Enthüllungen um Zuger Konzern Trieb Glencore ein bitterarmes Land in die Schuldenfalle?

toko

25.2.2024

Der Hauptsitz des Rohstoffkonzerns Glencore in Baar im Kanton Zug.
Der Hauptsitz des Rohstoffkonzerns Glencore in Baar im Kanton Zug.
sda (Archivbild)

Glencore gewährte dem Tschad einst einen Milliardenkredit, dessen Bedingungen das Land in eine Schuldenfalle trieben. Nun zeigt sich: Ein Vertreter des bitterarmen Tschad arbeitete heimlich für den Konzern.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Medien zugespielte Dokumente zeigen, dass ein Kameruner Geschäftsmann, der den Tschad in einem Öl-Deal mit Glencore vertreten sollte, insgeheim für den Schweizer Rohstoffgiganten arbeitete.
  • Vor rund 10 Jahren gewährte Glencore dem Tschad einen Kredit, der in Rohstofflieferungen zurückzuzahlen war.
  • Doch der Handel erwies sich für das Land als fatal, es geriet in eine Schuldenfalle.
  • Der Kredit sind laut einem Medienbericht bis heute nicht reduziert, lediglich die Rückzahlungsfrist verlängert worden.

Der Tschad in Zentralafrika ist eines der ärmsten Länder der Welt. Ein Grossteil der Bevölkerung hat Schwierigkeiten, die eigene Ernährung zu sichern, das Gesundheitssystem ist in einem katastrophalen Zustand. Zudem leidet das Land schon jetzt massiv unter den Folgen des Klimwandels, verursacht durch den deutlich zahlungskräftigeren Teil der Weltbevölkerung.

Allerdings: Der Tschad ist reich an Rohstoffen, vor allem an Erdöl. Vor rund zehn Jahren gewährte der Zuger Rohstoffkonzern Glencore dem Land ein Darlehen von 1,45 Milliarden US-Dollar (rund 1,28 Milliarden Franken). Diesen Betrag sollte das Land in den Jahren darauf in Form von Rohstofflieferungen zurückerstatten.

Fast die gesamte Produktion an Glencore

Doch der Handel erwies sich für den Tschad als desaströs. Denn in den Wochen und Monaten nach Vertragsabschluss fiel der Ölpreis in den Keller. In der Folge musste der Tschad fast die gesamte nationale Ölproduktion an Glencore abliefern – und geriet somit in eine verheerende Schuldenspirale.

Nun zeigen Dokumente, die «SonntagsBlick» sowie der britischen Investigativplattform Source Material zugespielt wurden: Ein Geschäftsmann aus Kamerun, der massgeblich am umstrittenen Ölhandel beteiligt war und dabei offiziell die Interessen von Tschad vertrat, arbeitete insgeheim für Glencore.

Vorteile für Glencore statt für den Tschad

Demnach war dieser als Senior Partner beim Beratungsunternehmen Cameroun Audit Conseil International (CAC) tätig, das die staatliche Ölgesellschaft Société des Hydrocarbures du Tchad (SHT) beriet. Das Unternehmen habe grossen Einfluss auf den Milliardendeal mit Glencore gehabt.

Der Geschäftsmann kassierte dem Bericht zufolge ordentlich — allerdings über den Umweg der Gesellschaft Vanir Trading, ansässig in der karibischen Steueroase British Virgin Islands.

Weltbank-Präsident schaltete sich ein

Der finale Vertrag legt dem Bericht zufolge den Schluss nahe, dass der Geschäftsmann aus Kamerun bewusst darauf hingewirkt hat, dass der Milliardendeal vor allem Vorteile für Glencore hatte, nicht aber für den Tschad.

In den Fall schaltete sich gar der damalige Weltbank-Präsident ein. «Der mit Abstand grösste Betrag an umschuldbaren Schulden besteht bei Glencore», sagte David Malpass 2021.

Dem Bericht des «Sonntagsblick» zufolge hat Glencore eine längere Rückzahlungsfrist für die Schulden inzwischen akzeptiert. Reduziert oder gar abgeschrieben worden sei der umstrittene Kredit jedoch bisher nicht.

Mit Material von sda.