Late Night USATrump ist unzufrieden und stänkert gegen seinen Lieblingssender
Philipp Dahm
21.5.2019
Während US-Präsident Donald Trump seinen Haus- und Hofsender «Fox» angreift, entschuldigt sich der dezidiert linke TV-Star Stephen Colbert bei den Republikanern. Verkehrte Welt? Nein, nur ein komisches TV-Intermezzo.
«Letzte Nacht habe ich Alfred E. Neumann zugesehen», sagt Donald Trump am 20. Mai auf einer Wahlkampfveranstaltung in Montoursville, Pennsylvania. Das ist kryptisch, denn Neumann ist das Aushängeschild der Satirezeitschrift «MAD» und eine fiktive Figur: Wovon spricht der US-Präsident?
Es kommt noch viel verwirrender: «Was ist eigentlich bei ‹Fox› los? Sie bringen mehr über Demokraten, als es Republikaner gibt. Irgendwas Komisches geht bei ‹Fox› ab. Etwas sehr Komisches. Habt Ihr den Typen gestern Abend gesehen? Ich wollte nicht gucken. Aber du musst den Wettbewerb immer angucken, wenn man es Wettbewerb nennen will.» Kurz darauf werden sogar Buhrufe gegen den Haus- und Hofsender des Mannes aus dem Weissen Haus laut.
Wenn wir zudem verraten, dass sich Trumps vielleicht schärfster Kritiker, Stephen Colbert, vor laufender Kamera bei den Republikanern entschuldigt, wirft das ein, vielleicht zwei grosse Fragen auf: Schafft die Schweiz als nächstes die Wehrpflicht ab? Und friert nun gar die Hölle zu? Mitnichten! Trump und Colbert fallen oberflächlich gesehen zwar aus der Rolle, bleiben bei genauerer Betrachtung ihrem Kurs jedoch treu.
Das Video: Trump im Pennsylvania.
Donald Trump hat einen Grund, «Fox» die Leviten zu lesen. Er heisst Pete Buttigieg: Der Demokrat, der 2020 gegen den Republikaner ins Rennen um die Präsidentschaft ziehen will, hat sich in die Höhle des Löwen gewagt und sich bei «Fox» vor die Kameras gestellt. Wie es gelaufen ist? Trump beschreibt es so: «Er hat ‹Fox› plattgemacht. Jemand muss mir diesen ‹Fox›-Deal mal erklären.»
Standing Ovations für Demokraten
Und am Ende dreht Trump noch einmal auf: «Die Demokraten wollen gratis Gesundheitsversorgung für jeden, der über unsere Grenze kommt. Gratis Gesundheitsversorgung, gratis Bildung, gratis alles. Republikaner glauben, dass man sich zuerst um unsere eigenen Leute kümmern sollte.» Aber was den Mann eigentlich so rasend macht, dass er Mühe hat, es zu verbergen, ist dieser Anblick:
Als Pete Buttigieg seinen sonntäglichen Auftritt bei «Fox News Sunday» beendet, spendet ihm das Publikum eine Standing Ovation. Das trifft seinen politischen Gegner Trump augenscheinlich tief.
Bereits vor dem Start der Sendung macht der Präsident seinem Unmut Luft: Wie ein beleidigtes Kind beschwert sich der 72-Jährige, dass «Fox News Sunday»-Moderator Chris Wallace über ihn ja nie so gut rede wie über Buttigieg – und dass er ja «Fox»-Moderator Mike Wallace ohnehin viel besser fände. «Und Alfred E. Neumann wird niemals Präsident sein!»
....who got them there. Chris Wallace said, “I actually think, whether you like his opinions or not, that Mayor Pete has a lot of substance...fascinating biography.” Gee, he never speaks well of me - I like Mike Wallace better...and Alfred E. Newman will never be President!
Das ist keine besonders reife Reaktion des Amtsinhabers, doch das wäre nun auch zu viel verkehrte Welt gewesen. Buttigieg hingegen ist zwar «nur» ein Bürgermeister, der die Stadt South Bend in Indiana vollkommen umgekrempelt und in die Moderne geführt hat, doch der 37-Jährige bringt einiges mit, das man für den Job als Präsident braucht: Er ist gebildet, multilingual und patriotisch, wie sein freiwilliger Afghanistan-Einsatz bewiesen hat.
Stephen Colbert, Pete Buttigieg und Donald Trump im Bewegtbild.
Und dann wird dieser patente Homosexuelle auch noch gefragt, was er von Trumps Twitter-Angriffen auf sich hält? Seine Antwort muss den New Yorker zur Weissglut treiben: «Die Tweets sind … sie sind mir egal.»
Der Talker ist eifersüchtig
Late-Night-Talker Stephen Colbert quittiert den Satz anders: Der Gastgeber der «Late Show» auf dem Sender «CBS» witzelt: «Andere müssen [seine Tweets] jeden Abend laut vorlesen, um ihre Familien durchzufüttern.»
Buttigieg gelingt in der Höhle des Löwen die Zähmung des Biests, weil er natürlich, ehrlich und nahbar bleibt. «Ich verstehe das», sagt «Bürgermeister Pete» auf die Frage, ob er den Hype um Trumps Tweets nachvollziehen kann. «Sie sind hypnotisierend. Es ist für jeden schwer, wegzuschauen – auch für mich. Bei grotesken Sachen kann man nun mal nicht weggucken.»
Und wenn wir schon dabei sind – mit dieser Mimik nimmt Colbert den Satz auf:
Buttigieg schneidet auch deshalb so gut ab, weil er die «Fox»-Moderatoren nicht mit den Zuschauern gleichsetzt: Während die Kommentatoren oft einseitig agierten, sei das TV-Publikum nicht derart festgelegt.
Der Sohn maltesischer Auswanderer beendet seinen Auftritt so:
this is awesome:
Mayor Pete Buttigieg RIPS Fox News Hosts Tucker Carlson, Laura Ingraham on Fox News pic.twitter.com/5cEi2br7N3
— PoliticsVideoChannel (@politvidchannel) 20. Mai 2019
«Was wir hier versuchen, ist anders, weil der Moment, in dem wir uns befinden, anders ist. Ich verstehe, dass ein Millenial-Bürgermeister aus dem Mittleren Westen nicht das ist, was Ihnen bei einem Prototyp-Kandidaten eines Präsidenten einfällt. Es ist schwer, zu durchblicken, was derzeit passiert. Das liegt daran, dass wir auf einer dieser weissen Seiten zwischen den Kapiteln der amerikanischen Geschichte leben. Und was nun kommt, könnte hässlich sein oder es könnte erstaunlich sein. Ich glaube, die Bewerbung um das Amt ist ein Akt der Hoffnung, und das gilt bei einigen auch fürs Wählen, fürs Unterstützen anderer und für das freiwillige Eintreten für jemanden. Ich hoffe, Sie helfen mir sicherzustellen, dass die nächste Ära besser als jede sein wird, die wir hatten.»
Colbert muss sich entschuldigen
Seine Show am Montagabend beginnt Colbert jedoch mit einem anderen Thema: «Es ist endlich passiert, das Ding, auf das wir alle gewartet haben: Ein Republikaner hat endlich den Mueller-Bericht gelesen. Der besagte Leser ist der Kongressabgeordnete aus Michigan und Typ, bei dem du sicher bist, dass du mit ihm auf der Highschool warst: Justin Amash.» Colbert versieht Leute, über die er spricht, gern mit alternativen Namen. Und Amash ist der erste, der Parteifreund Trump angreift: Dessen Verhalten sei «amtsenthebungswürdig», urteilte der Politiker.
Deshalb fühlt sich Colbert bemüssigt, etwas richtigzustellen: «Ich weiss, ich war streng mit der GOP [Grand Old Party – also mit den Republikanern] und habe oft suggeriert, dass Ihr eine rückgratlose Gruppe nur an sich selbst interessierter Kleinkinder seid, die lieber das Land zerstört sehen wollen, als es mit einem ausser Kontrolle geratenen, narzisstischem Baby aufzunehmen. Ich lag falsch … bei einem von Euch.»
Der erste Monolog der Montagabendshow.
Dass sich niemand traut, Amash zur Seite zu stehen, kann nicht überraschen. Donald Trump tut dem Parteikollegen dennoch den Gefallen, auf dessen Statement einzugehen, wie Colbert deutlich macht. «Wenn Trump nicht darüber tweeten würde, liefe Amash in den News unter ferner liefen – wie Krieg mit dem Iran.»
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