«Bleach Blond Bad Built Butch Body» Politikerinnen beleidigen sich in chaotischer Ausschusssitzung

Eine Ausschusssitzung in Washington mündet in Chaos: Marjorie Taylor Greene beleidigt Jasmine Crockett, doch die Demokratin schlägt verbal zurück – und lässt sich nun ihren Konter sogar patentieren.

Philipp Dahm

23.05.2024, 18:20

24.05.2024, 07:25

Philipp Dahm

«Auch das ist verstörend», kündigt MSNBC-Moderatorin Mika Brzezinski bei «Morning Joe» den folgenden Beitrag an, in dem es eigentlich bloss um eine Sitzung des Ausschusses für Aufsicht und Rechenschaft des Repräsentantenhauses geht. Das tönt eigentlich nicht nach Spannung.

Doch die Sitzung des House Committee on Oversight and Accountability gerät am 16. Mai völlig aus dem Ruder: «Chaos auf dem Capitol Hill», beginnt dann auch der Bericht. Was ist passiert? Der Ausschuss muss sich um den republikanischen Vorstoss kümmern, der Justizminister Merrick Garland zur Herausgabe von Dokumenten zwingen will.

Garland weigert sich, die Protokolle der Gespräche zwischen Joe Biden und Sonderermittler Robert Hur herauszugeben. Hur hatte eine Untersuchung geführt, weil der Präsident geheime Dokumente zu Hause gehabt hat. In einem Bericht hatte der Sonderermittler ihn danach als gutmütigen, ältlichen Mann mit einem schlechten Gedächtnis porträtiert.

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Patrick Semansky/AP/dpa

Obwohl sich der Ausschuss mit Garland zu befassen hatte, zieht Marjorie Taylor Greene (MTG) am 16. Mai Parallelen zum New Yorker Prozess gegen Donald Trump im Zusammenhang mit Schmiergeldzahlungen an Stephanie Clifford, die viele nur als Stormy Daniels kennen. Das kann Jasmine Crockett nicht verstehen: Die texanische Demokratin fragt, ob die Republikanerin wüsste, womit sich das Komitee beschäftige.

«Wie können sie es wagen?»

«Ich glaube nicht, dass sie wissen, warum wir hier sind. Ich glaube, dass ihre falschen Augenbrauen sie am Lesen hindern», giftet MTG zurück. Ein Raunen geht durch den Saal. Der republikanische Vorsitzende James Comer ruft zur Ordnung auf. Seine Vize, der Demokrat Jamie Raskin, ruft: «Das ist sogar unter ihrem Niveau, Miss Greene.»

Doch nun geht der Streit erst richtig los: Alexandria Ocasio-Cortez (AOC) schaltet sich ein. Die Demokratin verlangt, MTGs Aussagen streichen zu lassen, weil sie gegen die Regeln des Repräsentantenhauses verstiessen. «Das ist absolut inakzeptabel», ruft AOC aus. «Wie können sie es wagen, die physische Erscheinung einer anderen Person anzugreifen?»

Die so angesprochene 49-Jährige schiesst ungerührt zurück: «Sind ihre Gefühle verletzt?», fragt MTG provozierend. «Lassen Sie Ihre Worte streichen», wiederholt AOC ihre Forderung. «Awww», legt MTG nach. AOC ist angestachelt: «Oh, girl. Baby girl.» Unter Gelächter antwortet MTG: «Oh, wirklich?» AOC: «Versuchen Sie es gar nicht erst.» MTG: «Baby girl? Ich glaube nicht.»

Ein «Bleach Blond Bad Built Butch Body»

MTGs Beleidigung wird zwar aus dem Protokoll entfernt. Aber: «Ich entschuldige mich nicht», beharrt MTG und wirft AOC vor, nicht mit ihr debattieren zu wollen. Warum? «Das erklärt sich von selbst», wehrt AOC ab. MTG schiesst erneut scharf: «Weil sie nicht die Intelligenz haben.»

Zumindest Jasmine Crockett, die ja zuerst angegangen worden ist, hat an diesem Tag noch ihren Morgarten-Moment. Weil der Ausschussvorsitzende Comer MTG nicht von der Sitzung ausschliessen will, fragt sie den Republikaner:

«Ich bin neugierig. Nur zu meinem besseren Verständnis ihrer Regeln: Wenn jemand in diesem Komitee anfängt, über den blond gefärbten, schlecht gebauten männlichen Körper zu sprechen, wäre das nichts Persönliches, korrekt?» Auf Englisch spricht sie von einem «Bleach Blond Bad Built Butch Body». Comer kommt nicht hinterher. «Äh, was jetzt?»

Spruch patentiert und auf T-Shirt gedruckt

Für den cleveren Konter wird die 43-jährige Anwältin gefeiert – und ihre sechsfache Alliteration geht prompt viral. Das Gebaren der Politiker macht aber auch nachdenklich. «Wir haben absolut nichts hinzuzufügen», sagt stellvertretend «Morning Joe»-Moderator Joe Scarborough, der einst selbst in der Politik war – nur um dann prompt hinzuzufügen: «Es spricht einfach für sich. Es ist so widerlich. Es ist traurig.» 

Der Fall steht für so vieles, was derzeit in der US-Politik falsch läuft – von der Unfähigkeit zum Konsens bei selbst einfachen Regeln über fehlendes Zuhören und verbale Schläge unter die Gürtellinie bis hin zur kategorischen Unversöhnlichkeit. Die zeigt sich auch darin, dass der Zank danach noch unerbittlich weitergeht.

MTG teilt tüchtig aus. Auf X. Wo sonst? «In jedem einzelnen Komitee» würden Demokraten Trump beleidigen, klagt sie. Erneut macht sie «Fake Augenwimpern» zum Thema und unterstellt AOC erneut, sie sei nicht intelligent. Auch ein Video, das sie beim Fitnesstraining zeigt, wird mit Blick auf «Bleach Blond Bad Built Butch Body» als Reaktion gewertet.

Doch auch Jasmine Crockett nutzt das Rampenlicht für ihre Sache: «Leg dich nicht mit mir an», warnt sie im MSNBC-Interview. Auch mit CNN-Moderator Jake Tapper spricht die 43-Jährige über den Vorfall – und wirft MTG Rassismus vor. Ihre sechsfache Alliteration alias «B6» hat sie sich patentieren lassen – und verkauft nun entsprechende T-Shirts.

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