Pisa-Schock für nördlichen Nachbarn Deutsche Schüler schlecht wie nie – Schweizer brillieren dagegen

tgab

5.12.2023 - 16:30

Die deutschen Schüler*innen haben bei der neuen Pisa-Studie so schlecht abgeschnitten wie noch nie zuvor.
Die deutschen Schüler*innen haben bei der neuen Pisa-Studie so schlecht abgeschnitten wie noch nie zuvor.
dpa

Jugendliche in Deutschland erhalten in Mathematik, im Lesen und in Naturwissenschaften die niedrigsten Werte, die für Deutschland jemals im Rahmen von Pisa gemessen wurden. Die Gründe sind ziemlich klar.

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  • Am Dienstag ist die neue internationale Leistungsstudie Pisa veröffentlicht worden.
  • Die deutschen Schüler*innen haben im Jahr 2022 so schlecht abgeschnitten wie noch nie zuvor.
  • Gründe sind die Folgen der Schulschliessungen während der Coronapandemie und Probleme im Sprachverständnis durch einen deutlich höheren Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund.

Es ist das erste Pisa-Zeugnis seit der Coronapandemie und es fällt verheerend aus: Noch nie haben die deutschen Schüler*innen so schlecht in der internationalen Bildungsstudie abgeschnitten. Laut den am Dienstag von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlichten Ergebnissen verschlechterten sich die Leistungen in den untersuchten Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Lesekompetenz deutlich.

Damit unterscheiden sich die deutschen Schüler*innen von jenen in der Schweiz. Im Vergleich mit allen an der Studie teilnehmenden Ländern erreicht die Schweiz das achtbeste Ergebnis. Besser sind lediglich sechs asiatische Länder oder Territorien sowie Estland. Im Fach Mathematik sinken die Resultate jedoch auch in der Schweiz stetig.

Die Studienmacher testeten im vergangenen Jahr in 81 Ländern das Leistungsvermögen von 15-Jährigen in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Lesekompetenz. Seit dem Jahr 2000 wird die Studie alle drei Jahre durchgeführt. 

Die erste Vergleichsstudie hatte damals in Deutschland für den «Pisa-Schock» gesorgt: Die deutschen 15-Jährigen schnitten extrem schlecht ab, zudem stand ein beschämend enger Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungschancen im Pisa-Zeugnis. Die Folge war eine heftige Bildungsdebatte. Danach verbesserten sich die Ergebnisse deutlich, doch in den letzten Pisa-Runden kam es zu einem Abwärtstrend.

Wenig digitaler Distanzunterricht während Corona

Gründe sind nach einer Analyse der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vor allem die Folgen der Schulschliessungen während der Coronapandemie und Probleme im Sprachverständnis durch einen deutlich höheren Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund. In Deutschland sei der Distanzunterricht weniger mit digitalen Medien und mehr mit Materialien, die an die Jugendlichen geschickt wurden, bestritten worden als im OECD-Durchschnitt.

«Das deutsche Schulsystem ist heruntergewirtschaftet.»

Die schlechten Ergebnisse überraschen den Soziologen Aladin El-Mafaalani nicht: «Diesen Trend beobachten wir seit rund zehn Jahren. Corona hat ihn lediglich verstärkt», sagt er dem «Stern». «Das deutsche Schulsystem ist heruntergewirtschaftet, es fehlen Fachkräfte. Und die Migration hat zugenommen», so El-Mafaalani, der an der Universität Osnabrück hauptsächlich zu den Themen Bildungsgerechtigkeit und Migration forscht.

«Vertretungsstunden und Schulausfall haben Konsequenzen.»

Die Bildungsgewerkschaften machten vor allem den Lehrermangel für die Misere verantwortlich. «Vertretungsstunden und Schulausfall haben Konsequenzen», sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Verband Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand. Die Politik solle dies als Warnruf annehmen und ihre Bemühungen bei der Bekämpfung des Lehrkräftemangels noch deutlich ausweiten.

Singapur und asiatische Länder liegen vorn

Den Expert*innen zufolge ist nicht nur die Lage in Deutschland besorgniserregend: In diesem Zyklus habe es einen noch nie dagewesenen Leistungsabfall innerhalb der OECD-Länder gegeben, hiess es in dem Bericht. Dieser Rückgang ist der OECD zufolge in einer Handvoll von Ländern besonders ausgeprägt. So hätten Polen, Norwegen, Island und Deutschland beispielsweise zwischen 2018 und 2022 einen Rückgang von 25 oder mehr Punkten in Mathematik verzeichnet.

In allen drei getesteten Kompetenzbereichen liegen die Schüler*innen aus Singapur weit vorn. Insgesamt schneiden asiatische Länder und Volkswirtschaften am besten ab, so gehören auch Japan, Südkorea und getrennt betrachtete chinesische Regionen in allen Bereichen zu den leistungsstärksten. Aus Europa holten nur die Schüler aus Estland in allen drei Bereichen Ergebnisse, mit denen sie in der Spitzengruppe landeten.

Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und afp

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