Pressefreiheit Keiner sperrt mehr Journalisten ein als Erdogan

tsha

17.12.2018

In der Türkei sitzen fast 70 Journalisten in Haft. Präsident Erdogan gibt dennoch gerne den Verfechter der Pressefreiheit.
In der Türkei sitzen fast 70 Journalisten in Haft. Präsident Erdogan gibt dennoch gerne den Verfechter der Pressefreiheit.
Bild: KEYSTONE/AP/BURHAN OZBILICI

In keinem Land sitzen mehr Journalisten im Gefängnis als in der Türkei. Dennoch gibt sich Präsident Erdogan als Verfechter einer freien Presse.

Verkehrte Welt: In der Affäre um den ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi geht die Türkei unter Staatspräsident Erdogan seit Wochen auf Konfrontationskurs mit Saudi-Arabien und geriert sich als Verteidigerin der Pressefreiheit. Im eigenen Land aber sitzen derzeit mehr Journalisten im Gefängnis als irgendwo sonst auf der Welt. Laut einem Bericht der Organisation Committee to Protect Journalists (CPJ) befinden sich weltweit 251 Journalisten hinter Gittern, davon 68 in der Türkei. Auf den Plätzen zwei und drei der Schreckensliste landen China (47 Journalisten in Haft) und Ägypten (25 inhaftierte Journalisten).

Den meisten der weltweit inhaftierten Journalisten wird vorgeworfen, Terrororganisationen anzugehören oder diese zu unterstüten. Auch die angebliche Verbreitung von Fake News ist ein häufiger Grund, weshalb Pressevertreter von den Behörden eingesperrt werden.

«Musters, das seit Jahren angewandt wird»

In der Türkei wird laut dem CPJ-Bericht jedem der 68 in Haft befindlichen Journalisten vorgeworfen, gegen den Staat agiert zu haben. «Die Türkei geht gegen die freie Presse vor, indem sie Journalismus mit Terrorismus gleichsetzt», erklärt Courtney Radsch vom CPJ gegenüber «ABC News». «Das ist Teil eines Musters, das seit Jahren angewandt wird.» Seit dem gescheiterten Putsch im Jahr 2016 wurden in dem Land mehr als 100 Nachrichtenredaktionen geschlossen.

In China sitzen dem Bericht zufolge besonders viele Journalisten in der Region Xinjiang in Haft. In der Provinz im Nordwesten des Landes geht die Regierung seit mehreren Jahren massiv gegen die dort heimische Minderheit der Uiguren vor. Angeblich sitzen Hunderttausende Angehörige der turkstämmigen Bevölkerungsgruppe in Umerziehungslagern. China wirft ihnen vor, mit dem islamischen Terrorismus zu sympathisieren.

In Ägypten hingegen würden immer wieder Pressevertreter verhaftet, weil sie angeblich Fake News verbreiten würden, so das CPJ. Viele Länder, so Courtney Radsch, würden dieselben Begrifflichkeiten benutzen wie Donald Trump und immer wieder auf die USA verweisen, wenn sie gegen angebliche Fake News vorgingen.

Auf dem World Press Freedom Index der Organisation Reporters Without Borders landete 2018 Eritrea auf dem letzten Platz. Angeführt wird die Rangliste der Pressefreiheit von Norwegen, die Schweiz findet sich auf Platz 5.

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