Rishi Sunak Der millionenschwere Senkrechtstarter ist am Ziel

AP/SDA/gbi

24.10.2022

Sunak wird neuer britischer Premierminister

Sunak wird neuer britischer Premierminister

Rishi Sunak Ex-Finanzminister Rishi Sunak wird neuer Premierminister Grossbritanniens. Seine Konkurrenten Boris Johnson und Penny Mordaunt zogen sich aus dem Rennen zurück. Sunak wird der erste nicht-weisse Regierungschef Grossbritanniens.

24.10.2022

Rishi Sunak ist Sohn indischer Einwanderer, politischer Shootingstar, Partygate-Überlebender: Wer ist der Mann, der als neuer britischer Regierungschef die Scherben zusammenkehren soll?

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24.10.2022

Er hatte wieder und wieder vor Liz Truss' Wirtschaftsplänen gewarnt, sie als «Märchenökonomin» abgekanzelt. Das kommt Rishi Sunak jetzt zugute. Erst waren die geplanten Steuersenkungen für Topverdiener vom Tisch, dann musste die britische Kurzzeit-Premierministerin zurücktreten – und nun kommt Sunak zu seiner Chance, es besser zu machen.

Der ehemalige Finanzminister ist als neuer Premierminister gesetzt, seit seine einzige Konkurrentin Penny Mordaunt am Montag ihre Kandidatur zurückgezogen hat. Der 42-Jährige ist neuer Vorsitzender der regierenden Konservativen Partei und wird damit auch britischer Premier.

Überraschend kommt all das nicht: Sunak hatte bereits als Schatzkanzler unter dem früheren Premierminister Boris Johnson eine so brillante Figur abgegeben, dass viele ihn für den natürlichen Nachfolger Johnsons hielten. Doch erst einmal kam Truss zum Zug. Im zweiten Anlauf hat es nun geklappt.

Rishi Sunak wurde 1980 in Southampton geboren und ist mit seinen 42 Jahren der jüngste britische Premierminister seit 200 Jahren. Als Sohn indischer Einwanderer, die aus Ostafrika nach Grossbritannien kamen, schreibt er ausserdem Geschichte: Er ist der erste Regierungschef, der einer ethnischen Minderheit angehört. Seinen familiären Hintergrund preist Sunak gerne als Beweis dafür, dass auch Kinder mit Migrationshintergrund es bis an die Spitze schaffen können.

Sunak gehörte zu einer Familie der Mittelschicht, sein Vater war Allgemeinarzt und seine Mutter Apothekerin. Von seinen Eltern habe er die Einstellung übernommen, hart zu arbeiten, sagt Sunak. Mit ihren Ersparnissen hätten sie ihn auf das Winchester College geschickt, eines der teuersten Internate in Grossbritannien. Anschliessend studierte Sunak in Oxford Philosophie, Politik und Wirtschaft und legte einen Masterabschluss an der renommierten Stanford University in den USA ab.

Seine Rivalen haben vor Kurzem eine Fernsehdokumentation von 2001 ausgegraben, in der der damals 21-jährige Sunak damit prahlte, mit Aristokraten und Leuten aus der Oberklasse befreundet zu sein. Leute aus der Arbeiterschicht seien nicht darunter.

Blitzkarriere nach dem Brexit

Bei der Arbeit für die Investmentbank Goldman Sachs in den USA lernte Sunak seine Frau Akshata Murty kennen, mit der er zwei Töchter hat. Er wurde auch schon als der reichste Abgeordnete im britischen Parlament bezeichnet. Seine Frau ist die Tochter des Gründers des indischen IT-Giganten Infosys und hält einen Millionen Pfund schweren Anteil an dem Konzern. In diesem Jahr landeten die beiden erstmals auf der Liste der 250 reichsten Brit*innen der «Sunday Times». Geschätztes Vermögen: 730 Millionen Pfund.

Einst Finanzminister, jetzt Premier: Rishi Sunak leitet neu die Geschicke Grossbritanniens.
Einst Finanzminister, jetzt Premier: Rishi Sunak leitet neu die Geschicke Grossbritanniens.
Bild: Kirsty Wigglesworth/AP/dpa

Zurück in England sicherte er sich die Kandidatur in der Tory-Hochburg Richmond und wurde 2015 ins Parlament gewählt. Ein Jahr später hatte sich Sunak beim Brexit-Referendum für einen Ausstieg Grossbritanniens aus der EU eingesetzt. Der Brexit verhalf ihm auch zu einer schnellen Karriere: Nach mehreren untergeordneten Kabinettsposten ernannte ihn Johnson Anfang 2020 zum Schatzkanzler. Dieses Amt hatte er bis Sommer 2022 inne. Dabei war er das beliebteste Mitglied der Regierung.

Das Strahlemann-Image bröckelt

Doch Sunaks Image litt mit der Zeit. Der Öffentlichkeit fiel auf, dass er mit einer Milliardärstochter verheiratet ist, die in Grossbritannien keine Steuern für ihr Einkommen aus dem Ausland zahlt. Das ist legal, sah aber nicht gut aus, weil Sunak gerade Millionen Britinnen und Briten die Steuern erhöhte. Sunak wurde auch dafür kritisiert, dass er als Schatzkanzler zunächst seine «Green Card», seine Aufenthaltsgenehmigung für die USA, nicht aufgab.

Dann bekam er wie Johnson von der Polizei einen Strafbefehl, weil er während des Covid-Lockdowns an einer verbotenen Fete von Regierungsmitgliedern teilgenommen hatte. Seine Entschuldigung: Er sei da nur versehentlich hineingeraten und nicht lange geblieben.

Zuletzt wurde ihm vorgeworfen, er habe mit seinem Abgang aus der Johnson-Regierung vor allem seine eigene Haut retten und aus der politischen Misere politisch Kapital für sich schlagen wollen. Als er und Gesundheitsminister Sajid Javid am 5. Juli fast gleichzeitig ihren Rücktritt erklärten, führte das zur Implosion der Regierung. Johnson blieb nichts anderes übrig, als selbst zurückzutreten.

Nicht wenige in der Partei nehmen es Sunak noch immer übel, dass er damit das Ende des bei der Basis so beliebten Johnson eingeläutet habe. Seinen Anspruch, die zerstrittene Partei zu einen, muss Sunak also erst noch in die Realität umsetzen.