Heftige Auseinandersetzungen Proteste im Irak flammen wieder auf

SDA/tpfi

25.10.2019 - 23:49

Bei regierungskritischen Protesten im Irak sind zahlreiche Menschen ums Leben gekommen.
Bei regierungskritischen Protesten im Irak sind zahlreiche Menschen ums Leben gekommen.
Source: Kestone/AP/Nabil Al-Jurani 

Seit Wochen gehen die Menschen im Irak auf die Straße und fordern den Sturz der Regierung und die Auflösung des Parlaments. Bei neuerlichen Protesten starben am Freitag mindestens 42 Demonstranten.

Beim Wiederaufflammen der Proteste gegen die Regierung im Irak sind dutzende Menschen getötet worden. Bei Demonstrationen und Brandstiftungen an Regierungsgebäuden und Parteizentralen starben am Freitag mindestens 42 Demonstranten.

Viele der Opfer erstickten an Rauchgas, andere wurden erschossen. Die Uno warf der irakischen Polizei gravierende Menschenrechtsverletzungen vor. Fast 1800 Personen seien verletzt worden, wie am Freitag aus Sicherheitskreisen weiter verlautete.

Unter den Toten waren demnach 25 Demonstranten sowie ein Geheimdienstmitarbeiter und ein Mitglied einer einflussreichen Miliz. Dem Innenministerium zufolge wurden auch 68 Sicherheitskräfte verletzt.

Es ist der zweite schwere Gewaltausbruch innerhalb dieses Monats. Erst vor zwei Wochen waren bei einer Reihe von Zusammenstössen von Demonstranten und Sicherheitskräften 167 Menschen getötet und mehr als 6000 verletzt worden. Die Proteste richten sich gegen hohe Arbeitslosigkeit, Korruption und Misswirtschaft.

Nach etwa zwei Wochen Unterbrechung setzten die Proteste nun wieder ein. In der Hauptstadt Bagdad wurden laut der irakischen Menschenrechtskommission acht Demonstranten getötet. Mindestens fünf von ihnen wurden tödlich von einer Tränengasgranate im Gesicht getroffen wurde, wie es im Umfeld von Polizei und Medizinern hiess.

Tränengas und Blendgranaten

Sicherheitskräfte setzten Tränengas und Blendgranaten ein, um die Menge zurückzudrängen, die zur sogenannten Grünen Zone zog, in der sich das Regierungsviertel und die ausländischen Botschaften befinden.

«Alles, was wir wollen, sind vier Dinge: Arbeitsplätze, Wasser, Strom und Sicherheit. Das ist alles, was wir wollen», sagte ein 16-jähriger Demonstrant, der sein Gesicht während chaotischer Szenen auf dem zentralen Tahrir-Platz mit einem T-Shirt bedeckt hatte, um sich vor Tränengas zu schützen.

Im Süden starben in der Stadt Nasirija mindestens sechs Demonstranten. Mitglieder der vom Iran unterstützten Miliz Asaib Ahl al-Hak eröffneten das Feuer, als Demonstranten versuchten, das örtliche Büro der Organisation in Brand zu setzen, wie aus Sicherheitskreisen verlautete.

Acht Menschen wurden in der Stadt Amara getötet, darunter sechs Demonstranten, ein Mitglied der AAH-Miliz und ein Geheimdienstler. Auch in der Ölstadt Basra und in Samawa gab es Tote.

Aufruf zu Gewaltfreiheit

Der führende schiitische Geistliche des Landes, Grossajatollah Ali al-Sistani, rief Demonstranten und Sicherheitskräfte dazu auf, friedlich zu bleiben. Wahre Reformen und ein Wandel im Land müssten mit friedlichen Mitteln erreicht werden.

Zugleich erklärte Sistani, der sich allenfalls in Krisen ins politische Geschäft einmischt, die Sicherheitskräfte dürften Gewalt gegen privaten und öffentlichen Besitz nicht zulassen. Der Unmut der Bevölkerung richtet sich seit längerem gegen die Regierung von Ministerpräsident Adel Abdul Mahdi.

Am Donnerstag hatte er erklärt, die Menschen hätten die Freiheit, ihre Meinung kundzutun. Gewalt werde aber nicht toleriert. In einem Regierungsbericht wurde den Sicherheitskräften kürzlich übermässige Gewaltanwendung vorgeworfen.

Uno-Generalsekretär Antonio Guterres warf den irakischen Sicherheitskräften am Freitag vor, für den Tod von Demonstranten und für schwere Menschenrechtsverletzungen bei der ersten Protestwelle Anfang des Monats verantwortlich zu sein.

Trotz des Ölreichtums leben viele Iraker in Armut und haben nur begrenzt Zugang zu sauberem Wasser, Elektrizität, Bildung und Gesundheitsversorgung. Die Regierung hat Reformen versprochen. Ein 17-Punkte-Plan stellt unter anderem Unterstützung für Arbeitslose sowie Hinterbliebene von getöteten Demonstranten in Aussicht.

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