Trump und Macron Darum verbindet die beiden eine ungewöhnliche Männerfreundschaft

Angela Charlton und Sylvie Corbet, AP

23.4.2018

Unterschiedlicher könnten der US-Präsident und der französische Staatspräsident kaum sein. Und doch scheinen sich Donald Trump und Emmanuel Macron gut zu verstehen. Warum nur?

Es ist die vielleicht erstaunlichste Errungenschaft in der fast einjährigen Präsidentschaft von Emmanuel Macron: Frankreichs Staatschef nennt Donald Trump einen Freund. Nun handelt es sich um eine gelinde gesagt ungewöhnliche Männerfreundschaft. Schon Macrons erster Handschlag mit dem US-Präsidenten bot ein denkwürdiges Bild - aber dazu später mehr.

Am Montag nun bietet sich den beiden die Chance, ihre Beziehung auf höchstem politischem Parkett zu zelebrieren. Dann kommt Macron zu einem dreitätigen Staatsbesuch nach Washington. Es ist der erste offizielle Staatsbesuch überhaupt seit Trumps Amtsantritt im Januar 2017.

Man versteht sich: Emmanuel Macron und Donald Trump (Archivfoto)
Man versteht sich: Emmanuel Macron und Donald Trump (Archivfoto)
Bild: Keystone

Macron ruft Trump oft an. Wo andere Staatenlenker im Umgang mit dem als impulsiv verschriene US-Präsidenten lieber Vorsicht walten lassen oder schlicht nicht schlagkräftig genug sind, setzt der französische Staatspräsident auf eine geballte Charmeoffensive. Macrons Kalkül: Es ist viel klüger und ungefährlicher, das Gespräch mit Trump zu suchen, als ihn zu isolieren.

Macron erlaubt sich kein Urteil über Trump

Am Sonntag etwa verteidigte der als moderat und progressiv geltende französische Präsident seine Annäherungsversuche an den konservativen Trump in einem Interview des Senders Fox News. «Ich werde kein Urteil darüber abgeben (...), was euer Präsident sein soll, oder annehmen, dass aufgrund dieser Kontroversen oder dieser Ermittlungen euer Präsident weniger glaubwürdig ist», sagte Macron.

Von einem erfolgreichen Staatsbesuch in Washington dürfte aber vor allem einer am meisten profitieren: Emmanuel Macron. Er möchte gerne sein Image als das Gesicht des modernen Europa festigen - und jenes als wichtigster Verteidiger der liberalen Weltordnung. Dabei dürfte Macron beweisen wollen, dass an Frankreich kein Weg vorbeiführt, wenn es um die Lösung von Weltproblemen wie dem Atomkonflikt mit dem Iran oder internationalen Handelsdisputen.

Staatsbesuch in Paris 2017: Das Ehepaar Trump (hinten) und das Ehepaar Macron sitzen im Pariser Eiffelturm beim gemeinsamen Dinner. 
Staatsbesuch in Paris 2017: Das Ehepaar Trump (hinten) und das Ehepaar Macron sitzen im Pariser Eiffelturm beim gemeinsamen Dinner. 
Bild: dpa/Carolyn Kaster

Ganz nebenbei ist so eine Reise eine willkommene Ablenkung von Problemen daheim: Just wenn Macron gen USA aufbricht, wurden gross angelegte Streiks erwartet, die die die meisten Züge in Frankreich stillstehen und zahlreiche Flüge von Air France am Boden bleiben lassen sollten.

Und doch dürfte Macrons Washington-Besuch aus Sicht von Beobachtern vor allem Symbolkraft verströmen, mit grosse Durchbrüchen ist nicht zu rechnen. Denn bei aller Freundschaft ist klar, dass Macron und Trump bei nicht wenigen zentralen Themen über Kreuz liegen.

Trotz vieler Streitpunkte politische Differenzen abmildern

Da wäre der Klimawandel: Macron verhunzte Trumps Wahlkampfmotto, als er in einer auf Englisch vorgetragener Videobotschaft versprach, den «Planeten wieder grossartig zu machen!» Gepostet wurde das Video kurz nach der Ankündigung des US-Präsidenten, sein Land vom Pariser Klimapakt loszueisen.

Ein weiterer Stein des Anstosses ist die Iran-Politik. Frankreich ist der energischste Verfechter des Abkommens von 2015, das Teherans nukleare Ambitionen einhegen soll. Nun droht Trump, die Übereinkunft im Mai aufzukündigen. Macron hofft, seinen amerikanischen Gastgeber diese Woche davon überzeugen zu könne, doch an Bord zu bleiben.

Dann ist da der Handel. Macron und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Freitag ebenfalls nach Washington reisen will, stellen sich gegen Trumps Strafzölle auf Stahl und dessen Vision von «America First» (America zuerst), der er so gut wie jede politische Erwägung unterordnet. Nur gefährdet gerade die aktuelle US-Handelspolitik den europäischen Binnenmarkt.

Wenn nun bei diesen Streitpunkten kein grosser diplomatischer Wurf bei Macrons Visite zu erwarten sind, so könnte er das langfristige Ziel verfolgen, zumindest einige politische Differenzen mit der Zeit abzumildern. Das Präsidialbüro in Paris hat schon mal vorsorglich die amerikanisch-französische Zusammenarbeit bei jüngsten Luftangriffen auf Ziele in Syrien als Modell für künftige gemeinsame Aktionen hervorgehoben.

Sparringsparter auf Augenhöhe

Doch wie ist es Macron überhaupt gelungen, einen US-Präsidenten für sich zu gewinnen, der Kränkungen bekanntermassen ziemlich übel nimmt? Während andere Staatenlenker Trump das Gefühl geben, ein Aussenseiter zu sein, nehme Macron ihn so, wie er sei und zolle ihm Respekt statt ihn mit Geringschätzung zu behandeln, sagt Nicolas Dungan von der Washingtoner Denkfabrik Atlantic Council. «Es ist eine sehr effektive Strategie der Einflussnahme.»

Neben seinem einwandfreien Englisch hilft Macron sicherlich seine Fähigkeit, auch mal den hartleibigen Politiker zu mimen, wenn es denn sein muss. Dieses Spiel scheint Trump ganz besonders zu schätzen.

Das legte zumindest sein erstes Zusammentreffen mit Macron beim Nato-Gipfel im Mai 2017 nahe: Beherzt ergriff Frankreichs frischgebackener Staatspräsident die Hand des für knochenharte Handschläge berüchtigten Trump - und liess sie so schnell nicht los. Obwohl er viel kleiner und jünger als Trump ist, demonstriert der 40-jährige Macron, dass er für den mehr als 30 Jahre älteren US-Präsidenten ein Sparringspartner auf Augenhöhe ist.

In Trumps Welt der Konfrontation komme Macron «pfeilgerade» rüber, als ob «er bereit für einen Kampf» sei, findet François Heisbourg, ein Ex-Berater der französischen Regierung und Chef der britischen Denkfabrik IISS. «Macron verdreht ihm den Arm. Und das ist der Beginn einer grossartigen Freundschaft.»

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