Deutschland Scholz will Beziehungen zu Indien stärken – auch wegen Russland

SDA

25.2.2023 - 09:35

Bundeskanzler Olaf Scholz (l, SPD) steht mit Premierminister Narendra Modi am Hyderabad House, dem Gästehaus der indischen Regierung. Scholz hält sich zu einem zweitägigen Besuch in Indien auf und besucht auch Bangaluru. Foto: Michael Kappeler/dpa
Bundeskanzler Olaf Scholz (l, SPD) steht mit Premierminister Narendra Modi am Hyderabad House, dem Gästehaus der indischen Regierung. Scholz hält sich zu einem zweitägigen Besuch in Indien auf und besucht auch Bangaluru. Foto: Michael Kappeler/dpa
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist zu einem zweitägigen Besuch in Indien eingetroffen. In der Hauptstadt Neu Delhi wurde er am Samstagmorgen von Premierminister Narendra Modi mit militärischen Ehren empfangen. Modi hat in diesem Jahr den Vorsitz in der G20 führender Wirtschaftsmächte. Scholz sagte bei der Begrüssung, dass es bereits gute Beziehungen zwischen Indien und Deutschland gebe. «Und ich hoffe, wir werden diese sehr guten Beziehungen stärken.»

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Zu den Hauptthemen des Kanzler-Besuchs wird der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zählen, zu dem Indien eine neutrale Haltung einnimmt. Der Resolution, mit der die UN-Vollversammlung am Donnerstag einen Rückzug Russlands aus der Ukraine forderte, stimmte Indien nicht zu, sondern enthielt sich.

Keine Belehrungen wegen Russland-Kurs

Scholz will die wirtschaftlichen und strategischen Beziehungen zu Indien ausbauen – um eigene Abhängigkeiten von China zu verringern, aber auch um Indien aus seiner engen Bindung an Russland zu lösen. Er will bei seinem ersten Besuch auf dem Subkontinent als Kanzler aber auch nicht belehrend daherkommen. Seine Reise bereitete Scholz vergangenes Wochenende in seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz mit einem Zitat des indischen Aussenministers Subrahmanyam Jaishankar vor, das er sich zu eigen machte: «Europa muss aus der Mentalität herauswachsen, dass die Probleme Europas die Probleme der Welt sind, aber die Probleme der Welt nicht die Probleme Europas sind.» Bei indischen Medien kam das sehr gut an.

Auch in einem Interview der «Times of India» kurz vor seiner Reise vermied Scholz Kritik am Russland-Kurs Indiens und betonte die Gemeinsamkeiten. «Gemeinsam stehen wir für die Souveränität von Staaten und die friedliche Beilegung von Konflikten weltweit ein. Wir stehen fest hinter der Botschaft, dass der Neo-Imperialismus nicht siegen wird – die Geschichte hat dies schon mehrfach bewiesen», sagte er.

Grossteil der indischen Streitkräfte von Russland ausgerüstet

Indien arbeitet nicht nur wirtschaftlich eng mit Russland zusammen. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat es seine Importe von relativ günstigem russischen Öl ausgeweitet. Kritiker werfen dem Land vor, so die Sanktionen des Westens auszuhebeln. Die Bundesregierung will das nicht problematisieren. «Es wäre falsch, wenn wir das als Provokation begreifen würden», heisst es aus Regierungskreisen. Angesichts der Grösse Indiens mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern und der Herausforderungen, vor denen das Land stehe, sei es «rein marktwirtschaftlich kein unvernünftiges Verhalten» Indiens.

Auch militärisch steht Indien Russland sehr nahe. Ein Grossteil der Ausrüstung der indischen Streitkräfte stammt von dort. «Dass das so bleibt, kann nicht in unserem Interesse sein», heisst es aus deutschen Regierungskreisen. Die Kooperation im Rüstungsbereich werde bei der Reise daher «eine wichtige Rolle» spielen. Es gebe da auch schon «einige interessante Projekte», vor allem im maritimen Bereich.

Indien will neue U-Boote – vielleicht mit deutscher Hilfe

Indischen Medienberichten zufolge sucht die Regierung in Neu Delhi einen Kooperationspartner für die Produktion von sechs U-Booten. Aus Deutschland käme dafür ThyssenKrupp Marine Systems in Frage, aber auch Südkorea soll im Rennen sein. Ein solches Geschäft wäre mehrere Milliarden Euro wert.

Derzeit verfügt Indien über 16 konventionelle und ein nukleares U-Boot. Das Land zählt zu den mutmasslich insgesamt neun Ländern, die über Atomwaffen verfügen, und steht seit Jahrzehnten in einem Konflikt mit dem ebenfalls nuklear bewaffneten Nachbarland Pakistan. Waffenexporte nach Indien sind daher umstritten.

Ein Dutzend Wirtschaftsvertreter dabei

Scholz wird auf der Reise von einem Dutzend Wirtschaftsvertretern begleitet. In Indien sind bereits 1800 deutsche Unternehmen tätig, unter anderem wird Scholz am Sonntag in der Hightech-Metropole Bengaluru – dem südindischen Silicon Valley – einen Standort des Softwarekonzerns SAP besuchen. Scholz sieht Potenzial für eine verstärkte Zusammenarbeit vor allem bei erneuerbaren Energien, Wasserstoff, Mobilität, der Pharmaindustrie und der Digitalwirtschaft.

Auch Klimaschutz soll eine wichtige Rolle bei der Reise spielen. «Ohne Schlüsselländer wie Indien werden wir es nicht schaffen, den weltweiten Temperaturanstieg so weit zu begrenzen, dass das 1,5-Grad-Ziel des Übereinkommens von Paris in Reichweite bleibt, und den grünen Wandel zu meistern», sagte Scholz der «Times of India». Indien ist nach China und den USA der drittgrösste Produzent klimaschädlicher Treibhausgase, hinkt beim Klimaschutz aber hinterher. So stuft das Analyse-Portal Climate Action Tracker die Pläne Indiens im Kampf gegen die Erderwärmung als «hochgradig unzureichend» ein.