Strack-Zimmermann Deutschland könnte seine Munition bald nicht mehr in der Schweiz kaufen

mt

6.11.2022 - 10:52

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, will überprüfen, ob weiterhin Schweizer Munition zum Einsatz kommen soll.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, will überprüfen, ob weiterhin Schweizer Munition zum Einsatz kommen soll.
Kay Nietfeld/dpa

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, fordert wegen des Schweizer Vetos gegen die Lieferung von Flugabwehrmunition an die Ukraine eine grundsätzliche Überprüfung der Lieferketten.

Keystone-SDA, mt

Marie-Agnes Strack-Zimmermann verwies auch darauf, dass in den kommenden Jahren Munitionskäufe im Umfang von 20 Milliarden Euro oder mehr nötig seien. Die Schweiz hatte die Weitergabe von Gepard-Munition am Donnerstag zum zweiten Mal blockiert und auf die eigene Neutralität «im Verhältnis Russland-Ukraine» verwiesen.

Wirtschaftsminister Guy Parmelin lehnte am Donnerstag eine Anfrage der deutschen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht ab. Lambrecht hatte am 21. Oktober um die Weitergabe von rund 12'400 Patronen 35-Millimeter-Munition für den Flugabwehrpanzer Gepard ersucht. Er bekräftigte, wie bereits Anfang Juni erläutert, die Schweiz wende im Verhältnis Russland-Ukraine das Neutralitätsrecht an, das Teil des Völkergewohnheitsrechts sei.

Solange die Ukraine in einen internationalen Konflikt verwickelt sei, könne die Schweiz einer Anfrage um Weitergabe von Kriegsmaterial an die Ukraine aufgrund des neutralitätsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots nicht zustimmen. Auch aufgrund der Bestimmungen im Schweizer Kriegsmaterialgesetz sei eine Weitergabe der Gepard-Munition nicht möglich.

Bereits Anfang Juni hatte der Bundesrat Gesuche aus Deutschland und Dänemark abgelehnt, die in der Schweiz produziertes Kriegsmaterial an die Ukraine liefern wollten.

Schweizer Haltung akzeptiert

«Selbstverständlich haben wir, wenn es auch schwer fällt, als befreundete Nachbarn zu akzeptieren, wenn die Schweiz aufgrund ihres Neutralitätsstatus keine Munition weiterreichen will, die in Krisengebieten eingesetzt wird», sagte Strack-Zimmermann. «Bedauerlich ist es allerdings, da die Munition für den Gepard benötigt wird, um primär Luftangriffe auf mit Weizen beladene Schiffe in den ukrainischen Häfen abzuwehren. Wenn dies nicht gelingt, hat das am Ende für 190 Millionen Menschen weltweit zur Folge, in eine Hungersnot zu geraten.»

Für die Verteidigungspolitikerin drängen sich zudem sicherheitspolitische Fragen auf. «Was geschieht eigentlich, wenn Deutschland oder einer der Nato-Staaten angegriffen würde und die in der Schweiz hergestellte Munition aufgrund dieser «Neutralität» nicht geliefert würde?»

Die in der Bundeswehr ausgemusterten und der Ukraine überlassenen Gepard-Panzer sind mit einer 35mm-Zwillingskanone der Schweizer Rüstungsschmiede Oerlikon ausgestattet. Der Hersteller von Waffen und Munition gehört heute zu Rheinmetall.

Strack-Zimmermann verwies darauf, dass die Bundeswehr aus der Schweiz auch Munition für ihr Flugabwehr-Waffensystem Mantis, Munition für die Hauptbewaffnung des Schützenpanzers Puma sowie für die Kampfflugzeuge Tornado und Eurofighter beziehe.

«Die Welt ist sicherheitspolitisch seit dem 24. Februar eine andere, und Deutschland muss umgehend bei der Bestellung von Munition die entsprechenden Lieferwege überprüfen, gegebenenfalls verändern oder anpassen», sagte sie mit Hinweis auf den Tag der russischen Angriffs auf die Ukraine. Sie forderte: «Verlässlichkeit in dieser Situation ist unabdingbar.»