow eine «reine PR-Veranstaltung». Der globale Norden betreibe dort zwei Wochen lang «Greenwashing», sagte Thunberg bei einer Protest-Kundgebung in Glasgow.
06.11.2021
Genervt vom Zögern vieler Regierungen erneuerte Thunberg am Sonntag vor dem Start in die heisse Phase der COP26 ihren Appell an die Staatengemeinschaft: «Sofortige, drastische, nie da gewesene» jährliche Einschnitte bei den CO2-Emissionen seien unumgänglich. Die berühmten «kleinen Schritte in die richtige Richtung» kämen einer Niederlage im Kampf gegen die Klimakrise gleich.