«Welcher Wahlkampf?» Donald Trump beginnt 2023 mit viel Gegenwind

AP/twei

4.1.2023 - 23:55

Was Trumps Steuererklärungen über seine Finanzen verraten

Was Trumps Steuererklärungen über seine Finanzen verraten

Die veröffentlichten Steuererklärungen von Donald Trump legen neue Details über die Finanzen des Ex-US-Präsidenten offen. Trump hatte demnach noch während seiner Amtszeit ein Bankkonto in China.

04.01.2023

Trump mag sich immer noch als Champion der US-Republikaner begreifen. Aber es gibt viele, die glauben, dass sein Stern am Sinken ist. Tatsächlich haben ihn viele Probleme ins neue Jahr begleitet.

DPA, AP/twei

Vor einem Jahr, Anfang 2022, war Donald Trump auf einem Hoch. Kandidaten für die Kongressvorwahlen gaben sich auf seinem Anwesen in Florida die Klinke in die Hand, um sich seine Unterstützung zu sichern. Trumps Kundgebungen zogen Tausende Menschen an. Laufende Ermittlungen gegen ihn blieben weitgehend unter dem Radar.

Jetzt, ein Jahr später, ist Trump mit einer sehr anderen Realität konfrontiert. Er steckt in strafrechtlichen Untersuchungen, die mit Anklagen enden könnten. Gleichzeitig wird ihm die Schuld für das enttäuschende republikanische Abschneiden bei der Kongresswahl im November zugewiesen.

Zwar hat er sich inzwischen erneut zum Präsidentschaftsbewerber ausgerufen, doch waren die sieben Wochen seit der Verkündung einer erneuten Kandidatur von selbst verursachten Krisen gekennzeichnet. Trump hat bislang keine einzige Wahlkundgebung abgehalten und verlässt sein Domizil Mar-a-Lago nur selten.

Trumps ärgster Konkurrent heisst Ron DeSantis

Etwaige Herausforderer 2024 scheinen eher ermutigt als durch Trump abgeschreckt zu sein. Floridas wiedergewählter Gouverneur Ron DeSantis wird nach seinem überwältigenden Sieg im November zunehmend als Trumps stärkster Konkurrent angesehen. Die lahme Vorstellung, die der Ex-Präsident bei der offiziellen Verkündung seiner erneuten Kandidatur gab, hat sogar bei einstmals unerschütterlichen Unterstützern die Frage aufgeworfen, ob er es überhaupt ernst mit einem erneuten Rennen ums Weisse Haus meint. 

Trumps Einstieg sei jedenfalls misslungen, sagt beispielsweise Michael Biundo, ein republikanischer Funktionär, der Trump im Wahlkampf 2016 beraten hat, aber sich diesmal heraushält. «Er hatte seine (offizielle) Ankündigung und hat seitdem nichts getan, um sie zu untermauern.»

«Welcher Wahlkampf?» fragt sich auch Dan Eberhart, der die Partei seit Langem mit Spenden unterstützt und 2020 für Trumps Wahlkampf 100'000 Dollar hingeblättert hat. Jetzt neigt er DeSantis zu. «Trumps früher Einstieg scheint eher eine Reaktion auf die Überperformance von DeSantis und eine rechtliche Strategie gegen Strafverfolgung zu sein als eine politische Wahlkampagne.»

Donald Trumps Konkurrenten innerhalb der eigenen Partei werden immer zahlreicher.
Donald Trumps Konkurrenten innerhalb der eigenen Partei werden immer zahlreicher.
Bild: Andrew Harnik/AP/dpa

Die Medien haben Schuld – mal wieder

Leute in Trumps Wahlkampforganisation sagen, dass sie die Zeit seit der Bekanntgabe der erneuten Kandidatur am 15. November damit verbracht hätten, eine politische Operation aufzubauen. Die frühe Verkündung lasse ihnen genügend Zeit für die Anlaufphase. «Dies ist ein Marathon, und unser Spielplan wird mit voller Absicht (so) abgewickelt», sagt Trump-Sprecher Stephen Cheung.

«Wir stellen auch Top-Teams in Bundesstaaten zusammen, die früh (Vor)Wahlen abhalten, und weiten unsere massive Datenoperation aus, um zu gewährleisten, dass wir an allen Fronten dominieren. Wir werden nicht das Spiel der Medien mitmachen, die versuchen, uns zu diktieren, wie wir unseren Wahlkampf führen.»

Auch Trump hat sich gegen Kritik an seinem langsamen Start verteidigt. «Die Kundgebungen werden grösser und besser als je zuvor sein, aber es ist ein bisschen früh, meint Ihr nicht auch?», schrieb er auf seiner Social-Media-Seite.

Trump beschäftigen juristische Probleme

Trump hat bisher zu keinen Wahlkampfkundgebungen eingeladen, zu Kontroversen aber schon. Da war zum Beispiel das Abendessen mit einem weissen Nationalisten und dem einst als Kanye West bekannten Rapper, der sich antisemitisch geäussert, Verschwörungstheorien verbreitet und vorgeschlagen hat, Teile der US-Verfassung abzuschaffen, um Trumps Rückkehr an die Macht zu ermöglichen. 

Seit seinem Einstieg ins Rennen hat der Ex-Präsident auch eine Reihe juristischer Schlappen erlitten. So ist er jetzt mit einem Sonderanwalt konfrontiert, der eigens eingesetzt wurde, um Ermittlungen des Justizministeriums gegen ihn zu beaufsichtigen.

Zum einen drehen sie sich um Trumps Mitnahme geheimer Regierungsdokumente nach Mar-a-Lago und zum anderen um Trumps Bemühungen, das Wahlergebnis von 2020 zu kippen. Trumps gleichnamiges Unternehmen wurde im November wegen Steuerbetruges verurteilt, und im Bundesstaat Georgia scheint sich die spezielle Untersuchung einer Anklagekammer (Grand Jury) im Zusammenhang mit seinem Versuch, an der Macht zu bleiben, dem Ende zu nähern.

Trump «muss sich Nominierung verdienen»

Trumps potenzielle Wahlrivalen haben derweil bereits Monate damit verbracht, die Grundsteine für ihre eigenen Kampagnen zu legen,  haben früh wählende Bundesstaaten besucht, vor konservativen Gruppen gesprochen und Beziehungen aufgebaut, die ihnen später zugute kommen könnten.

Bob Vander Plaats ist Chef der konservativen Gruppe The Family Leader in Iowa. Er weist darauf hin, dass Republikaner wie Ex-Vizepräsident Mike Pence, der frühere Aussenminister Mike Pompeo und die einstige UN-Botschafterin Nikki Haley sich bereits wiederholt in seinem US-Staat aufgehalten und damit frühzeitig alles getan hätten, um gut bei den Menschen in Iowa anzukommen. Was Trump betreffe, habe man dagegen fast das Gefühl, als habe die Bekanntgabe der Kandidatur nie stattgefunden.

Kehrt Donald Trump nochmals als US-Präsident ins Weisse Haus zurück?
Kehrt Donald Trump nochmals als US-Präsident ins Weisse Haus zurück?
Bild: AP Photo/Tony Dejak

Plaats nennt das schlechte Abschneiden einiger von Trump unterstützter Bewerber bei den Kongress- und Gouverneurswahlen im November ein «Warnzeichen». Sogar Trump-Anhänger seien dafür offen, sich im Vorwahlrennen 2024 hinter einen anderen Kandidaten zu stellen, sagt er. Trump «muss sich definitiv die Nominierung (als Spitzenkandidat) verdienen».

Beobachter glauben an «offene Vorwahl»

Aber trotz aller Widrigkeiten gilt der Ex-Präsident derzeit als republikanischer Spitzenreiter. Experten halten ihn zwar in einem Zweierrennen für potenziell schlagbar, aber er könnte von einem dichten Bewerberfeld profitieren, in dem sich die Anti-Trump-Stimmen aufsplittern – so wie es 2016 war.

Dennoch glauben manche, dass der Ausgang der republikanischen Spitzenkandidatenkür diesmal offener ist. So auch Biundo, der ehemalige Wahlkampfberater. «Ich glaube nicht, dass Donald Trump sie (die Spitzenkandidatur) unter Dach und Fach hat», sagt er. «Ich glaube, DeSantis hat sie nicht unter Dach und Fach. Ich glaube, niemand hat sie unter Dach und Fach. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es eine offene Vorwahl.»