Russische Autokratie Was von Putin zu erwarten ist: Harte Rhetorik und kein grosser Wandel

Angela Charlton, AP

19.3.2018

Putin hat nach der gewonnenen Wahl eine stärkere Kontrolle über Russland und eine stärkere Position in der internationalen Politik. Im Ausland ist mit weiteren Angriffen auf Wahlen und einer andauernden russischen Intervention im Syrien-Krieg zu rechnen.

Seine innenpolitischen Gegner werden wahrscheinlich weitere sechs Jahre im Schatten bleiben, seine ausländischen Widersacher haben mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen: Wladimir Putin hat nach seinem deutlichen Sieg bei der Präsidentschaftswahl eine stärkere Kontrolle über Russland und mehr Bedeutung international.

Selbst weit verbreitete Wahlverstösse dürften Putins Panzer keine Delle zufügen. Vorwürfe, er habe sich in die US-Wahl eingemischt und einen Nervengiftangriff auf einen früheren russischen Spion in Grossbritannien unterstützt, haben seiner Stellung in der Heimat nur geholfen.

Neuer Kalter Krieg?

Die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen sind bereits auf dem niedrigsten Stand seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion Ende 1991 Jahren. Trotz eines Verhältnisses zu US-Präsident Donald Trump, das im Grossen und Ganzen etwas Freundschaftliches an sich hat, dürfte Putin mit seinem neuen Mandat kaum die Notwendigkeit verspüren, eine Verständigung mit Washington anzustreben. Insbesondere, da die Ermittlungen zu mutmasslicher russischer Einmischung in die US-Wahl 2016 an Intensität gewinnen. In Deutschland und Italien haben zudem Putin-freundliche Politiker an Stärke gewonnen.

Westliche Länder können sich darauf einstellen, dass es weitere Hackerangriffe mit Verbindungen nach Russland und Propaganda geben wird, die darauf abzielen, Wahlen zu stören oder die Demokratie anderweitig zu diskreditieren. Ein Ziel könnten die US-Kongresswahlen in diesem Jahr sein.

Zu erwarten ist auch, dass Putin weiter harte Rhetorik anwenden wird, wenn er sich Drohungen in der Heimat ausgesetzt sieht, und noch entschlossener das Veto Russlands im UN-Sicherheitsrat einlegen lässt gegen alles, was in seinen Augen die Interessen Moskaus gefährdet.

Dass Putin eisern in dem Vorhaben ist, die russische Fähigkeit zur Einschüchterung zu stärken, hat er Anfang März mit der Behauptung gezeigt, Russland habe neue Atomwaffen entwickelt, die Raketenabwehrsystemen ausweichen könnten.

Syrien

Macht hat Russland auch in Syrien demonstriert. Die von Russland unterstützten syrischen Regierungssoldaten haben dazu beigetragen, die Terrormiliz Islamischer Staat aus Syrien zu verdrängen. Syrische Soldaten rücken derzeit auf die letzten Hochburgen von Rebellen vor, die vom Westen unterstützt werden. Es ist unwahrscheinlich, dass Russland bald den Rückzug aus Syrien vornehmen wird.

Putin könnte versuchen, das russische Militär als Friedensstifter in anderen regionalen Konflikten zu positionieren, zum Beispiel in Libyen. Dort hat Russland Ölinteressen. Eine folgenschwere westliche Invasion vor sieben Jahren hat dazu geführt, dass Chaos und Extremisten das Land prägen.

Russlands Nachbarn

Russen sind der Ansicht, dass Putins grösste Errungenschaft in seinen 18 Jahren an der Macht sei, dass er die Krim annektiert hat und die Annäherung der Ukraine an die EU und Nato gestoppt hat. Putin ist zwar frustriert über die erfolgten Sanktionen der USA und der EU, doch scheint er nicht gewillt, Zugeständnisse zu machen, um ein Ende der Strafmassnahmen zu erreichen.

Die Ukraine ist zwischen einer instabilen Regierung in Kiew und einer von Separatisten regierten Region im Osten geteilt, die von Russland unterstützt wird. Der seit 2014 andauernde Konflikt in der Ostukraine mit Hunderten Toten dient Putins Interessen.

Das Vorgehen Russlands in der Ukraine hat anderen Ländern in der Einflusssphäre Russlands vermittelt, dass es gefährlich sei, sich dem Westen zuzuwenden. Frühere Ostblockstaaten innerhalb der EU bewegen sich wieder in Richtung Moskau. Das gilt für Ungarn und Polen genauso wie für die Tschechische Republik und die Slowakei.

Reformen

Theoretisch hätte Putin mit seinem neuen Mandat die Möglichkeit, mutige Reformen zu ergreifen, die Russland seit langem benötigt. Doch hat Putin Wähler davon überzeugt, dass drastischer Wandel gefährlich sei. Es sei wichtiger, das Land vor Bedrohungen zu schützen, als das tägliche Leben im Land zu verbessern.

Russland hat einer zweijährigen Rezession standgehalten, die Inflation und das Haushaltsdefizit sind gering. Doch stagnieren persönliche Einkommen, das Gesundheitssystem bröckelt und Korruption ist verbreitet.

Experten sagen voraus, dass Putin einige Veränderungen wie den Ausbau bezahlbarer Wohnräume und die Bekämpfung von Korruption auf lokaler Ebene vornehmen könnte. Doch als weniger wahrscheinlich gelten grössere Änderungen wie eine Reform des Rentensystems. Diese ist unter Putin-Wählern unbeliebt. Ausgabenkürzungen im Sicherheitssektor sind wahrscheinlich nicht zu erwarten, denn diese sind bei den früheren Freunden Putins beim KGB unpopulär.

Gemäss Verfassung muss Putin 2024 das Präsidentenamt aufgeben. Doch könnte er die Regeln ändern, um Amtszeiten-Beschränkungen abzuschaffen, oder einen Nachfolger auswählen und dann im Hintergrund weiter die Macht im Land auszuüben.

Opposition

Was ist nach der erneuten Wahl Putins für seine innenpolitischen Gegner zu erwarten? Putins ernsthaftester Widersacher, der Oppositionsführer Alexej Nawalny, dürfte sich bei seiner Arbeit zur Entlarvung von Korruption und Lügen auf offizieller Ebene weiterem Druck der Behörden ausgesetzt sehen.

Andere Rivalen wie die Präsidentschaftskandidatin Xenia Sobtschak und der Dissident Michail Chodorkowski werden wohl versuchen, durch bevorstehende Kommunalwahlen und das Parlament an Bedeutung zu gewinnen. Und auch im inneren Zirkel Putins wird man sich darum bemühen, die eigene Stellung zu stärken, für den Tag, an dem Putin nichts mehr zu melden hat.

Bilder des Tages
Zurück zur Startseite