Ausstieg aus Atomabkommen Trump und sein Iran-Schock - die Fakten 

von Calvin Woodward und Jon Gambrell, AP

9.5.2018

US-Präsident Trump hat den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran in einer Fernsehrede begründet. Geheimdienste in den USA und im Ausland schätzen die Lage allerdings anders ein.

US-Präsident Donald Trump hat den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran in einer Fernsehrede begründet. Geheimdienste in den USA und im Ausland schätzen die Lage allerdings anders ein. Hier ein Faktencheck zu einzelnen Aussagen Trumps:

Trump: «Das Abkommen war so schlecht verhandelt, dass sich das Regime selbst dann in einer kurzen Zeitspanne am Rande eines nuklearen Ausbruchs befinden kann, wenn sich der Iran daran (das Abkommen) hält.» - «In nur kurzer Zeit wird der weltweit führende staatliche Geldgeber für Terrorismus kurz davor stehen, die gefährlichsten Waffen der Welt in seinen Besitz zu bringen.»

Die Fakten: Diese Aussage wird weder von den Geheimdiensten, noch von anderen Analysen gestützt. Der Iran stand zwar nach allgemeiner Annahme nur Monate vor dem Bau einer Atombombe - allerdings bevor das Atomabkommen zwischen den fünf UN-Vetomächten sowie Deutschland und der Islamischen Republik in Kraft trat. Solange der Vertrag gilt, sind die nuklearen Fähigkeiten Irans auf einen Umfang beschränkt, in dem das Land keine Bombe bauen kann. Die meisten Vertragsbestimmungen gelten 15 Jahre.

Dem Vertrag entsprechend hat Iran sein Atomprogramm bereits zurückgefahren. Experten glauben, dass er nach derzeitigem Stand mindestens ein Jahr bräuchte, um eine Atombombe zu bauen.

Trumps Darstellung legt zudem nahe, dass sich Iran ohnehin nicht an den Vertrag halte. Doch die Internationale Atomenergiebehörde IAEA hat dem Iran mehrfach bescheinigt, dass die Islamische Republik die Vertragsbestimmungen einhält. Diese Erkenntnis wird von den wichtigsten Geheimdienstbeamten der USA und Israels geteilt, auch wenn die Trump-Regierung argumentiert, Iran stelle mehr Schweres Wasser her als erlaubt.

Wenn das Atomabkommen allerdings nach 15 Jahren ausläuft, fallen die die Begrenzungen für die Lagervorräte nuklearen Materials im Iran weg. Das Land könnte dann eine ganze Reihe hoch entwickelte Zentrifugen parat haben und sich mit ganzer Kraft an die Produktion hochangereicherten Urans machen. Allerdings hindert den Westen nichts daran, auf ein solches Streben mit neuen Sanktionen zu reagieren. Schliesslich hat der Iran im Vertrag beteuert, niemals nach Atomwaffen zu streben.

Trump: «Dieser katastrophale Vertrag hat diesem Regime - und es ist ein Regime des grossen Terrors - viele Milliarden Dollar gegeben, einige davon sogar in bar. - Eine grosse Peinlichkeit für mich als Bürger und für alle Bürger der Vereinigten Staaten.»

Die Fakten: Die Vertragspartner haben dem Iran keine Milliarden gezahlt. Das Abkommen hat dem Iran wieder Zugang zu seinem Vermögen verschafft, das als Teil der Sanktionen im Ausland eingefroren war.

Bargeld erhielt der Iran, weil die USA aus den 1970er Jahren noch Schulden bei ihm hatten. Damals, noch unter der Herrschaft des Schahs, zahlte der Iran den USA 400 Millionen Dollar für Militärgeräte, die dann nie ausgeliefert wurden, weil nach der Islamischen Revolution die Beziehungen zwischen beiden Ländern zerbrachen. Es dauerte Jahrzehnte, um die Ansprüche vor Schiedsgerichten zu klären. Teheran seinerseits zahlte mehr als 2,5 Milliarden Dollar an US-Bürger und -Firmen, die beim Abbruch der Beziehungen noch Aussenstände im Iran hatten.

Trump (mit Blick auf seine Verbündeten): «Wir sind uns einig in unserem Verständnis der Bedrohung und in unserer Überzeugung, dass der Iran niemals in den Besitz einer Atomwaffe kommen darf.»

Die Fakten: Mit einer solchen Einheit ist es nicht weit her. Der US-Verbündete Israel teilt Trumps Urteil - andere nicht. Die meisten Verbündeten schätzen die Bedrohung anders ein als Trump und sie denken, dass der Atomvertrag ausreicht, um die Bedrohung zu beschränken. Deutschland, Frankreich und Grossbritannien haben die US-Regierung gedrängt, den Vertrag einzuhalten.

Trump: «Wir werden nicht zulassen, dass amerikanische Städte mit Zerstörung bedroht werden und wir werden es einem Regime, das ruft "Tod Amerika", nicht erlauben, Zugang zu den gefährlichsten Waffen auf der Welt zu bekommen.»

Die Fakten: Iranische Raketen sind technisch nicht in der Lage, US-Städte zu erreichen. Auch der Oberste iranische Führer Ajatollah Ali Chamenei hat die Reichweite im Iran gebauter Raketen per Erlass auf 2000 Kilometer beschränkt. Damit kann der Iran den gesamten Nahen Osten bedrohen, eingeschlossen Israel und die US-Stützpunkte in der Region. Nordamerika kann er so aber nicht treffen.

Trump: «Erschwerend kommt hinzu, dass den Vertragsregeln zu Inspektionen angemessene Möglichkeiten fehlen, Täuschungen zu verhindern, zu entdecken und zu bestrafen. Sie haben nicht einmal das uneingeschränkte Recht, viele wichtige Schauplätze in Augenschein zu nehmen, militärische Anlagen eingeschlossen.»

Die Fakten: Das Abkommen räumt den Inspektoren grosse Möglichkeiten ein, im Iran ihrer Arbeit nachzugehen - allerdings nicht uneingeschränkt. Im Vertrag festgelegte Atomanlagen kann die IAEA zu jeder Zeit überprüfen. Darüber hinaus kann sie Zugang zu Anlagen verlangen, die ihr verdächtig vorkommen. Der Iran hat dann 24 Tage Zeit, eine solche Inspektion zu genehmigen. Falls er sich weigert, entscheidet ein Schiedsgericht über das IAEA-Ersuchen.

Die IAEA hat erklärt, ihr Personal sei an doppelt so vielen Tagen im Iran unterwegs gewesen wie 2013 - vor Vertragsabschluss. Inspektoren haben an Atommaterial und Nuklearausrüstungen etwa 2000 fälschungssichere Siegel angebracht und Überwachungskameras installiert.

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