Fake oder echt? So kannst du Bilder und Videos aus der Ukraine überprüfen

Von Dirk Jacquemien

28.2.2022

Dieses von der Nachrichtenagentur EPA aufgenommene Foto ist echt. Es zeigt ein Hochhaus in Kiew.
Dieses von der Nachrichtenagentur EPA aufgenommene Foto ist echt. Es zeigt ein Hochhaus in Kiew.
Keystone

Der Krieg in der Ukraine produziert eine Fülle an erschreckenden Bildern und Videos. Deren Authentizität ist oft zweifelhaft. So kannst du selbst überprüfen, was wahr und was falsch ist.

Von Dirk Jacquemien

28.2.2022

Die russische Invasion der Ukraine ist auch eine Propagandaschlacht. Mindestens diese scheint Russland zu verlieren, denn das Netz ist inzwischen geflutet von vermeintlich zerstörtem russischen Kriegsmaterial und demoralisierten russischen Kriegsgefangenen.

Doch diese Flut macht es schwierig zu erkennen, was echt und was falsch ist. Teils werden selbst Szenen aus Videospielen als Bilder des Krieges verkauft. Mit den folgenden Tipps kannst du aber zumindest versuchen, Licht in den Nebel des Krieges zu bringen.

Schau auf die Metadaten

Mit modernen Kameras oder Smartphones aufgenommene Fotos und Video hinterlegen in der Regel mindestens Zeitpunkt und Ort einer Aufnahme in den sogenannten Metadaten einer Datei. Eine Analyse dieser Daten liefert oft wichtige Hinweise zur Authentizität.

Allerdings: Viele soziale Netzwerke, die meistens die Quelle für das Bildmaterial sind, entfernen die Metadaten. Beim in Russland und der Ukraine stark genutzten Telegram werden die Metadaten von der App aber nicht angetastet. Hier kannst du also Fotos und Videos herunterladen und dir dann die Metadaten anschauen.

Das geht mit jedem handelsüblichen Bildbearbeitungsprogramm. Alternativ kannst du die Dateien auch auf speziellen Websites hochladen, etwa Metadata2Go oder Metapicz. Diese zeigen dann alle in der Datei gespeicherten Metadaten auf einen Blick an.

Wenn der in den Metadaten hinterlegte Zeit und Ort mit den Angaben zum Foto oder Video übereinstimmen, ist das schon mal Anzeichen für deren Echtheit. Umgekehrt stellen Diskrepanzen die Authentizität infrage.

So enthüllten noch vor Ausbruch des Krieges die Metadaten eines Videos eine sogenannte «False Flag»-Operation der selbst ernannten Volksrepublik Donezk. Sie veröffentlichte am 18. Februar ein Video auf ihrem Telegram-Kanal, das einen Anschlag von «polnischen Saboteuren» auf ein Klärwerk zeigen sollte. 

Doch der in den Metadaten festgehaltene Zeitpunkt der Erstellung des Videos stimmte nicht mit Aussagen der Separatisten zusammen. Ausserdem zeigten die Metadaten, dass das Video noch mit einem Videobearbeitungsprogramm verändert wurde. Weitere Recherchen fanden dann heraus, dass der Sound einer vermeintlichen Explosion aus einem alten YouTube-Video herauskopiert und in den Clip der Separatisten eingefügt wurde.

Allerdings können mit etwas Aufwand auch Metadaten manipuliert werden und häufig fehlen sie, vor allem wenn man das Material aus zweiter oder dritter Hand in die Hände bekommt. Andere Verifikationsmethoden sind also ebenso angebracht.

Bestimme den Ort

Fast am wichtigsten ist dabei, den Ort eines Videos oder Fotos zu bestätigten. Entweder durch die aus den Metadaten gewonnenen Koordinaten, durch Hinweise im Bild oder Video selbst oder der dazugehörigen Beschreibung. Dabei hilft Google Maps.

Hierbei kannst du Merkmale im Foto oder Video — wie markante Gebäude oder Strassenzüge – mit den Satellitenbildern des mutmasslichen Aufnahmeortes vergleichen. In der Ukraine gibt es auch eine ziemlich gute Abdeckung durch Google Street View, alle grösseren Städte lassen sich virtuell abfahren. Dies erleichtert die Zuordnung zusätzlich.

Bestimme den Zeitpunkt

Wurde ein Foto oder Video denn wirklich zu dem Zeitpunkt erstellt, der von den Verbreiter*innen des Materials angegeben wurde? Neben den Metadaten kannst du hier wieder auf Merkmale im Material selbst achten. Manche Ungereimtheiten sind dabei leichter zu erkennen als andere.

Wenn nun im tiefsten Winter im Hintergrund Bäume voller Blätter zu sehen sind, ist klar, dass das Foto oder Video nicht aus dem aktuellen Konflikt stammen kann.

Für eine tiefere Recherche ist eine umgekehrte Bildsuche, wie sie etwa Google anbietet,  ein guter Startpunkt. Hierbei siehst du, wo im Netz das Foto auch aufgetaucht ist. Dabei kann dann herauskommen, dass das Material bereits alt ist oder etwa auf einer anderen Plattform in einem völlig anderen Kontext präsentiert wird.

Kenne deine Grenzen

Schliesslich solltest du dir aber auch eingestehen, dass es dir in vielen Fällen nicht möglich sein wird, über die Authentizität sicher zu urteilen. Wenn du kein Russisch oder Ukrainisch verstehst, wirst du etwa nicht erkennen können, ob der Akzent eines vermeintlichen Kriegsgefangenen oder Saboteurs echt ist.

Auch ein Video und Foto, das nicht manipuliert wurde und dessen Angaben zu Ort und Zeitpunkt stimmig sind, muss nicht zwangsläufig das zeigen, wonach es auf den ersten Blick ausschaut. Daher ist eine gesunde Grundskepsis gerade in diesen Zeiten angemessen.

Dabei kannst du aber auch Hilfe von Expert*innen in Anspruch nehmen. Das Datenjournalismus-Netzwerk Bellingcat befasst sich beispielsweise intensiv mit der Verifizierung von Bildern des Konfliktes und veröffentlichte gestern eine Untersuchung zum Einsatz von Streubomben anhand von auf Social Media veröffentlichtem Material. 

Das Centre for Information Resilience hat eine Karte ins Netz gestellt, auf der es verifiziertes Bild- und Videomaterial aus der Ukraine präsentiert. Und die BBC hat bereits in mehreren Faktenchecks nachweislich falsche Social-Media-Posts zum Krieg enttarnt.